Klaudia Tanner: Ich bin nicht dafür bekannt zurückzurudern, sondern ich marschiere eher vorwärts. Ich wurde auch nicht zum Rapport geholt. Der Unterschied zu vor einem Jahr ist sicher folgender: In der Zwischenzeit hat es Tausende Gespräche gegeben, und ich habe genau gehört, wo der Schuh drückt. Was vor einem Jahr bei einem Gespräch passiert ist, wo ich nicht einmal anwesend war, ist auch der Situation geschuldet gewesen, dass erstmalig eine Frau dem Ressort vorsteht und diese Situation für viele noch neu war.
Also war fehlendes Vertrauen in eine Frau der Grund für den Widerstand im Vorjahr?
Wenn man erstmalig in einer neuen Situation als Frau ist, tritt einem Verwunderung entgegen – vielleicht auch eine Form des „nicht Zutrauens“. Es macht natürlich auch einen Unterschied, ob man, wie im Bauernbund, eine absolute Mehrheit hat, oder ob man sich Verbündete suchen muss. Aber ich mache nichts anderes, als das Regierungsprogramm umzusetzen, in dem steht, dass es eine Effizienzsteigerung außerhalb der Truppe geben soll. Mag sein, dass es für den einen oder anderen neu ist, dass das, was angekündigt wird, auch gegen Widerstand umgesetzt wird. Aber mit Widerstand kann ich umgehen. Als ich das Amt übernommen habe, diskutierte man, ob das Bundesheer überhaupt noch sämtliche Fahrzeuge volltanken kann. Wer hätte sich gedacht, dass wir ein Altersheim einmal übernehmen werden, weil niemand mehr da war, der das bewältigen kann. Das Image hat sich schnell gewandelt.
Sie planen einen Umbau der Struktur des Ministeriums, wie es das letzte Mal 1991 erfolgt ist. Alle Führungspositionen werden neu ausgeschrieben. Die Opposition wirft Ihnen vor, dass das eine Umfärbeaktion im Stil der ÖBAG-Besetzung wird. Wie wollen Sie gegenüber der Opposition sicherstellen, dass die Neubesetzungen parteiunabhängig werden?
Für eine Umfärbeaktion hätte ich mir die Reform sparen können. Denn die meisten Verträge der Führungspersonen laufen ohnehin aus und die Posten müssten neu besetzt werden. Wir wollen den Verwaltungsapparat zur Serviceorganisation für die Truppe machen. Selbst der Bundespräsident war bei seinem Besuch im Libanon überrascht, dass unsere Soldaten im Libanon jahrelang auf die benötigten Stiefel warten mussten. So etwas soll es nicht mehr geben.
Weil Sie mehrmals die Truppe erwähnt haben. Die Kasernen sind in Österreich teilweise desolat und auf Substandard-Niveau. Für die Miliz, Terrorabwehr, die Bereiche Cyber- und ABC-Abwehr gab es ein Sonderbudget. Wird es hier auch ein Sonderbudget geben oder müssen Kasernen geschlossen werden?
Ich habe ohne Zweifel einen Investitionsrückstau bei den Kasernen übernommen. Die Niveaus sind sehr unterschiedlich. Die Kaserne in Güssing oder die Stellungsstraße in St. Pölten sind auf dem modernsten Stand. Dann gibt es Kasernen wie in Ried, da glaubt man nicht, dass es so etwas noch gibt. Im Vorjahr wurde das Regelbudget zwei Mal erhöht. Außerdem haben wir Sonderinvestpakete von über 654 Millionen Euro. Bis 2024 sind wir in den Kasernen im Energiebereich autark. Im nächsten Schritt werden die Kasernen nach ihren militärischen Notwendigkeiten ausgestattet und modernisiert. Schließungen wird es keine geben – mit Ausnahme von Kärnten, wo drei alte Kasernen einer neuen Kaserne weichen werden.
In Wien sollen zehn Liegenschaften verkauft werden ...
In Wien gibt es eine Sondersituation. Hier wird im Einvernehmen mit der Stadt und den militärischen Notwendigkeiten ein Konzept erstellt.
Die nächste Baustelle sind die Eurofighter. Im April gab es die Meldung, der Deal mit Indonesien, das Interesse gezeigt hat, die Jets zu kaufen, sei gescheitert. Was passiert jetzt mit den Jets?
Es gibt noch keine Absage von Indonesien. Mit den technischen Experten gibt es laufende Gespräche. Dass unser Eurofighter ein Einsitzer im Gegensatz zu anderen Jets ist, ist aber nicht besonders hilfreich. Und dass sich Indonesien nicht nur in Österreich umschaut, weil man eine schnelle Lösung braucht, ist auch klar. Wenn der Deal passt und dem Steuerzahler Vorteile bringt, dann soll uns der Verkauf recht sein.
Zuletzt soll sich Airbus quergelegt haben ...
Der Verteidigungsminister von Indonesien war bei mir und hat dann eine Tour zu den Herstellerunternehmen gemacht. Airbus wird das geringste Problem sein. Was jetzt im Fokus steht, ist die technische Ausstattung.
Was, wenn Sie die Eurofighter doch noch an Indonesien loswerden: Findet die Luftraumüberwachung dann vom Boden aus statt?
Ich bin immer wieder überrascht, dass sich heute niemand mehr daran erinnern kann, dass wir vor den Eurofightern auch eine Überbrückungslösung hatten. Wir haben Staatsverträge mit der Schweiz und mit Deutschland. Hier sind die Verfassungsexperten am Zug, mit welchen Ländern wir eine Überbrückungslösung finden können.
Welche Punkte der umstrittenen Reform, die im Vorjahr bekannt wurde, werden noch umgesetzt. Die Reduktion der schweren Waffen, die für viel Aufregung sorgte, steht auch im Regierungsprogramm. Trauen Sie sich da nochmals drüber?
Bitte, es soll mir die Aussage gezeigt werden, wo ich das behauptet habe. Seit den 90er Jahren wurde nichts mehr in schwere Waffen investiert. Wir investieren jetzt erstmalig in die Systeme Leopard und Ulan und kaufen um 106 Millionen Euro 30 neue Pandur-Radpanzer.
Wo wird dann reduziert?
Im Regierungsprogramm heißt es: Der Weg der Reduzierung ist fortzusetzen, aber der Fähigkeitserhalt muss weiter gegeben sein. Deswegen ist die eine oder andere Investition in diesem Bereich notwendig. Offen gestanden war ich fast erschüttert, dass von unseren Leopard-Panzern nur eine sehr geringe Anzahl einsatzbereit wäre – und das schon seit geraumer Zeit. Da fragt man sich, was ist in den vergangenen 30 Jahren passiert und warum ist das früher keinem Minister aufgefallen? Für diese Erkenntnis brauchte es vielleicht eine Frau an der Spitze.
Was hat es gebraucht, um als erste Frau in diesem Amt zu überleben?
Ein Offizier hat mir einmal gesagt, vielleicht tut es ganz gut, wenn man schwierige Zeiten mit erhobenem Haupt überlebt. Wir Frauen geben nicht schnell auf. Was es zusätzlich wirklich braucht, ist Leidenschaft. Ich habe von Beginn an gesagt, dass Verteidigungsministerin genau der Job ist, den ich machen will. Vielleicht auch, um als erste Frau in diesem Amt zu zeigen, dass Frauen in jeder Position bestehen können.
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