Kärnten soll alle faulen Hypo-Kredite übernehmen

Ernste Stimmung bei Krisengipfel in Wien: Landeshauptmann Peter Kaiser.
Die Regierung pocht auf eine "Paketlösung". Erst dann gibt es auch frisches Geld fürs Landesbudget.

Vor dem Bundeskanzleramt kursierten böse Witze: „Die sieben Kärntner Landesräte kommen allesamt mit Dienstauto und Chauffeur. Ob sie nach der Krisensitzung noch das Geld für die Tankrechnung haben werden?“ Witze wie diese sind zwar kaum angebracht, aber sie signalisieren den Ernst der Lage. Denn das gab es noch nie: Eine Landesregierung pilgert geschlossen als Bittsteller ins Bundeskanzleramt nach Wien. „Ich habe einen Eid auf Kärnten geschworen, um dieses Land zu beschützen“, meinte Landesrat Rolf Holub (Grüne) vor der Krisensitzung. „Ich werde heute nichts zustimmen.

Zuerst möchte ich schriftliche Vorschläge sehen.“ Wie dramatisch die Lage ist, demonstrierte auch das Verhandlungsteam der Regierung. Neben Kanzler Werner Faymann (er verließ die Sitzung früher in Richtung EU-Rat in Brüssel), Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Finanzminister Hans Jörg Schelling saßen auch noch Justizminister Wolfgang Brandstetter und Regierungskoordinator Josef Ostermayer mit am Verhandlungstisch.

HETA-Lösung gesucht

Zwei Stunden später war die Krisensitzung zu Ende. Über die in Kärnten benötigten 343 Millionen wurde nur kurz gesprochen. Der Bund signalisierte, die Gelder flüssig zu machen. Landeshauptmann Peter Kaiser gab sich nach dem Termin optimistisch: „Wir sind einen guten Schritt weitergekommen.“ Am Montag verhandeln die Landesräte Gaby Schaunig (SPÖ) und Christian Ragger (FPÖ) mit dem Finanzministerium weiter. Doch die signalisierte Bereitschaft des Bundes hat aus Kärntner Sicht einen Haken. Denn die entscheidende Frage bei der Krisensitzung war: Wie geht man mit den alten Hypo-Haftungen (heute HETA) um? Bis Mai 2016, da läuft das Moratorium aus, muss eine Lösung gefunden werden. Und hier kommt Kärnten ins Spiel. Das Land soll dem Bund und somit Finanzminister Schelling die HETA-Kredite abnehmen und die Gläubiger bedienen – sprich die Anleihen aufkaufen.

Bedingung ist: Erst wenn Kärnten die Altlasten übernimmt, gibt es frisches Geld vom Bund. Damit würde man langwierigen Klagen der Gläubiger entgehen. Wenn Kärnten den Gläubigern einen Schuldenschnitt von 50 Prozent anbietet, bedeutet das ein Plus von etwa vier bis fünf Milliarden an Schulden. Kärnten hat aber jetzt schon Schulden von rund drei Milliarden. Macht am Ende bis zu acht Milliarden. „Das Thema HETA-Moratorium überstrahlt immer alles. Kärnten ist ja für ganz Europa ein Präzedenzfall. Ich muss jetzt einmal nachdenken“, so Landesrat Holub nach der Sitzung, der über Details keine Auskunft geben wollte. „Die Lage bleibt sehr ernst“, sagte auch Landesrat Köfer (Team Stronach).

Kärnten soll alle faulen Hypo-Kredite übernehmen

Um die Zukunft Kärntens ging es am Donnerstag bei den Finanzverhandlungen zwischen der Kärntner Landesregierung und der Spitze der Bundesregierung . Die Gegenwart im südlichsten Bundesland ist weiterhin besorgniserregend, nachdem ein Konsens mit Wien auf sich warten lässt. Das Land liegt aufgrund der zurückgestuften Bonität und dem damit verbundenen Zahlungsstopp für Ermessensausgaben weiter auf Eis.

Wie angespannt die Lage ist, zeigte sich am Donnerstag im Zusammenhang mit der Gailtalbrücke in Federaun: Eine Routineüberprüfung ergab, dass sich der Zustand der Brücke drastisch verschlechtert hat. Straßenbaureferent Gerhard Köfer (Team Stronach) beschloss im Interesse der Sicherheit, den Verkehr nur noch einspurig zuzulassen, eine Ampelanlage wurde installiert. Die Sanierung dieses Bauwerks fiel dem Zahlungsstopp des Landes zum Opfer. "Der Neubau wäre schon lange im Gange, wenn sich die Finanzierung nicht aufgrund der angespannten Lage verzögert hätte", betont Köfer. Die Behelfsbrücke wurde zwar am Mittwoch feierlich eröffnet, ist aber keineswegs fertiggestellt, wie das aktuelle Bild beweist.

Zahlreiche weitere Vorhaben, die Köfer auf die lange Bank schieben musste, sorgen in der Bauwirtschaft für Sorgenfalten. Sollte sich die Situation nicht bald entschärfen und Mittel freigegeben werden können, sind Kündigungen in der Baubranche die logische Konsequenz.

"Existenzbedrohend", ist das Schlagwort, das man in diesem Zusammenhang oft hört. Und es fiel dieser Tage auch bei einer Mitgliederversammlung der IG KIKK (Interessensgemeinschaft der Kulturinitiativen Kärnten/Koroska). Dabei stellte sich heraus, dass ein Großteil der Initiativen bisher keine finanzielle Zusagen für ihre Projekte vom Land erhalten haben. "Derzeit kann ich nicht einmal 100 Euro rausgeben", sagte der zuständige Landesrat Christian Benger (ÖVP). Selbiges gilt für die Kärntner Sportvereine. Da sind dem entsprechenden Referenten Peter Kaiser ebenfalls die Hände gebunden. Bei Gaby Schaunig (SPÖ) stehen 50 baureife Wohneinheiten in der Warteschleife.

Auch in Sachen HCB ist der Geldfluss ins Stocken geraten. Wie berichtet, wurden zwar Hilfszahlungen und Beprobungen beschlossen. Aus welchen Ressorts man noch Mittel lukrieren kann, bleibt hingegen offen.

Der Sparstift sorgte sogar dafür, dass ein Kärntner Vorzeige-Sozialprojekt ersatzlos gestrichen wurde: Das Babygeld, 2006 von Jörg Haider in der Höhe von 800 Euro pro Kind eingeführt und später auf 500 Euro pro Baby nach unten "korrigiert", ist in einer Woche Geschichte

Gala abgesagt

Die Referenten sind sensibilisiert und achten penibel darauf, nicht in den Verdacht zu geraten, sinnlos Geld zu verprassen. So hat Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) die Pflegegala abgesagt. Kaiser richtete dem Sportpresseklub Kärnten aus, dass man beim Empfang zum 50-Jahr-Jubiläum keine Brötchen oder Getränke zur Verfügung stellen könne. Sekt für den Sportpresseklub und parallel dazu Subventionskürzungen bei den Vereinen würde natürlich eine schiefe Optik zur Folge haben.

Auch der "Medienlöwe", ein mit 1500 Euro dotierter Kärntner Medienpreis des Landes, wurde abgesagt. "Aus gegebenem Anlass", wie es einmal mehr heißt.

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