Kardinal Schönborn zieht sich zurück
Die am Donnerstag zu Ende gegangene Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz dürfte die letzte unter dem Vorsitz von Kardinal Christoph Schönborn gewesen sein. Wie im Umfeld der Bischofskonferenz zu hören ist, will Schönborn im März den Vorsitz dieses Gremiums zurücklegen.
Dies unabhängig davon, wie der Vatikan in Sachen Rücktritt Schönborns als Erzbischof von Wien entscheidet: Am 22. Jänner 2020 vollendet der Kardinal sein 75. Lebensjahr – in der katholischen Kirche müssen Bischöfe zu diesem Zeitpunkt dem Papst ihren Rücktritt anbieten.
"Habe Ihren Brief gelesen"
Schönborn hat dies bereits persönlich im Rahmen der Amazonien-Synode (6.–27. 10.) in Rom getan, an der er als einer von nur fünf europäischen Bischöfen teilnehmen durfte. Er habe dem Papst das entsprechende Schreiben persönlich überreicht, dieser habe ihm am nächsten Tag nur gesagt: „Ich habe Ihren Brief gelesen.“ Dies erzählte Schönborn am Freitag in seiner Pressekonferenz zur Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz.
Wann der Papst ein solches Rücktrittsgesuch annimmt, ist alleine seine Entscheidung. Meistens dauert es noch zumindest ein, zwei Jahre, bis Rom einen neuen Bischof ernennt. Schönborn erinnerte bei der Pressekonferenz aber auch an seinen Vorvorgänger, Kardinal Franz König (1905–2004), der bis zu seinem 80. Lebensjahr von Johannes Paul II. an der Spitze der Erzdiözese belassen wurde.
Ausdrücklich erklärte Schönborn jedenfalls, er habe sein Rücktrittsgesuch „nicht pro forma“ eingereicht. Was sich wohl so interpretieren lässt, dass es dem Kardinal nicht unrecht wäre, die Verantwortung eher früher als später übergeben zu können. Auch der Zeitpunkt der Übergabe – rund drei Monate vor dem Stichtag – deutet darauf hin.
Nachfolgespekulationen
Wer Schönborn als Erzbischof von Wien nachfolgen könnte, lässt sich nur spekulativ beantworten. Genannt wird immer wieder der Bischof von Innsbruck, Hermann Glettler. Dass dieser von Schönborn sehr geschätzt wird, ist bekannt; Glettlers Zugehörigkeit zur charismatischen Erneuerungsbewegung Emmanuel, die sich des Wohlwollens des Kardinals erfreut, ist ein Aspekt der gemeinsamen Wellenlänge.
Als ambitioniert gilt auch der Eisenstädter Hirte Ägidius Zsifkovics, er ist mit den Wiener Verhältnissen als ehemaliger Generalsekretär der Bischofskonferenz gut vertraut. Ein Name, der seit Jahren bei allen zu besetzenden Bischofsstühlen immer wieder kursiert, ist auch jener des Heiligenkreuzer Zisterzienserpaters Karl Wallner, derzeit Direktor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich.
Dass der Nachfolger Schönborns auch Purpur tragen wird, ist übrigens nicht ausgemacht: Papst Franziskus hat bereits mehrere traditionell mit der Kardinalswürde verbundene Bischofssitze bei Kardinalsernennungen übergangen – zugunsten von Bischöfen, mit deren Aufwertung der Papst bestimmte Signale setzen wollte.
Hermann Glettler
Bischof von Innsbruck
Ägidius Zsifkovics
Bischof von Eisenstadt
Karl Wallner
Direktor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich
Auch der Vorsitz der Bischofskonferenz liegt nicht zwangsläufig beim Wiener Erzbischof: Seit 1945 hatten der damalige Salzburger Erzbischof Karl Berg (Vorsitz 1985–1989) und der Grazer Bischof Johann Weber (1995–1998) diese Funktion inne.
Wenn Schönborn nun diese Funktion im kommenden Frühjahr abgibt, so hat er ein Vorschlagsrecht für seinen Nachfolger. Ob dieser dann auch später nach Wien wechselt und gar Kardinal wird, steht, wie gesagt, in den Sternen.
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