Kann eine Dinner-Einladung einen Politiker den Job kosten?

Kann eine Dinner-Einladung einen Politiker den Job kosten?
Fragwürdig: Geschenke, Essenseinladungen, Ballbesuche – was Politiker in Zukunft ins Kriminal bringen könnte und was nicht.

Anfüttern“ und „Diversion“ – diese zwei Begriffe stehen in der Diskussion über die Bekämpfung von Korruption derzeit im Fokus. Was hat es mit der Diversion auf sich? Und was soll Politikern künftig erlaubt, was verboten sein? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.

Justizministerin Beatrix Karl wollte Diversion bei Korruptionsfällen ermöglichen. Was hätte das konkret bedeutet?

Statt eines Strafverfahrens sollte es möglich sein, „minder schwere Korruptionsfälle“ durch einen außergerichtlichen Tatausgleich zu lösen. Der Beschuldigte sollte eine Geldbuße zahlen, etwaige Opfer entschädigen und einen allfälligen Gewinn aus der Straftat an den Staat abliefern – wäre aber straffrei geblieben. Ein Beispiel: Müllmänner nehmen regelmäßig mehr Mist mit als erlaubt (eine Tonne plus Müll, der daneben liegt) und kassieren von Hausbewohnern jedes Mal 20 Euro. Ein solcher Fall hätte laut Karl durch Diversion gelöst werden können. Die Staatsanwälte wären von kleinen Fällen befreit worden. Der Plan war aber umstritten und wurde verworfen.

Was ist Anfüttern?

„Bei Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit besteht ein direkter Zusammenhang zwischen einer Zuwendung und einer konkreten Amtshandlung. Beim Anfüttern ist dieser Zusammenhang nicht gegeben“, erklärt Anti-Korruptionsexperte Franz Fiedler. Beim Anfüttern geht es also darum, einem Amtsträger etwas zukommen zu lassen, „um ihn sich für die Zukunft geneigt zu machen“. Wenn ein Bauunternehmer etwa dem Bürgermeister (Baubehörde 1. Instanz) ein paar Flaschen Wein schenkt, ihn ein paar Tage später zum Essen einlädt usw., dann wäre das klassisches Anfüttern. Einen billigen Kuli dürfen sich Politiker hingegen schenken lassen, und auch die Einladung auf eine Melange ist legitim.

Dürfen Politiker sich künftig zum Essen einladen lassen?

Das kommt darauf an. Experten sind sich einig: Der Fall Gusenbauer soll künftig strafbar sein. Zur Erinnerung: 2007 hat der damalige Kanzler gemeinsam mit einem Telekom-Vorstand auf Kosten eines Telekom-Beraters (um 1500 Euro) in einem Haubenlokal gespeist. Ein Bürgermeister darf hingegen bei einem Fest weiter ein Schnitzel und einen Schnaps auf Veranstalterkosten konsumieren. „Aber jede Woche darf sich der Bürgermeister nicht beim Dorfwirt auf ein Schnitzel einladen lassen“, sagt ein Insider. Im diplomatischen Bereich sind Essenseinladungen weiter möglich. Und wenn Politiker internationale Konferenzen besuchen, werden sie sich auch am Buffet laben dürfen.

Karl-Heinz Grasser ließ sich einst Designer-Anzüge sponsern. Ist das künftig strafbar?
Er wolle den Konsum ankurbeln. So argumentierte KHG anno 2001 seinen Auftritt bei der Eröffnung eines Tommy-Hilfiger-Stores in Wien. Der damalige FPÖ-Finanzminister soll Anzüge gratis oder zumindest günstiger bekommen haben. Der Shop-Manager sprach von einem Warenwert von 30.000 Schilling (knapp 2300 Euro). Experten sind geteilter Meinung, ob das künftig strafbar ist.

Dürfen sich Politiker zum Opernball oder zu Sportveranstaltungen einladen lassen?
Der Bundespräsident und die Regierung dürfen auch in Zukunft gratis auf den Opernball gehen. Der Ball steht unter dem Ehrenschutz des Präsidenten, die Regierung bildet das Ehrenpräsidium. Auch Einladungen von Veranstaltern zuSportevents (z. B. Schladminger Nachtslalom oder Hahnenkamm-Rennen) werden Spitzenpolitiker weiterhin annehmen dürfen. In den genannten Fällen geht es um Repräsentationszwecke.

Gibt es Länder, die als Vorbild bei der Bekämpfung des Anfütterns dienen?
„In allen Ländern gibt es Schwachstellen, aber relativ strenge Regeln, was das Anfüttern im öffentlichen Dienst betrifft, gibt es zum Beispiel in Großbritannien. Dort darf man fast gar nichts mehr annehmen“, sagt Martin Kreutner, Leiter der Internationalen Anti-Korruptionsakademie in Laxenburg. „Ein Kugelschreiber um 20 Euro mit eingraviertem Namen“ wäre demnach schon zu viel.

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