Kaiser gegen kalte Progression
Freitagabend in Klagenfurt. Landeshauptmann Peter Kaiser kommt gerade von einer Veranstaltung aus den Nockbergen. Wir treffen uns zum Interview im Landhaushof. Um 19.30 Uhr wartet der nächste Termin auf ihn, eine Buchpräsentation. Dazwischen geht sich ein Abstecher zum Public Viewing auf dem Neuen Platz aus. Italien müht sich gerade gegen Costa Rica. Italiener in azurblauen Dressen blicken gebannt auf das Spiel, Kärntner grüßen im vertrauten Ton "hallo, Peter".
Am 1. Juli wird der Kärntner Landeshauptmann seinen burgenländischen Kollegen Hans Niessl im Vorsitz in der Landeshauptleute-Konferenz ablösen. Die Steuerreform, von Niessl bereits heftig forciert, wird ganz oben auf der Agenda bleiben. Es müsse so schnell wie möglich eine Entlastung geben, auch wegen der lahmen Konjunktur, sagt Kaiser. "Hauptnutznießer werden die sein, die nicht in die Südsee reisen, sondern mit dem Geld Güter des täglichen Bedarfs finanzieren müssen, und somit den Inlandskonsum heben." Kaiser fordert, dass die kalten Progression mit dieser Steuerreform dauerhaft abgeschafft wird. "Eine Lohnerhöhung muss eine Lohnerhöhung sein, und darf nicht durch die Steuerprogression ins Gegenteil kippen. Die kalte Progression überhaupt zu verhindern, ist im Interesse eines fairen Ausgleichs. Das Lohnsteueraufkommen ist ja schon höher als die Konsumsteuern."
Hürden zu Medizinstudium senken
Beim Kapitel Gesundheit will sich Kaiser als Vorsitzender der Landeshauptleute dem Ärztemangel widmen. Die Zugangsbeschränkungen zum Medizin-Studium müssten gelockert werden, denn man werde mehr Ärzte ausbilden müssen. Kaiser: "Die EU-Arbeitszeitrichtlinie und die Verweiblichung der Medizin, die ja positiv ist, werden zu anderen Arbeitszeiten und einem höheren Bedarf an Ärzten führen."
Lehrer dorthin, wo’s billiger ist
Beim Kapitel Schule will Kaiser eine Lösung im Streit um die Verwaltung der Lehrer voran treiben. "Entscheidend ist, dass nach vielen Debatten eines klargestellt ist: Inhalte, Lehrpläne, pädagogische Ausbildung, Bildungsziele und die Grundstruktur des Bildungssystems sind Bundessache." Bei der Schulverwaltung solle man sich "durchrechnen, was effektiver und billiger ist: die gesamte Verwaltung beim Bund oder beim Land." Kaiser: "Das ist keine ideologische Frage. Man soll sich das ergebnisoffen ansehen und entscheiden."
Landesbeamte harmonisieren
Eine Voraussetzung für "alles bei den Ländern" wäre jedenfalls, dass es bundeseinheitliche Dienstrechte und Kollektivvertragsverhandlungen für die Lehrer gibt. Kaiser wünscht sich generell eine Harmonisierung bei den Beamten: "Von mir aus könnte es heuer die letzte Beamtenlohnrunde auf Landesebene geben. Es soll auf Bundesebene einheitlich für alle verhandelt werden."
"Nicht Fischers Meinung"
Zur allgemeinen Reform des Föderalismus sagt Kaiser: "Ich bin nicht der Meinung des Bundespräsidenten, die Bundesländer seien zu mächtig. Die Macht der Bundesländer ist nicht im föderalen System begründet, sondern darin, dass die Landespolitik näher an den Menschen ist und dadurch einen Vorteil hat, Probleme zu erkennen und politisch zu artikulieren." Man solle diese Sensibilität als Stärke betrachten, gleichzeitig aber auch deren Gefahr sehen. Würde man den Bundesländern die Steuerhoheit geben, könnte sich die Nähe der Landespolitik zu betroffenen Steuerzahlern als Bumerang erweisen, indem Politiker etwa zu einem Steuerdumping-Wettbewerb verleitet würden. Kaiser: "Bei manchen Dingen ist Distanz wichtig. Föderalismusreform bedeutet das Ausbalancieren von Nähe und Distanz."
Kaiser sagt, dass die Vertreter der Bundesländer in den letzten Jahren immer mehr zusammenwachsen. Diese Entwicklung habe zuletzt einen "solidarischen Beistand für Kärnten bewirkt". Kaiser: "Die anderen Bundesländer haben nicht gesagt: ,Es geht uns nichts an, was da unten passiert.‘" Insbesondere Hans Niessl habe geholfen, Kärnten vor einer Insolvenz zu bewahren. Auf Bundesebene sei Kanzler Werner Faymann ein wichtiger Fürsprecher gewesen.
Kärnten spart gewaltig
Der Landeshauptmann weiß, dass Kärnten nach dem Hypo-Desaster dem Rest von Österreich schuldig ist, seine Finanzen in Ordnung zu bringen und zu sparen. Die rot-schwarz-grüne Koalition macht das auch. Dem KURIER liegt ein internes Papier vor, wo die Beamten strukturelle Sparvorschläge in Höhe von 240 Millionen machen, und damit sogar die drastischen Vorgaben von Finanzchefin Gaby Schaunig übertreffen. Im Herbst werden die Sparvorschläge politisch bewertet und etwa die Hälfte davon werden umgesetzt. Bei den Schulen erarbeitet Kärnten ein Demografie-Konzept: Standorte, denen die Kinder ausgehen, laufen aus, dafür wird es regionale Bildungszentren mit Musikschulen, Sport und Hort geben. Kaiser: "Da muss man gewisse Dinge nur ein Mal bezahlen und kann trotzdem die Qualität für die Kinder steigern." Oder: Im Bezirk Hermagor geben die Gemeinden die Bauagenden an die Bezirkshauptmannschaft ab, man erprobt, eine Verwaltungsebene einzusparen.
Kommentare