"Kein Ausweg": Länder müssen sich 1,50-Euro-Regel beugen

Innenminister Herbert Kickl
Acht Länder kritisieren "Entwertung" von gemeinnütziger Arbeit.

Juristisch scheint Kickls Vorstoß gedeckt. „Kontraproduktiv“ ist es für den roten Städtebund, „paradox“ für Wiens SP-Sozialstadtrat Peter Hacker und „jeglicher Logik entbehrend“ für Hackers oberösterreichisches Pendant, den Grünen Rudi Anschober.

Acht Bundesländer – mit Ausnahme von Niederösterreich – können dem Vorstoß von Innenminister Herbert Kickl, gemeinnützige Arbeit von Asylwerbern mit lediglich 1,50 Euro pro Stunde zu entlohnen, nichts abgewinnen. Den Ländern ist die Arbeit bisher drei bis fünf Euro wert – Kickls Vorstoß entwerte die Hilfstätigkeiten, zerstöre gar Bemühungen zur Integration, so der Tenor.

Selbst in Wirtschaftskreisen ist man empört: Die Kürzung sei nicht „von finanzieller Sinnhaftigkeit getragen“, sondern vielmehr ein „Zeichen einer politischen Haltung“, meint Georg Kapsch, Chef der Industriellenvereinigung im Standard – und bezeichnet die Maßnahme als „menschenverachtend“.

Höchstens 1,50 € die Stunde nennt IV-Chef Kapsch "menschenverachtend"

Mit der Kritik konfrontiert heißt es seitens des Innenministeriums nur: „Die Begutachtungsfrist endet am 22. April, Stellungnahmen werden noch eingearbeitet.“ Ein Verhandlungsspielraum scheint kaum vorhanden – selbst wenn man im Büro des Wiener Stadtrats Hacker noch auf ein Einlenken hofft: „Die Grundversorgung war zwischen Bund und Ländern immer partnerschaftlich organisiert.“ Alleine in Wien sind 400 Asylwerber gemeinnützig tätig.

Recht vs. Moral

Fakt ist: Wenn Innenminister Herbert Kickl per Verordnung eine Höchstgrenze für den sogenannten „Anerkennungsbeitrag“ festlegt, dann müssen sich die Länder beugen.

„Keinen Ausweg und auch keinen Umweg“ sieht Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk auf KURIER-Nachfrage. Die Option, dass die Länder bzw. Gemeinden freiwillig mehr drauflegen, könnte sogar zum Nachteil der Betroffenen sein:

In der Verordnung werden die maximal möglichen 110 Euro pro Monat als Freibetrag bezeichnet. Wer ihn überschreitet, muss damit rechnen, dass ihm die Grundversorgung (Unterbringung und Verpflegung während des Asylverfahrens) gekürzt oder gar gestrichen wird.

Funk hält fest: „Die 1,50 Euro sind ja kein Entgelt für eine erbrachte Leistung, sondern nur eine Anerkennung für eine freiwillige Hilfstätigkeit, meist im Zusammenhang mit der Asyl-Unterbringung. Rechtlich ist es möglich, sie zu begrenzen. Ob es aus moralischer Sicht gerecht ist, ist eine Frage, die man persönlich beantworten muss.“

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