Klimaaktivistin Schilling: "Wir vertrauen der Politik nicht, die können das nicht"
Heute, Freitag, werden Jugendliche in allen neun Bundesländern in knapp dreißig Demonstrationen in österreichischen Städten erstmals in diesem Jahr wieder auf die Straße gehen: Der Klimastreik ist zurück – und das weltweit.
Rund 14 Millionen Jugendliche haben sich bisher in 7.500 Städten auf allen Kontinenten (auch in der Antarktis machen traditionell einige Polarforscher mit) bereits engagiert – und sollen auch am heutigen Freitag beim globalen Klimastreik mitmachen.
Greta Thunberg, die im August 2018 den ersten „Klimastreik“ vor dem schwedischen Parlament begann und damit die Klimastreik-Bewegung der „Fridays for Future“ ins Rollen brachte, wird übrigens um 12 Uhr in Berlin vor dem Bundestag demonstrieren.
Inzwischen haben sich diversere Gruppen angeschlossen, etwa die „Scientists for future“, die „Doctors for Future“, die „Parents for Future“ oder auch die „CEOs und die Entrepreneurs for Future“. Aber worum geht es den Jugendlichen, die sich dem Klimastreik anschließen (und dabei in vielen Städten wohl große Staus erzeugen)? Sie rufen alle Verantwortlichen in der Politik und der Wirtschaft auf, beim Klimaschutz zu handeln. „Um das Überleben auf dem Planeten zu sichern, muss die Erderwärmung unter 1,5 °C bleiben“, heißt es etwa beim österreichischen Ableger von fridays for future, inklusive Forderungen wie dem „Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas bis 2030“.
Der KURIER sprach im Vorfeld der Demo mit der jungen Wiener Klima- und Umweltaktivistin Lena Schilling, die sich lange bei den „Fridays“ in führender Rolle engagierte und inzwischen auch eine der Aktivistinnen ist, die gegen die Lobau-Autobahn demonstrieren.
KURIER: Frau Schilling, warum sind Sie auf die Politik eigentlich wütend?
Lena Schilling: Gerade wenn man sich die Klimaschutz-Politik anschaut, was hier passiert oder eben nicht passiert, muss man wütend werden. Wir wissen alle, dass die Klimakrise eine der größten und schwerwiegendsten Probleme der Menschheit ist, das sagt ja die Wissenschaft seit über 30 Jahren. Und heute, im Jahr 2021, müssen wir uns dafür rechtfertigen, dass wir protestieren gehen, dass wir Baustellen blockieren und dass wir jedes Mittel nutzen, weil es eben bereits fünf nach zwölf ist. Ja, die Politik und deren kurze Sicht kotzt uns ehrlich gesagt an.
Vergangenen Herbst wurde eine Jugendstudie publiziert, wonach die Jugend sehr pessimistisch in die Zukunft blickt, weil sie die Fehler der Älteren beim Klima und Umweltschutz ausbaden müssen. Klima-Angst, ist das etwas, was Sie aus dem Bekanntenkreis kennen?
Auf jeden Fall. Und ich glaube, genau das ist der Grund, warum man den nächsten Schritt geht, warum wir vom Klimastreik jetzt zu Blockaden von Baustellen gekommen sind. Weil wir keine andere Möglichkeit mehr haben. Wir vertrauen der Politik nicht, die können das offensichtlich nicht.
Sind eigentlich enttäuscht von der Klimaschutz-Partei, den Grünen, in der Bundesregierung?
Ich finde es zuerst einmal traurig, dass es nur eine Klimaschutz-Partei gibt und nicht alle Parteien eine Interesse an echtem Klimaschutz und einem Überleben der Menschheit haben. Aber enttäuscht – ja natürlich, obwohl meine persönliche Erwartung den Grünen gegenüber ohnehin nie groß war, weil ich das der Politik mit diesem Wirtschaftsanspruch nicht zutraue – einfach, weil Klimaschutz immer noch nur in einem Vier- oder Fünfjahresrhythmus gedacht wird.
Sie engagieren sich auch gegen den Bau der Lobau-Autobahn. Werden wir in Zukunft keine Straßen brauchen?
Jetzt eines der größten und klimaschädlichsten Projekte der jüngeren Geschichte zu bauen, ist absurd, während die Auswirkungen der Klimakrise offensichtlich werden, mit Überschwemmungen in Europa und wo ganze Landstriche abbrennen. Wien-Donaustadt ist der am schnellsten wachsende Bezirk – und es gibt kein vernünftiges Verkehrskonzept! Studien zeigen doch, dass die Menschen spätestens 2035 auch auf der Lobaustrasse im Stau stehen werden – und damit erst wieder die Lebensrealität der Menschen vor Ort problematisch sein wird.
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