Bei Mehrheit für Rot-Schwarz mehr Geld für Kinder
In der rot-schwarzen Familie gibt es zwar häufig Zwistigkeiten, aber in einem Punkt herrscht Einigkeit: Für Eltern und Kinder soll es künftig mehr Geld geben. SPÖ und ÖVP haben gestern eine Art Vorvertrag für eine höhere Familienbeihilfe und mehr Geld für die Kinderbetreuung für die Zeit nach der Wahl abgeschlossen – erfüllt wird er freilich nur, wenn beide Parteien auch in der nächsten Regierung sitzen.
Was soll sich für die Familien ändern?
Kinderbetreuung Binnen vier Jahren sollen jährlich 100 Millionen Euro in den Ausbau der Kinderbetreuung fließen. Mit dem Geld sollen mehr Plätze für unter Dreijährige geschaffen und längere Öffnungszeiten (bzw. Schließtage) finanziert werden. Zuletzt hat der Bund pro Jahr 15 Millionen Euro in die Kinderbetreuung investiert, die Summe wurde von den Ländern verdoppelt. Auch in den nächsten Jahren sollen die Länder als Ko-Finanziers auftreten.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer verwies darauf, dass durch die Investitionen in die Kinderbetreuung die Beschäftigung steigen werde. 14.000 Arbeitsplätze würden etwa in den Kindergärten und -krippen entstehen. Auch Baubranche und Gewerbe würden profitieren.
Ist durch den Vorvertrag bereits eine Neuauflage von Rot-Schwarz paktiert? Vizekanzler Michael Spindelegger verneint: „Es ist natürlich keine Koalitionsvereinbarung.“ Hundstorfer sieht in dem Beschluss hingegen ein „vorgezogenes Koalitionspapier“.
Professor Karl Aiginger vom Institut für Wirtschaftsforschung kann der Diskussion um Wahlzuckerln sogar etwas Positives abgewinnen: „Diesmal werden wenigstens nur Pläne für Wahlzuckerln vorgelegt, was nach der Wahl mit nicht vorhandenen Geld bezahlt werden soll. Das ist schon ein Schritt besser im Vergleich zu 2008, als Wahlzuckerln vor der Wahl beschlossen wurden.“
Fakt sei, sagt der Wirtschaftsforscher: „Wir haben zur Zeit keinen budgetären Spielraum.“ Den müsse sich die Regierung allenfalls erst erarbeiten. Und zwar durch eine Verwaltungsreform, Effizienzsteigerungen, weniger Bürokratie, Zusammenlegung von Institutionen, Zusammenlegung von Gemeinden, Schließung der Spitäler, die keine Betten haben. „Ich erinnere daran, dass das Heeresspital noch immer nicht geschlossen ist. Die Ineffizienzen im Bundesheer mit den überzähligen Kasernen, mit den zwei Landesverteidigungsakademien, hier gibt beispielsweise Spielraum.“
Aiginger findet es „prinzipiell sinnvoll“ , dass die Parteien vor der Wahl sagen, wie sie Geld ausgeben wollen. „Nur würde ich da bitten, dass man gleichzeitig genaue Pläne für Reform bringt.“ Die Regierung könne dann nach der Wahl gelassener an diese Projekte herantreten, weil „sie nicht mehr schauen muss, was mehr Wählerstimmen bringt, sondern was wirklich sinnvolle Investitionen in die Zukunft sind.“
Was sicher nicht gehe, mahnt der WIFO-Chef, sei Wahlzuckerln mit Steuererhöhungen bezahlen zu wollen. „Die jetzige Besteuerung der Arbeit ist ungerecht hoch, schadet der Wirtschaft und ist ein Grund für die steigende Arbeitslosenrate.“
Das Familienministerium hat gleichzeitig eine Werbekampagne für mehr "Familien- und Kinderfreundlichkeit" in Österreich gestartet. Mit einem aufwendigen Werbespot soll "Mut zu Kindern" gemacht werden. Die Kampagne stößt aber schon jetzt auf heftige Kritik. Im Spot werden durchwegs gut-situierte Mittelschichtfamilien gezeigt, eine Darstellung, die an der Realität vorbeigeht.
AK-Präsident Rudolf Kaske zeigte sich erfreut und sprach von "sinnvollen Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen". Begrüßt wird die geplante Reform der Familienleistungen auch von der Industriellenvereinigung, sie ortet aber weiterhin Verbesserungsbedarf: Die steuerlichen Leistungen für Familien seien "unverändert und unübersichtlich", kritisierte Generalsekretär Christoph Neumayer. Er schlug etwa einen "Kinderbildungsbonus" vor.
ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser zeigte sich erfreut, kündigte aber weiteren Druck an. Sie pocht etwa auf einen Rechtsanspruch auf ein "Papamonat" sowie Förderungen von Wiedereinstiegsprogrammen nach der Elternkarenz.
Die Grünen kritisieren, dass es sich lediglich um Ankündigungen anstelle einer Reform handeln würde. "Ich würde es gerne glauben, dass ab kommendem Jahr 100 Millionen jährlich für zusätzliche Kindergartenplätze bereit stehen und auch die Familienbeihilfe erhöht wird. Der Praxistest folgt aber nach der Wahl", man werde SPÖ und ÖVP daran erinnern, erklärte Familiensprecherin Daniela Musiol.
BZÖ-Familiensprecherin Ursula Haubner kritisiert den "prall gefüllten Wahlgeschenke-Koffer" von SPÖ und ÖVP. Die angekündigte Vereinfachung und Erhöhung der Familienbeihilfe müsste rasch umgesetzt werden, forderte auch Haubner.
FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache kritisierte die "leeren rot-schwarzen Versprechungen zur Familienpolitik". Die FPÖ hingegen stehe für eine "geburtenorientierte Familienpolitik".
"Die Regierung winkt den Familien mit Wahlzuckerln", kritisierte auch Team Stronach-Mandatarin Martina Schenk. Hätte die Regierung den ernsthaften Willen gehabt, Familien zu entlasten, hätte sie es auch geschafft, die entsprechenden Gesetzesvorschlägen rechtzeitig einzubringen, so Schenk.
Die Kinderfreunde begrüßen die neue Familienbeihilfe, damit werde eine jahrelange Forderung umgesetzt, hieß es. "Nur wenn die Kinderbetreuung sowohl quantitativ als auch qualitativ ausgebaut wird, gibt es echte Wahlfreiheit für Eltern", erklärte Bundesgeschäftsführer Jürgen Wutzlhofer.
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