Türkis-blaues Scharmützel bei BVT-U-Ausschuss

Türkis-blaues Scharmützel bei BVT-U-Ausschuss
Ex-Spionage-Chef behandelte ÖVP-Fraktionsführer Amon als "Informanten". FPÖ-Fraktion und Vizekanzler Strache orten Unvereinbarkeit.

Am Rande des BVT-U-Ausschuss sorgte ein neues Detail aus den Ermittlungen für Meinungsverschiedenheiten zwischen den Fraktionen von ÖVP und FPÖ: Der frühere Leiter der BVT-Spionageabwehr Bernhard P. hat den ÖVP-Fraktionschef im derzeit laufenden Untersuchungsausschuss, Werner Amon, dienstlich als "Informanten" behandelt. P. ist Hauptbeschuldigter in der Causa BVT.

Die FPÖ legte Amon indirekt den Rückzug aus dem Ausschuss nahe, da Amon jetzt selbst als Auskunftsperson geladen werden könnte. Amon wiederum sprach von "beträchtlicher Nervosität" beim Koalitionspartner.

Kaffeehaustreffen im Jahr 2015

Was wurde bekannt? Aus Ermittlungsakten, die der APA vorliegen, geht hervor, dass gemeinsame Kaffeehaus-Rechnungen von P. und Amon als "Verbindungskosten" abgerechnet worden seien. Verwiesen wurde auf die Ermittlungen zu kasachischen Nachrichtendiensten, 

Die vom BVT rückerstatteten Rechnungen aus Wiener Kaffeehäusern stammen aus dem Jahr 2015. Zwar ist Amon auf den Formularen nicht namentlich erwähnt. Aus einem im Ermittlungsakt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorliegenden SMS-Verkehr stimmen die Belege aber zeitlich mit Verabredungen von Bernhard P. und Amon überein. Die im Formular angegebenen "Verbindungskosten", so die Ermittlungsbehörde, gelten als "Aufwendungen aller Art für Informanten".

BVT-U-Ausschuss: Brisante Ermittlungsakten

Amon selbst betonte gegenüber der APA, dass er im Vornherein nicht gewusst habe, wie P. die Kaffeehaus-Rechnungen refundieren lässt. Natürlich habe man einander getroffen und abwechselnd eingeladen. Amon war zu dem Zeitpunkt bereits Vorsitzender des ständigen Unterausschusses für Fragen des Verfassungsschutzes, betonte er - "aber wir sind professionell genug, dass wir beide wissen, worüber man reden darf und worüber nicht".

Melchior bestreitet Treffen

Nicht nur die Treffen mit Amon, der zu dem Zeitpunkt Generalsekretär der ÖVP war, hat der frühere Leiter der BVT-Spionageabwehr dienstlich als "Informanten"-Gespräch abgerechnet. Eine weitere Verabredung - so legt es der SMS-Verkehr nahe - fand mit dem nunmehrigen ÖVP-Bundesgeschäftsführer Axel Melchior, damals stellvertretender Kabinettchef im Außenministerium von Sebastian Kurz, statt. Im SMS-Verkehr wird noch ein weiteres Treffen zwischen P. und Amon ausgemacht, bei der ein dritter Teilnehmer ("Alex") erwähnt wird.

Melchior bestritt das in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA. Er sei sicher nicht der dritte Teilnehmer gewesen, der im SMS als "Alex" bezeichnet wird: "Ich kann zu 100 Prozent ausschließen, dass ich mit P. jemals über Lansky gesprochen habe, dass es ein gemeinsames Treffen zwischen P., Werner Amon und mir gab und es zwischen mir und der BVT-Causa irgendwelche Zusammenhänge gibt." Zur Erklärung: Die Causa kasachische Geheimdienste, die Thema des Treffens gewesen sei, wird auch mit dem Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky in Verbindung gebracht.

Amon legte Freundschaft mit Spionagechef offen

Amon hatte im U-Ausschuss kein Hehl aus der Bekanntschaft mit P. gemacht. Der ÖVP-Fraktionsführer outete sich bei dessen Einvernahme als langjähriger Freund des Zeugen. Im Juli war ja bekannt geworden, dass P. eine Adresskartei mit ÖVP-Politikern unterhielt. Sein Anwalt sprach damals von einem privaten Adressbuch, dessen Existenz er damit begründete, dass sein Mandant vor seinem Eintritt ins BVT in der Jungen Volkspartei (JVP) sowie im Parlament aktiv gewesen sei.

In anonymen Mitteilungen an die WKStA sei der Verdacht erhoben worden, dass die im Zuge der Ermittlungen durch das BVT erlangten Daten zur Causa Kasachstan durch Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung an den ÖVP-Klub weitergegeben wurden, heißt es im Ermittlungsakt. Weiters sei behauptet worden, dass P. direkte Weisungen von ÖVP-Politikern entgegen genommen habe.

Jenewein ortet "grobe Problematik"

FPÖ-Fraktionschef Hans-Jörg Jenewein hat seinem VP-Kollegen Werner Amon indirekt den Rückzug nahegelegt. In einer Ausschuss-Pause sprach er von einer "groben Problematik" und einer möglichen Unvereinbarkeit. Er gab zu bedenken, dass Amon, der als Ausschussmitglied volle Akteneinsicht habe, jetzt selbst als Auskunftsperson geladen werden könnte.

Direkt wollte er Amon nicht ausrichten, was zu tun wäre. Das wisse die ÖVP wohl selbst. Amon habe er bisher als korrekten und harten Frager im Ausschuss erlebt, sagte Jenewein. Ob es aber ein "Freud'scher" gewesen sei, dass Amon unlängst in einem Fernsehbericht als Oppositionsvertreter bezeichnet worden sei, sei dahin gestellt.

Türkis-blaues Scharmützel bei BVT-U-Ausschuss

Amon: "Beträchtliche Nervosität" bei FPÖ

Amon reagierte auf das Vorgehen der FPÖ zunächst gelassen: "Koalitionspartner sind, wie sie sind." Das sei ein übliches Spiel, wie es manchmal vorkomme. Er nützte die Sitzungspause für einen Gegenangriff, nämlich bezüglich des Vorgehens des FPÖ-geführten Innenministeriums in der BVT-Affäre insgesamt. Mit den bisherigen Zeugenaussagen stürze ein konstruiertes Gebäude immer mehr zusammen, findet der VP-Fraktionschef.

Dass dann auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache seinen Rückzug verlangt habe, zeige eine "beträchtliche Nervosität" bei der FPÖ, befand Amon am Abend. "Ich kann dem Koalitionspartner nur empfehlen, die Nerven zu behalten."

Vizekanzler Strache hatte auf seiner "privaten" Facebook-Seite (siehe unten) einen Zeitungsartikel über Amons Freundschaft mit einem BVT-Beschuldigten geteilt. "Er ist in dieser BVT-Causa sichtlich befangen und zumindest emotional involviert, was ihn für den U-Ausschuss nicht gerade qualifiziert", schrieb Strache dazu.

Türkis-blaues Scharmützel bei BVT-U-Ausschuss

"Sonst wäre gesamte FPÖ-Fraktion befangen"

Die Nervosität in der FPÖ nimmt offenbar nach der Anhörung der bisherigen Auskunftspersonen im Untersuchungsausschuss massiv zu", konterte Amon vor Journalisten. Der U-Ausschuss sei kein Gericht, deshalb gebe es gar keine Befangenheit im engeren Sinn - "sonst wäre ja die gesamte FPÖ-Fraktion bei der Untersuchung gegen den jetzigen Innenminister wegen Befangenheit auszuschließen".

Jenewein war indes bemüht, klarzustellen, dass er keinen Unfrieden stiften wolle. "Jede Fraktion entscheidet selbst, wer sie in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss vertritt", meinte er in einer Aussendung. Er habe der ÖVP auch dahingehend "keinen Ratschlag" erteilt, sondern "lediglich meine Sorge um die Reputation des Untersuchungsausschusses kundgetan". "Manche Medien" würden sofort versuchen, "künstlich" einen Konflikt zwischen den Koalitionsparteien "heraufzubeschwören", sah sich Jenewein missverstanden.

ÖVP-Klubchef kalmiert

ÖVP-Klubobmann August Wöginger begrüßte in einem Statement gegenüber der APA die "Klarstellung" Jeneweins. "Es ist Gepflogenheit im Parlament, dass sich die Fraktionen ihren Fraktionsvorsitzenden und ihre Mitglieder in den Ausschüssen selbst aussuchen. Auf diese gute bewährte Tradition lege ich im Namen des ÖVP-Parlamentsklubs besonderen Wert", ließ er außerdem wissen.

Die anderen Fraktionen wollen sich vorderhand nicht einmischen. SP-Fraktionschef Jan Krainer sah ein interessantes Duell der Koalitionspartner, nahm aber Amon ein wenig in Schutz: "Ich glaube, dass der Herr Jenewein mit dem Herrn Kickl auch schon auf einen Kaffee war." Neos-Vertreterin Stephanie Krisper avisierte, dass man sich mit den VP-Seilschaften im Innenressort ohnehin noch auseinandersetzen werde.

Peter Pilz erklärte, er sei extrem vorsichtig, anderen Fraktionen vorzuschreiben, wen sie in den Ausschuss entsenden und er werde einem Kollegen im U-Ausschuss sicher nicht das Misstrauen aussprechen. Man müsse sich aber Amons Funktion als Vorsitzender des geheimen Unterausschusses des Innenausschusses in Ruhe ansehen.

Kommentare