Köhlmeier-Rede: Lob und Kritik nach FPÖ-Schelte

Köhlmeier (li.) mit Bundesratspräsident Reinhard Todt (SPÖ).
In sozialen Medien gibt es viel Zuspruch für den Dichter. In der ÖVP ist man verärgert, aber aus anderen Gründen als die FPÖ.

Schriftsteller Michael Köhlmeier hat mit seiner deutlichen FPÖ-Kritik beim Gedenkakt des Parlaments am Freitag nicht nur in der Politik zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Nachdem er die Freiheitlichen unter anderem für deren Umgang mit den Juden deutlich kritisiert hatte, hatte es bei der Veranstaltung großen Applaus und stehende Ovationen gegeben.

"Der Begriff des 'stichhaltigen Gerüchts' wird ins Wörterbuch der Niedertracht und Verleumdung kommen", richtete der Vorarlberger Autor etwa Klubobmann Johann Gudenus ( FPÖ) aus. Köhlmeier kritisierte bei seiner Rede zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). "Es hat auch damals schon Menschen gegeben, die sich damit brüsteten, Fluchtrouten geschlossen zu haben", sagte Köhlmeier in Anspielung darauf, dass Kurz immer wieder betont, die Balkan-Route geschlossen zu haben.

ÖVP mit Kritik an Köhlmeier

Die ÖVP übte am Samstag scharfe Kritik an diesem Teil der Rede. ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer warf dem Schriftsteller vor, einen Vergleich der Schließung der Balkanroute mit der Judenverfolgung gezogen zu haben. Dieser sei "entschieden zurückzuweisen", sagte Nehammer. "Ich respektiere die freie Meinungsäußerung und die Ansichten von Herrn Köhlmeier, die ihm unbenommen sind. Aber es ist mir äußerst wichtig klar zu stellen - auch im Sinne eines würdevollen Gedenkens -, dass eine Gleichstellung der Politik gegen illegale Migration mit der Ermordung von sechs Millionen Juden völlig inakzeptabel ist."

FPÖ zeigt sich erbost

Die Freiheitlichen hatten schon am Freitag prompt reagiert: Köhlmeier habe die Veranstaltung des Parlaments gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus desavouiert, hieß es in einer FPÖ-Aussendung. Der (jüdische) FPÖ-Nationalratsabgeordnete David Lasar warf ihm vor, selbstgerecht zu sein und persönliche Aversionen gegen die Partei zu haben.

Köhlmeier hatte in seiner Rede betont, dass die FPÖ wiederholt mit antisemitischen Codes und Verschwörungstheorien arbeite. Mit seiner Kritik an der FPÖ habe Köhlmeier den Holocaust verharmlost und "eine Million österreichische Wählerinnen und Wähler" pauschal verunglimpft, befanden Lasar und Walter Rosenkranz, Co-Klubobmann der FPÖ.

Der Verein SOS Mitmensch kritisierte wiederum die Attacken der FPÖ gegen den Schriftsteller. "Köhlmeier hat bei der Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus genau das gemacht, was Nationalratspräsident Sobotka zuvor eingefordert hatte, nämlich die Dinge unmissverständlich beim Namen zu nennen", hieß es in einer Aussendung.

Anerkennende Worte für Autor

Auf Twitter gab es viel Lob für Köhlmeier aus den Reihen von SPÖ und Grünen. Auch der Leiter der ÖVP-Delegation in Brüssel, Othmar Karas, verlinkte die Rede in seinem Twitter-Profil. Auch jenseits der Parteien, in der Zivilgesellschaft, fand die Rede große Resonanz.

Bundeskanzler Kurz selbst hat indes zumindest vorläufig noch nicht reagiert. Der Regierungschef hatte sich beim Gedenkakt wegen einer Erkrankung entschuldigen lassen.

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