Sophie Karmasins lange Liste an Gelöbnissen

Sophie Karmasins lange Liste an Gelöbnissen
Neuer Job im Interieur-Shop, kein Handy, Fußfessel: Nichts konnte die U-Haft Sophie Karmasins abwenden. WKStA weitete Ermittlungen wegen schweren Betrugs aus.

Zwar ist die U-Haft bis Mitte April verlängert, doch die Ex-Familienministerin will nicht aufgeben. Dem Vernehmen nach bringt Sophie Karmasins Anwaltsduo Norbert Wess und Philipp Wolm nun Beschwerde gegen die Verlängerung der Untersuchungshaft beim Oberlandesgericht Wien ein. Diese Instanz muss zeitnah entscheiden, ob sie der Beschwerde stattgibt.

Die Entscheidung des Richters sorgt für Diskussionsstoff in den Wiener Politikkreisen. Grund: Nicht nur, dass kein anderer Beschuldigter in der Inseratenaffäre in U-Haft genommen wurde, wird auch die Frage diskutiert: Existieren nicht gelindere Mittel, um Sophie Karmasin von der sogenannten Tatbegehungsgefahr abzuhalten? Wie etwa eine Fußfessel, die Karmasins Verteidigung vorschlug – die für Richter Stephan Faulhammer aber nicht infrage kam.

"Sehr selten wird U-Haft verhängt"

„Außergewöhnlich“ ist die Verlängerung der U-Haft – sie besteht seit Anfang März – gegen die Meinungsforscherin auch für den renommierten Wirtschaftsstrafrechtsexperten Robert Kert. Vor allem bei Wirtschaftsstrafdelikten werde „sehr selten eine U-Haft verhängt“. Beispiele dafür gibt es genug: In der Affäre Grasser gab es für keinen Beschuldigten eine U-Haft. Auch Investor Michael Tojner, dem das Delikt Betrug vorgeworfen wird, geht weiter seinem Business nach. Eine Ausnahme war der mittlerweile verstorbene Ex-Bawag-Boss Helmut Elsner – er war gleich mehrere Jahre in U-Haft.

Karmasins Haftverhandlung lief jedenfalls mit einigen ungewöhnlichen Details ab. Seit zehn Tagen befindet sich die Ex-Ministerin, die in U-Haft Corona-positiv getestet wurde, in Quarantäne.

Ein vertrauliches Gespräch mit ihrem Anwalt Norbert Wess war daher nur einmal möglich. Bei der Haftverhandlung selbst wurde Karmasin über eine Video-Konferenz aus der Gefängniszelle zugeschaltet. Karmasins Konterfei und Mimik war am Bildschirm nur für den Richter sichtbar – jedoch nicht für ihre Verteidiger.

2.500 Euro im Monat

Mit einem Paket an Gelöbnissen versuchten die Anwälte die Ex-Ministerin auf freien Fuß zu bekommen. Dieses war um einiges umfangreicher als bisher bekannt. So verpflichtete sich Karmasins Ehemann, monatlich 2.500 Euro als „Unterhalt“ auf das Konto seiner Gattin zu überweisen. Ein Grundbuchauszug dokumentierte, dass das Ehepaar eine schuldenfreie Immobilie besitzt.

 

Sophie Karmasins lange Liste an Gelöbnissen

Anwalt Norbert Wess mit Anwalt-Kollegen Manfred Ainedter

Dass sich mit Meinungsforschung gutes Geld verdienen lässt, geht aus einem Bericht im Standard hervor. So soll Karmasin 900.000 Euro an öffentlichen Aufträgen in den vergangenen Jahren bekommen haben.

Neuer Job für Karmasin

Um die finanzielle Situation zusätzlich abzusichern, legte Anwalt Wess dem Gericht ein fixes Stellenangebot für Karmasin in einem Einrichtungsshop vor. Am Ende der Verhandlung machte Karmasin dann selbst einen Vorschlag: Wenn ihr das Gericht nach wie vor nicht „traue“, verzichte sie freiwillig auf Handy und Internet.

Ihren Gewerbeschein und die Geschäftsführung des Unternehmens hatte sie ebenso still gelegt. „Wenn Karmasin tatsächlich die Geschäftsführertätigkeit zurückgelegt hat, gibt es eigentlich keine Möglichkeit mehr eine Tat zu begehen“, so Experte Kert.

Alles in allem war dieses Paket zu wenig überzeugend für Richter Faulhammer. Er schmetterte das Paket geradezu ab: "Die anscheinend weiterhin gut vernetzte Beschuldigte erhielt trotz negativer Berichterstattung bereits wenige Tage nach ihrer Festnahme eine Einstellungszusage (..) als Beraterin und Coach bei einem Möbeldesignunternehmen mit einem Bruttogehalt von 2400 Euro". Auch in dieser neuen beruflichen Ausrichtung ortet Richter Faulhaber die Möglichkeit, dass Karmasin ihre "hohe kriminelle Energie" zu Einsatz bringen könnte. 

Neue Ermittlungen wegen Betrugs

"In Summe", so schreibt der Richter in seiner Begründung, besteht für das "Gericht somit auch nach Urkunden durch die Beschuldigte weiterhin kein Zweifel besteht, (...) dass die Beschuldigte auf freiem Fußerneut strafbare Handlungen setzen werde".  

Die 55-Jährige war nach ihrer Festnahme als Beschuldigte zu den Vorwürfen in der ÖVP-Inseratenaffäre vernommen und im Anschluss in U-Haft genommen worden. Die WKStA verdächtigt sie, „Urheberin und maßgebliche Ideengeberin“ eines PR-Tools gewesen zu sein, von dem der spätere Bundeskanzler Kurz mittels vom Steuerzahler finanzierten Umfragen profitiert haben soll. Karmasin stellte das in Abrede.

Aber es kommt noch dicker für Karmasin: In der Vorwoche berichtete die ZiB2, dass rund 50.000 Euro an Gehalt von der Republik nach dem Ende der Politikkarriere an Karmasin flossen. Der Grund für die Überweisung: Karmasin behauptete, dass sie keine Einkünfte als Meinungsforscherin habe. Was allerdings nicht stimmte. Die 50.000 Euro, die Karmasin fälschlicherweise kassierte, hat die Beschuldigte mittlerweile zurücküberwiesen. Die WKStA startet aber nun Ermittlungen wegen schweren Betruges gegen Karmasin, wie der Falter berichtet

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