Kern & Sobotka: Ziemlich beste Feinde

Kern und Mitterlehner sitzen im Ministerrat nebeneinander - unfreiwillig.
Warum der SPÖ-Kanzler und der ÖVP-Innenminister oft aneinandergeraten.

Innenminister Wolfgang Sobotka ist ein Mann der klaren Worte. Dass er und Bundeskanzler Christian Kern keine Freunde mehr werden, das hat der ÖVP-Mann schon im Vorjahr in einem KURIER-Interview unverblümt festgestellt: "In den Ministerrat muss ich, aber ich muss mit Kern nicht auf einen Kaffee gehen. Das überlasse ich lieber dem Kollegen Mitterlehner."

Dass Sobotka und Kern nicht gut miteinander können, ist nicht erst bekannt, seit sie sich einen Machtkampf um die Unterzeichnung des neuen Arbeitsprogrammes geliefert haben.

"Nicht besonders relevant"

Kern bestand ja darauf, dass der Pakt von allen Ministern unterzeichnet wird. Sobotka weigerte sich, zu unterschreiben – und lenkte erst ein, als der ÖVP-Vorstand zustimmte. Doch der Ressortchef provozierte den Koalitionspartner unverzüglich wieder – mit seinem Urteil, dass das rot-schwarze Papier im Wesentlichen ein ÖVP-Programm sei. Der Kanzler qualifizierte diese Meinung in der ZiB2 dann als "nicht besonders relevant" ab. De facto sagte er damit, wie der Minister das Gesamtpapier beurteile, sei nicht wichtig.

Schlechter Start

Dass sich Kern und Sobotka Unfreundlichkeiten ausrichten, gehört schon seit dem Frühjahr zum Regierungsalltag. Zwei Wochen, nachdem der ÖBB-Boss Regierungschef geworden war, krachten sie bereits aneinander. Auslöser war ein Streit um Flüchtlingszahlen. Kern hatte sich bei Fachbegriffen verdribbelt und öffentlich eine Zahl genannt, die laut Sobotka falsch war. Später versuchte der SPÖ-Chef die Sache herunterzuspielen: "Diese Zahlendiskussion interessiert mich nicht besonders." Mag sein. Faktum ist jedenfalls, dass das der Beginn einer Reihe von Zwistigkeiten war, die bis heute andauern. So blieb etwa hängen, dass Kern Sobotka desavouierte, indem er publik machte, dass der Niederösterreicher während einer Regierungssitzung die Meinung von Landeschef Pröll eingeholt hatte ("Der ein oder andere Minister fängt an zu smsen mit seinem Paten"). Sobotka entgegnete, es sei ja um ein Thema gegangen, das die Länder betroffen habe.

Hinter den Kulissen soll der Minister gemeint haben, das Ganze sei ihm "wurscht". Wenn Kern meine, er könne damit punkten, dann solle er es eben machen. Er, Sobotka, würde heute jedenfalls wieder so handeln wie damals.

Nur Wochen später geriet man wieder aneinander. Es gab Dispute wegen der Obergrenze, der Notverordnung und sogar wegen der Wahlbeobachter für die Hofburg-Wahl. Dass an der Unterschrift Sobotkas die rot-schwarze Einigung zu platzen drohte, war der Höhepunkt im Schlagabtausch.

Ursachenforschung

Woran liegt es, dass die beiden immer wieder in Streit geraten?

"Man hat den Eindruck, dass Sobotka in den Augen des Kanzlers jenen Politiker-Typus verkörpert, der dafür verantwortlich ist, dass die Politik bei der Bevölkerung so schlecht angeschrieben ist – weil Sobotka dafür sorgt, dass immer wieder Konflikte entstehen und öffentlich ausgetragen werden", heißt es im Kanzler-Umfeld.

Ein Insider meint, der Ex-Bahn-Chef führe die Regierung ähnlich wie einen Konzern. Er stelle Fragen, gehe mit Ministern wie mit führenden Mitarbeitern um – so wie das etwa zwischen einem Generaldirektor und seinen Vorständen üblich sei. "Sobotka sieht sich selbst aber nicht als Kerns Mitarbeiter."

Dieser Befund dürfte stimmen. Sobotka hat Kern im KURIER einmal "präpotenten Führungsstil" attestiert. Dabei sitzen die beiden im Ministerrat nebeneinander – freilich unfreiwillig. Das Protokoll schreibt es so vor. Aber wie hat Sobotka gesagt? "Ich muss mit Kern nicht auf einen Kaffee gehen."

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