Kein Listenplatz für "Kohn"-Sager? FPÖ muss sich bald entscheiden
"Unsere ermordeten und vertriebenen jüdischen Mitbürger sind uns eine stete Mahnung, ihr Andenken eine Verpflichtung." Mit Äußerungen wie diesen – anlässlich des Holocaust-Gedenktages Anfang des Jahres – stellt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache klar: Mit Antisemitismus hat die FPÖ nichts zu tun. Und was, wenn doch? Wie umgehen mit einem außenpolitischen Sprecher, der antisemitischen Codes verwendet haben soll und für den Nationalrat kandidieren will?
Gemeint ist Johannes Hübner. 60-jähriger Wiener, seit 2008 Nationalratsabgeordneter der FPÖ, Anwalt und u. a. Gesellschafter der "W3 Verlagsgesellschaft", dem Verlag der Wochenzeitung "Zur Zeit". Andreas Mölzer, Zur Zeit-Herausgeber und ehemaliger blauer EU-Parlamentarier, der einst mit diskriminierenden Äußerungen ("Negerkonglomerat") auffiel, kennt Hübner "seit Jahren. Er ist ein sehr guter Freund und ein hochgebildeter, hochanständiger Mensch." Hübner habe, sagt Mölzer im KURIER-Gespräch, eine "ironisch-historische Anekdote" bringen wollen. Doch: Johannes Hübner wird des Antisemitismus bezichtigt.
Wie der KURIER berichtete, trat Hübner im Juni 2016 bei einem Treffen der als rechtsextrem eingestuften "Gesellschaft für freie Publizistik" auf und verwendete während seines Vortrags "Die Massenzuwanderung nach Österreich" antisemitische Codes. (Hans Kelsen, den Architekten der österreichischen Verfassung, bezeichnete Hübner als "eigentlich Hans Kohn, aber er hat sich Kelsen genannt" . "Kohn" galt in der NS-Zeit als Code für die jüdische Herkunft; in rechtsextremen Kreisen wird dieser nach wie vor verwendet.) Ob dieses Codes und anderer Äußerungen ist Hübner nicht nur für die Grünen "rücktrittsreif" – die FPÖ in Erklärungsnot. Opposition- wie Regierungsparteien fordern Konsequenzen. Andernfalls könnte die FPÖ, so SP-Minister Doskozil zum KURIER, in einer Koalition "kein Partner sein". Die FPÖ ist bemüht, den Vorhalt als "Sturm im Wasserglas" abzutun.
Ob Hübner (noch) auf der Wiener Landesliste steht, dazu wollte sich die FPÖ nicht äußern. Auch nicht, ob Gespräche mit ihm geführt werden. Nur so viel heißt es aus der Wiener FPÖ: "Die Letztenscheidung über die Listenerstellung trifft der Bundesparteivorstand." Das sei, heißt es, kurz vor der gesetzlichen Frist Anfang August. Es sei denn, Hübner zieht von sich aus die Konsequenzen.
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