Tanner: "Wir haben die Neutralität passiv interpretiert"

Klaudia Tanner
Klaudia Tanner über sinkende Personalzahlen, steigende Wertschätzung, die Insel der Seligen und wie sie mit Putin-freundlichen Mitarbeitern umgeht.

Mit über vier Milliarden Euro verfügt ihr Ressort 2024 über das höchste Verteidigungsbudget der Geschichte. Doch es hakt. Soldaten wechseln oft in die Privatwirtschaft. ÖVP-Verteidigungsministerin Klaudia Tanner über den fehlenden Wehrwillen der Österreicher – und wie sie diesen und die Attraktivität des Bundesheeres heben will. 

KURIER: Frau Bundesministerin, die parlamentarische Bundesheerkommission hat diese Woche angedeutet, dass es zunehmend ein Problem darstellt, wenn sich gleich viele junge Österreicher für den Zivildienst wie für den Grundwehrdienst entscheiden. Sehen Sie das ähnlich?

Klaudia Tanner: Es ist tatsächlich so, dass sich in einzelnen Bundesländern mehr Männer für den Zivildienst entscheiden als für das Bundesheer. Dem müssen wir entgegenwirken, es geht um die Sicherheit des Landes. Aber ich bin da nicht so pessimistisch – die Dinge und Einstellungen ändern sich.

Was meinen Sie?

Wir sehen einen positiven Trend, was die Einstellung und die Wertschätzung gegenüber dem Militär angeht. Bei den Unteroffizieren und Berufsoffizieren steigt die Zahl der Bewerber im zweistelligen Bereich, beim freiwilligen Grundwehrdienst für Frauen haben wir mit 755 Soldatinnen einen Höchststand, und insgesamt ist der Frauenanteil von 3,1 Prozent vor viereinhalb Jahren auf 5 Prozent gestiegen.

Statistisch signifikant ist das aber noch nicht, oder? 

Natürlich geht da noch mehr, die Kurve geht flach nach oben. Aber immerhin geht sie eindeutig nach oben.

Vielleicht ist das Bundesheer als Arbeitgeber nicht attraktiv genug?

Das würde ich verneinen. Uns ist diesbezüglich schon sehr vieles gelungen. Wir versuchen, die Grundwehrdiener möglichst wenig in den Assistenzeinsatz zu schicken, damit sie viel Zeit für die Ausbildung haben und viele Facetten des Bundesheeres sehen. Und auch, was die Bezahlung angeht, haben wir viel gemacht: Es werden Prämien bezahlt, wer will, kann den Grundwehrdienst drei Monate verlängern und bekommt dafür immerhin 3.000 Euro. Das Problem ist, dass ich nicht alles alleine lösen kann. Ein Beispiel: Offiziere müssen Akademiker werden, sie werden im Verteidigungsministerium aber nicht so gut bezahlt wie Akademiker in anderen Ressorts.

Das klingt nicht besonders logisch …

Kommentare