Spätestens als EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Tunesien gereist war, um einen Stopp der illegalen Migration über das Mittelmeer zu besprechen, war allen klar, dass dieser nordafrikanische Staat in dem Bereich eines der Schlüsselländer ist. In einem Memorandum wurde schließlich vereinbart, dass die EU rund 900 Millionen Euro nach Tunis überweisen wird, wenn im Gegenzug die Fluchtroute über das Meer gesperrt wird.
Die Umsetzung dieses Abkommens verlief anfangs holprig, jetzt dürften die Maßnahmen allerdings greifen. So die Aussagen des tunesischen Innenministers Kamel Fekih bei einem Arbeitsgespräch mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bei einem Treffen in Tunis. Eine Maßnahme, die gezielt umgesetzt wird: Die tunesische Polizei zerstört Boote, die Schlepper für Mittelmeerüberfahrten nutzen können.
Die konkreten Zahlen: Im September habe es Abfahrten von Flüchtlingsbooten mit über 16.000 Menschen aus Tunesien gegeben, im Oktober ging diese Zahl auf 1.652 zurück. Wobei für Karner eine andere Zahl ebenfalls wichtig ist. Im September 2022 waren 13.126 Tunesier als Asylwerber nach Österreich gekommen, bis Ende September wurden heuer nur 348 Anträge gezählt. Was natürlich auch damit zusammenhängt, dass in Serbien die Visafreiheit für Tunesier gestoppt worden war.
Für Karner ist klar, dass der „europäische Außengrenzschutz schon in Nordafrika beginnt“. Oder wie er es auch formuliert: „Festlandsicherung statt Seenotrettung“. Und da sei einiges weitergegangen.
Nicht nur in Tunesien, sondern auch in Marokko und Ägypten. Und dann sind auch noch Gespräche mit Algerien geplant. Bilateral und nicht nur über die EU-Kommission. Karner: „Es ist wichtig, dass man mit den Vertretern dieser Staaten auf Augenhöhe kommuniziert.“ Und als Transitstaat für Migration nach Europa sei gerade Tunesien ein wichtiger Partner.
Camp für Grenzschützer
Es war aber nicht nur das Treffen mit dem Innenminister, das Karner nach Tunis geführt hatte. Vielmehr wird er gemeinsam mit dem dänischen Migrationsminister Kaare Dybvad Bek ein Ausbildungszentrum in Nefta, nahe der algerischen Grenze besuchen. Dieses war von der EU-Institution ICMPD, an deren Spitze Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger steht, errichtet worden. Die Initiative war 2020 vom damaligen Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) ausgegangen. Neben Österreich hatte sich auch Dänemark daran beteiligt.
Es ist wichtig, dass man mit den Vertretern dieser Staaten auf Augenhöhe kommuniziert
von Gerhard Karner, ÖVP-Innenminister
200 Grenzschützer werden dort ausgebildet, die ersten 15 werden nun angelobt . Nun wird es offiziell eröffnet. Gleichzeitig soll die Ausbildungskooperation verstärkt werden. Deutschland hat ein ähnliches Camp errichtet, die Niederlande wollen beim österreichisch-dänischen Projekt einsteigen.
Unterzeichnet haben die beiden Innenminister bei diesem Besuch übrigens auch ein Katastrophenhilfe-Abkommen.
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