Deutschland: Katerstimmung in der Koalition

Deutschland: Katerstimmung in der Koalition
Am Tag nach der Niederlage suchen die Koalitionsparteien Union und SPD nach den Ursachen.

Warten im Willy-Brandt-Haus. Zwei Mal wurde die Pressekonferenz mit SPD-Chefin Andrea Nahles an diesem Montag verschoben. Am Ende vorerst auch ihr Rückzug als Parteivorsitzende.

Die Sozialdemokraten mussten bei der Europawahl eine schwere Niederlage einstecken, verloren zwölf Prozent zu 2014. Auch CDU/CSU büßten mehr als sieben Prozentpunkte ein. Wäre es eine Bundestagswahl, hätte das Bündnis der Großen Koalition keine Mehrheit mehr.

Dementsprechend getrübt war die Stimmung in den Parteizentralen. Dort versuchte man die ersten Schlüsse aus dem Ergebnis zu ziehen. Einig sind sich SPD und CDU über Versäumnisse beim Thema Klimaschutz. Die Christdemokraten konnten in der Debatte nicht aus der Offensivposition argumentieren, erklärte Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die auch persönliche Fehler einräumte. Gleichzeitig übte sie erneut Kritik an dem Video von YouTuber Rezo, der die Politik der CDU bzw. Großen Koalition kritisierte und vor der EU-Wahl aufgerufen hatte, weder CDU/CSU noch SPD und AfD zu wählen. „Und die Frage stellt sich schon mit Blick auf das Thema Meinungsmache, was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich, ja oder nein", sagte AKK und löste damit eine heftige Debatte aus. Politiker anderer Parteien warfen ihr Zensur und Regulierung vor, was sie am Abend zurückwies.

Nahles geht in die Offensive

Diskussionen gibt es auch um SPD-Chefin Andrea Nahles, die gestern nach einer langen Gremiensitzung vor die Presse trat. Gut geschlafen habe sie nicht, antwortete sie auf die Frage nach ihrem Befinden. Ihre Bilanz zum Wahlergebnis – die SPD wurde von den Grünen überholt – fiel deutlich aus: „Der Ernst der Lage sei allen klar.“ So wie die Union am 2. und 3. Juni, plant auch ihre Partei eine Klausurtagung. Am Montag will der Vorstand über Strategien sprechen, wie man die Themen Arbeit und Klima besser vereint und sich in der Regierung profilieren kann. Die im Herbst anstehende Halbzeitbilanz zur Koalition stehe ebenfalls auf der Agenda. Dass sie vorgezogen wird, schließt Nahles derzeit aus. Ebenso ihren Rücktritt: „Die Verantwortung, die ich habe, spüre ich, die will ich aber auch ausfüllen.“ Noch am Abend ging sie in die Offensive und kündigte im Fernsehen an, dass sie sich kommende Woche in der Bundestagsfraktion vorzeitig zur Neuwahl stellen will - auch mit Blick auf ihre internen Gegner. „Wer meine, dass er einen anderen Weg gehen wolle, solle dann gegen sie als Fraktionsvorsitzende kandidieren“ , so Nahles im ZDF

 

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