Aslan über Islamlehrer: "Kaum eine Chance ohne Kopftuch"
Islam und Demokratie sind für viele Islamlehrer schwer vereinbar. Eine gestern veröffentlichte Studie, wonach Muslimbrüder immer mehr Schlüsselpositionen in der österreichischen Gesellschaft einnehmen, macht da auch für die Zukunft wenig Hoffnung. Die Muslimbrüder zielten auf eine Spaltung der Gesellschaft und auf einen stärkeren Einfluss des politischen Islam, heißt es in der Studie der George Washington Universität, die in Kooperation mit der Uni Wien und dem Verfassungsschutz erstellt wurde. Auch ihr Einfluss auf die Islamische Glaubensgemeinschaft IGGiÖ sowie auf die Ausbildner der Religionslehrer nehmen zu.
Der KURIER sprach mit dem Islamtheologen Ednan Aslan über die offenen Fragen rund um islamische Religionslehrer.
KURIER: In Österreich werden Islamlehrer jetzt auch an der Uni und der Pädagogischen Hochschule ausgebildet. Hat sich dadurch etwas verbessert?
Ednan Aslan: Die Auswahl dieser Lehrer ist im Vergleich zu früher nicht besser geworden. Der Grund: Die IGGiÖ, die die Religionslehrer aussucht, wählt diese Pädagogen eher nach ihrer theologischen und ideologischen Orientierung als nach ihrer fachlichen Qualifikation aus. Das hat damit zu tun, dass die ideologische Prägung bei der IGGiÖ schärfer geworden ist.
Was meinen Sie damit?
Die Arbeit der neuen Präsidentschaft trägt die Handschrift der türkischen Politik, die in die Glaubensgemeinschaft hineinregiert. Das hat natürlich Konsequenzen für die Bestellung der Religionslehrer. Pädagoginnen ohne Kopftuch haben z.B. kaum Chancen, als Religionslehrerinnen zu arbeiten. Solche Pädagogen werden vom österreichischen Staat finanziert, vermitteln in den Klassenzimmern aber eine Ideologie aus dem Ausland.
Woran machen Sie das fest?
Wenn Lehrer morgens in der Schule unterrichten und nachmittags ehrenamtlich für einen politisch-islamischen Verein arbeiten, wird deutlich, von wem sie beeinflusst werden. Eine theologische Position, die aus dem Ausland gesteuert wird, kann die Pluralitätsfähigkeit der Kinder nicht fördern. Das läuft der Integration zuwider.
Wie könnte man das ändern?
Wichtigste Voraussetzung wäre, dass die Glaubensgemeinschaft nicht vom Ausland gesteuert wird. Wie sollen sie im Interesse der Kinder in Österreich agieren? Daher brauchen wir einen europäisch geprägten Islam, der einen Beitrag zur Beheimatung der Muslime in Österreich leistet.
Verschiebt sich mit dem Flüchtlingsstrom das Gleichgewicht innerhalb der islamischen Glaubensgemeinschaft?
Afghanen und Syrer bringen sicher eine höhere Schiiten-Präsenz nach Österreich. Wenn diese Menschen nicht ganz schnell integriert werden und sie bei uns keine klare Orientierung erhalten, kann es schnell passieren, dass sie sich an ihren altbekannten traditionellen Strukturen orientieren. Dann werden vom Ausland gesteuerte Organisationen diese Lücke füllen. Deshalb ist es so wichtiger, einen europäisch geprägten Islam zu etablieren.
Würden Sie es befürworten, wenn der Staat die Möglichkeit hätte, höhere Anforderungen an Religionslehrer zu setzen?
Ich wünsche mir, dass Lehrkräfte ohne pädagogisch-theologische Ausbildung in Europa nicht beschäftigt werden. Die Standards für die Religionslehrer sollten für alle gelten. Es kann nicht sein, dass Kirchen oder Religionsgemeinschaften auf bestimmte Qualitätsstandards verzichten dürfen.
Ja zum Ethikunterricht für alle?
Ethik neben dem Religionsunterricht halte ich für vertretbar. Islamischer Religionsunterricht ist eigentlich Motor der islamischen Reformbewegungen. Islamische Theologie kann ohne die Herausforderungen der Kinder nicht reformiert werden.
In manchen Moscheen werden Kinder indoktriniert. Wie kann man gegenzusteuern?
Wir können uns dagegen nur durch den besseren Religionsunterricht in den Schulen behaupten.
Was ist das Wichtigste, das Sie zukünftigen Islamlehrern mitgeben möchten?
Theologische Mündigkeit.
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