Ex-Blauer rächt sich mit Anti-Strache-Partei

Ein Bild aus besseren Zeiten: Schnell und Strache bei einer Pressekonferenz.
Sein Rauswurf sei nicht rechtmäßig, sagt Ex-FP-Landeschef Karl Schnell, Strache ein "Diktator" und Generalsekretär Kickl dessen "Cerberus". Er will eine eigene Bundespartei gründen – bis in der FPÖ wieder demokratische Strukturen herrschen.

Die Turbulenzen rund um die Salzburger FPÖ haben offenbar erst begonnen. Vor wenigen Tagen hatte Bundesparteichef Heinz-Christian Strache in einer nächtlichen Sitzung den langjährigen Landeschef Karl Schnell und einige weitere Funktionäre wegen "parteischädigenden Verhaltens" aus der Partei ausgeschlossen. Doch die Parteibasis machte bei dem "Putsch"(Schnell) nicht mit, der überwiegende Teil stellte sich hinter Schnell. Somit hat die FPÖ nur noch eine wilde Abgeordnete im Salzburger Landtag, die beiden Salzburger Nationalrats-Mandatare sind ebenso nicht mehr bei der FPÖ wie der blaue Bundesrat.

Eklat bei Landesparteisitzung

Aber was war geschehen? Für die Bundes-FPÖ handle es sich bei Schnell und Konsorten um Rebellen, die parteischädigend agiert haben. Schnell zeichnet natürlich ein anders Bild: Strache habe versucht, einen Putsch gegen ihn anzuzetteln. Völlig überraschend seien Strache und FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl dann zur Landesparteisitzung gekommen. "Wie Strache aber gemerkt hat, dass er keine Mehrheit im Landesparteivorstand kriegt, hat er begonnen zu schreien. Das war ja alles kabarettreif, der Kickl ist die ganze Zeit hinter ihm gestanden, und er hat uns dann alle wegen Gefahr im Verzug rausgehaut", erzählt Schnell im KURIER-Gespräch. "Es war unglaublich und völlig undemokratisch, was da passiert ist."

Keine Polit-Pension

Eigentlich wollte Schnell nach dieser Legislaturperiode aufhören. Daraus wird jetzt nichts. Denn nun will er eine Partei gründen, und mit dieser bei allen Wahlen antreten, auch bei der Nationalratswahl. "Ich wurde schon von vielen Freunden angerufen, aus Ober- und Niederösterreich, auch aus Tirol, wo der Strache ja vor ein paar Monaten hundert Funktionäre ebenfalls ausgeschlossen hat. Die sagen mir, endlich ist einer da, der Charlie Schnell, der dem Strache Paroli bietet."

Rückkehr

Parteiname sei derzeit "Freiheitliche Partei Salzburgs", doch daran würden die Juristen noch feilen. "Wir alle sind Freiheitliche und wollen das auch bleiben. Und ich betone: Sollten wieder demokratische Strukturen in unserer Mutterpartei, der Bundes-FPÖ, einkehren, werden wir sofort wieder zurück gehen. Das ist kein Problem."

Aber eben nicht mit Strache, den Schnell nur mehr den "Diktator" nennt, oder mit Kickl, der für Schnell Straches "Cerberus" (der Höllenhund der griechischen Mythologie) ist.

Schnell hätte übrigens schon einmal abgesetzt werden sollen, 1998. Für die damals Beteiligten geriet der Sturz Karl Schnells zum eigenen Waterloo. Denn Schnell (der seinen Sohn Jörg genannt hat) und seine Familie drückten umgehend beim damaligen Chef Jörg Haider auf die Tränendrüse, Schnells Frau soll bei ihm geklagt haben, dass sich Schnell die Entmachtung so zu Herzen nehme, dass man nichts ausschließen konnte.

Strache gewinnt im Urlaub

Heute findet es Schnell besonders "schade", dass alles jetzt passiert. "Wir Freiheitliche wären auf einem guten Weg, und dann haben diese Führungspersönlichkeiten das Problem, mit diesem Erfolg nicht umgehen zu können." Sollte das die Zukunft der FPÖ sein, werde der Erfolg nicht von Dauer sein, glaubt Schnell. "Ein Politologe sagte kürzlich, der Strache gewinnt, wenn er auf Ibiza Urlaub macht. Dann macht er nix falsch, SPÖ und ÖVP können wieder ihre Fehler machen und die FPÖ profitiert davon. Aber das liegt nicht an der Person Strache."

Für Schnell wäre es "schrecklich", wenn "so einer wie Strache" in wichtige Positionen gewählt wird, "Bürgermeister oder Vizekanzler. Da ist mit der Häupl lieber, der hin und wieder ein Achterl trinkt, als einer, der die Demokratie mit Füßen tritt."

Saalbach-Hinterglemm gegen Wien-Erdberg – dieses Match könnte als Gradmesser für blaue Brutalität bald Simmering gegen Kapfenberg ablösen. Karl Schnell, Arzt und Hotelier in Saalbach und bis gestern Salzburger FPÖ-Chef, nennt Strache einen "Diktator". Wenn er ein Filmdokument über den missglückten "massiven Putsch" hätte, so Schnell, "dann würde Strache keiner mehr wählen, nicht einmal sein eigener Goldfisch." Dieser kontert: "Gestern war der letzte Tag einer selbstherrlichen Parteispitze, eines Art Karl-Schnell-Anbetungsvereins." Straches Widersacher hat Erfahrung mit politischen Hinrichtungskommandos. Als Haider einst Susanne Riess-Passer schickte, um ihn zu stürzen, blieb dieser nur die schlechte Nachrede: "Königskobra". Den jüngsten Entmachtungsversuch durch die FPÖ-Spitze kontert der eigenwillige Salzburger mit einer Gegenattacke. Er will blaue Strache-Opfer von Tirol bis NÖ sammeln und auch bundesweit zur Wahl antreten. Schnell ist außerhalb Salzburgs wohl genauso wenig eine große Nummer wie Strache ein Ausnahmetalent vom Schlag Haiders.

Der Infight, Blau gegen Stahlblau, reicht aber, um Straches Aufbruchstimmung zu versauen. Die FPÖ feierte erst gestern die lange gewünschte, aber widerborstige Fusion des rechtsrechten Lagers von Marine Le Pen bis Gert Wilders zu einer EU-Fraktion. Das bringt mehr Redezeit und Geld, aber vor allem eines: Die FPÖ wird auch in Brüssel sesshafter und sichtbarer. Die Spaltungsoffensive made in Salzburg konterkariert die Pläne, auch zu Hause mehr in die Breite zu gehen. Schnells nachhaltige Gegenwehr offenbart für Strache zur Unzeit: In der FPÖ regiert nach wie vor das Führerprinzip. Widerspruch wird auch in den eigenen Reihen nicht geduldet. Wer aufbegehrt, muss mit einem nächtlichen Rollkommando und politischer Hinrichtung rechnen – und das ohne jeden Prozess.

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