Kardinal Schönborn lobt Kickl: "Weiß, dass ich mich damit nicht beliebt mache"
Nach knapp 30 Jahren endet im Jänner die Amtszeit von Kardinal Christoph Schönborn als Erzbischof von Wien. Wie berichtet, wird Papst Franziskus voraussichtlich Ende Jänner, also rund um den 80. Geburtstag des Kardinals, dessen Rücktrittsgesuch annehmen.
Am ersten Adventsonntag zieht Schönborn im Rahmen der ORF-Pressestunde Bilanz über seine lange Amtszeit. Nach derzeitigem Stand sind keine weiteren größeren Interviews zu seinem Abschied geplant.
Schönborn wurde 1995 Erzbischof, als die Kirche in Österreich gerade von den schweren Missbrauchsvorwürfen gegen seinen Vorgänger Hans Hermann Groër erschüttert wurde, der sich aufgrund dessen aus seinen Ämtern zurückziehen musste.
Schönborn blickt zurück
„Die ersten zehn Jahre als Erzbischof musste ich ordentlich kämpfen“, blickt Schönborn in der Pressestunde zurück. „Die Kirche in Österreich und deren Bischöfe waren zerstritten, das Verhältnis zu Rom war belastet. Ich habe versucht, Brücken zu bauen.“
Brückenbauer, das wolle er über seine Amtszeit hinaus bleiben, betont der Kardinal. Ganz im Sinne seines Vorbildes und Vorvorgängers Kardinal Franz König, dem es in den 70er-Jahren gelungen sei, die Gräben zwischen Rot und Schwarz zu überwinden.
Frauenfrage
Zurückhaltend gibt sich Schönborn beim Thema Frauen in kirchlichen Weiheämtern. Entgegen der Hoffnung vieler erfolgte dazu bei der jüngsten Weltsynode keine Klärung. „Eine Änderung kann nur ein ökumenisches Konzil beschließen“, betont der Kardinal und stellt die Frage in den Raum: „Sind wir im Jahr 2024 so viel gescheiter als eine 2.000 Jahre alte Tradition? Es kann sein.“ Die Frage sei, ob dies wirklich der Wille Gottes sei. Schönborn bezweifelt, dass es bald zu einer Entscheidung kommen werde. „Das Thema bleibt aber auf dem Tisch.“
Nicht anschließen will sich Schönborn der Kritik an der FPÖ, die auch für ihre jüngsten Wahlkampfslogans Anleihe im Christentum („Euer Wille geschehe“) genommen hatte. „Ich will als Bischof nicht der Belehrer Nation sein“, betont er – und findet lobende Worte für FPÖ-Chef Herbert Kickl: „Ich weiß, dass ich mich damit nicht beliebt mache: Aber als ich ihn in seiner Zeit als Innenminister um eine menschliche Lösung für Migranten aus dem Iran gebeten habe, haben sie alle Asylstatus bekommen.“ Und weiter: „Es ist wichtig, dass wir einander nicht verteufeln.“
Beim Thema Migration ruft Schönborn zu mehr Sachlichkeit auf. Österreich benötige Zuwanderung, um Stellen in der Gastronomie bis hin zur Pflege besetzen zu können. Das Flüchtlingsproblem müsse europaweit behandelt werden.
Islam
Gleichzeitig müsse gegenüber Zuwanderern klargestellt werden, dass sie sich an Grundwerte der Demokratie halten und zu Österreich bekennen müssen. „Das islamische Konzept von Identität, von Staat und Religion ist für uns in dieser Form nicht mehr akzeptabel“, betont Schönborn.
Herkunft
Als Spross einer alten Adelsfamilie wird Christoph Schönborn am 22. Jänner 1945 in Vlastislav (heute Tschechien) geboren. Nach der Matura tritt er in den Dominikanerorden ein und wird 1970 in Wien zum Priester geweiht
Karriere
Beginnend mit einer außerordentlichen Professur für Dogmatik in Fribourg (CH) schlägt Schönborn ab 1975 eine universitäre Laufbahn ein
Bischof
1991 erfolgt die Bischofsweihe. Im Zuge der Affäre Groër steigt er 1995 zum Wiener Erzbischof auf. Wenig später wird er zum Kardinal erhoben. 1998 wird Schönborn Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferenz
Muslime müssten sich in Österreich dazu bekennen, dass sie in erster Linie Bürger dieses Landes seien und dass sie hier ihre Religion frei ausüben könnten – „aber im Respekt auch der anderen Religionen“. Auch die katholische Kirche habe dies in der Geschichte erst lernen müssen. Mit der Trennung von Religion und Politik seien schließlich auch zivile Freiheiten wie die Religions-, Gewissens- und Versammlungsfreiheit verbunden.
Skeptisch blickt der Kardinal einem drohenden Sparpaket entgegen, das auch mit Einschnitten im Sozialsystem einhergehen könnte: „Schauen wir auf die USA: Der Abbau der Sozialleistungen hat dort letztlich dem Staat viel mehr Geld gekostet als ein gesunder Sozialstaat. Die Warnung, hier den Sparstift anzusetzen, kann man also mit gutem Recht anbringen.“
Kommentare