Kammern: Strolz ortet Einknicken der Blauen

NEOS-Klubobmann Matthias Strolz.
Der NEOS-Chef drängt weiter auf ein Ende der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern.

Die NEOS drängen weiter auf eine Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dürfe bei diesem Thema nicht vor der ÖVP in die Knie gehen, sagte NEOS-Chef Matthias Strolz am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". In Sachen direkter Demokratie ließ er Sympathien für das ÖVP-Modell durchschimmern.

Er wolle, dass die Sozialpartnerschaft "im 21. Jahrhundert ankommt", begründete Strolz seinen bereits seit langem anhaltenden Ruf nach dem Pflichtmitgliedschafts-Aus. "Weg mit dem Zwang, her mit neuer, frischer Kammerlandschaft." Zwar attestierte er den Kammern, dass sie "in manchen Teilbereichen gute Arbeit" machen - etwa bei Rechts- oder Gründerberatung. Allerdings wäre es auch schlimm, wenn das bei einem "Budget von weit jenseits von einer Milliarde Euro" nicht so wäre, merkte Strolz an.

Sein Geld verwetten würde der Parteichef aber nicht darauf, dass eine mögliche schwarz-blaue Regierung seine Wünsche tatsächlich umsetzt: "Nach allem was ich leider beobachten muss, würde ich mein Geld nicht wetten. Weil die FPÖ hier ihre Wahlversprechen offenbar bricht", ortet er ein Einknicken der Blauen. "Wenn die FPÖ hier in die Knie geht, ist eines klar: Dass die FPÖ nichts anderes will, als an die Futtertröge zur Macht zu kommen."

Zu viele Rauchertote

Bei dem ab 1. Mail geltenden generellen Rauchverbot in der Gastronomie ist Strolz gegen ein von der FPÖ gewünschtes Kippen der bereits fixierten Regelung. Hier gehe es um die Abwägung der Frage zwischen Freiheit und Gesundheit, sagte er. Immerhin würden 15.000 Menschen pro Jahr durch Zigarettenkonsum in Österreich sterben.

Bei einem weiteren heiklen Thema der Koalitionsverhandler von ÖVP und FPÖ, der direkten Demokratie, ließ Strolz Sympathien für das ÖVP-Modell durchschimmern. Die NEOS seien klar für eine Stärkung direktdemokratischer Instrumente, sagte Strolz. Er nannte eine (wie auch von der ÖVP gewünschte) Hürde von zehn Prozent der Wahlberechtigten, ab der ein solcherart unterstütztes Volksbegehren auch einer verpflichtenden Volksabstimmung unterzogen werden muss.

Einschränkungen bei direkter Demokratie

Allerdings beharrt Strolz auf Einschränkungen: So sollten Minderheitenrechte, Grundrechte (wie die Todesstrafe) und völkerrechtliche Verträge von derartigen Abstimmungen ausgeschlossen werden. Eine Abstimmung über einen EU-Ausstieg sollte nur seitens des Parlaments eingeleitet werden können, so Strolz. Außerdem will er eine einjährige "Cooling Off"-Phase zwischen Volksbegehren und darauffolgender Volksabstimmung. Darüber hinaus sollte das Instrument stufenweise - zuerst auf Gemeinde, dann auf Landes- und erst am Schluss auf Bundesebene eingeführt werden.

Strolz kritisiert Koalitionsverhandlungen

Gegen die geplante Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger regt sich noch bevor die künftige Regierung Details bekannt gegeben hat Widerstand. Die NEOS wollen ÖVP und FPÖ hier auf die Sprünge helfen und legen einen detaillierten Reformplan für die Sozialversicherungsträger vor.

Österreich verfügt über 21 Träger für Pensions-, Unfall und Krankenversicherung. Für alle drei Sparten zuständig sind nur die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) und die Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau (VAEB). Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) deckt die Pensions- und Krankenvorsorge ab, die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) die Kranken- und Unfallversicherung. Die neun Gebiets- und die fünf Betriebskrankenkassen sind für die Krankenversicherung zuständig, für die beiden anderen Sparten die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) und die Pensionsversicherungsanstalt (PVA). Als Spezialfall haben die Notare noch eine eigene Pensionsversicherung.

Daneben gibt es noch 15 Krankenfürsorge- und/oder Unfallfürsorgeanstalten. Diese Fürsorgeanstalten sind für Landes-und Gemeindebedienstete zuständig, sie gehören nicht dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger an. Allein in Oberösterreich gibt es sechs solche Fürsorgeanstalten - u.a. für die Beamten der Landeshauptstadt Linz, für die oberösterreichischen Lehrer, für die Beamten des Magistrates Steyr und für die Beamten der Stadt Wels.

Loacker sieht Wildwuchs

"Diese Struktur ist für ein Land mit etwas mehr als acht Millionen Einwohnern äußert unübersichtlich und zersplittert", sagte NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker. Dieser "Wildwuchs" führe zu ineffizienten Strukturen und unterschiedlichen Leistungen für die Versicherten. Die NEOS haben nun einen Stufenplan für eine Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger ausgearbeitet. Als erstes soll es ab 2018 einen personellen Aufnahmestopp bei allen Trägern geben.

Eine Zusammenlegung der Trägerstruktur soll für den 1.1.2023 angepeilt werden. Es soll demnach nur noch einen gemeinsamen Krankenversicherungsträger mit Landesstellen in allen Bundesländern geben. Die Bundesländerbüros sollen regionale Bedarfsplanung und Koordination übernehmen. Wichtig ist den NEOS ein gemeinsamer Ausgleichsfonds mit allen Krankenversicherungsträgern, so lange noch alle Krankenkassen organisatorisch vorhanden sind. Dieser sorgt dafür, dass alle Kassen die gleichen Leistungen für alle Versicherten bereitstellen können. Derzeit sind die Kassen finanziell unterschiedlich aufgestellt, weil zum Beispiel in Kärnten und dem Burgenland die wirtschaftliche Lage schlechte ist als in Vorarlberg. Bei den Beamten wiederum gebe es keine Arbeitslosen und keine Konkurse, die die Einnahmen schmälern. Die Beamtenkasse zahlt überhaupt nicht in den Ausgleichsfonds, dieser erfasst derzeit nur die neun Gebietskrankenkassen.

Einheitlicher Leistungskatalog

Im Vorfeld einer endgültigen Zusammenlegung müssen weiters die Verträge mit Vertragspartnern, insbesondere mit Ärzten neu aufgesetzt werden. Gleichzeitig soll ein gemeinsamer Leistungskatalog geschaffen werden. Derzeit zahlen die Kassen unterschiedliche Honorare an die Ärzte und bieten ihren Versicherten unterschiedliche Leistungen.

Zusammengelegt werden sollen auch die vier Pensionsversicherungsträger (PVA, Eisenbahner, Bauern und SVA). Auch das Parallelsystem der Beamten, deren Pensionen derzeit direkt vom Bund bezahlt werden, soll durch die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsträger der Geschichte angehören. Beamte sollen rascher (derzeit vorgesehen ab 2028, Anm.) unter die Regelungen des Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG) fallen und damit das Pensionskonto wie für ASVG-Versicherte auch für Beamte ab Jahrgang 1955 schrittweise eingeführt werden.

Auflösung der Unfallversicherungen

Die Unfallversicherungsträger sollen laut den pinken Plänen im Zuge der Fusionierungen aufgelöst werden und durch eine private Versicherungspflicht für Arbeitgeber ersetzt werden. Dadurch entfällt mittelfristig der Unfallversicherungsbeitrag von 1,3 Prozent und kann durch eine wesentlich kostengünstigere Alternative ersetzt werden.

"Sollte die Regierung außerstande sein, die Zusammenlegung der Versicherungsträger sofort in die Wege zu leiten, verlangt wir die freie Wahl des Versicherungsträgers", sagte Loacker. Um sicherzustellen, dass alle Bürger von der Krankenversicherung erfasst sind, soll ein Kontrahierungszwang für die Kassen gelten. Damit hat der Bürger ein Recht auf eine Krankenversicherung. Versicherungsträger, die sich um Kunden bemühen müssen, bieten besseres Service als Versicherungen, die einfach nur "zuständig" sind, so Loacker.

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