Justizminister strikt gegen Zensurbehörde: "Da graut mir davor"

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Falschmeldungen im Internet und das Strafrecht passen für Brandstetter nicht zusammen. Entscheidend sei die kritische Distanz der Medienkonsumenten.

Die Debatte über bewusst verbreitete Falschmeldungen zu Propaganda- oder Wahlkampfzwecken im Internet ("Fake News") reißt nicht ab. Justizminister Wolfgang Brandstetter warnt im KURIER-Gespräch ausdrücklich davor, hier zur Strafrechtskeule zu greifen oder gar eine Behörde einzurichten, die darüber entscheidet, was wahr oder was falsch ist.

Justizminister strikt gegen Zensurbehörde: "Da graut mir davor"
ABD0020_20161125 - PUCH/URSTEIN - : Justizminister Wolfgang Brandstetter anl. der PK "Neue Kooperation: Bundesheer und Justizministerium arbeiten künftig im Sinne der Sicherheit eng zusammen", am Freitag, 25. November 2016, in Puch/Urstein bei Salzburg.. - FOTO: APA/BARBARA GINDL

Solche Vorschläge wurden zuletzt in Deutschland laut. Brandstetter sagt dazu: "Diese Debatte erinnert an das Wahrheitsministerium in ,1984‘ von George Orwell. Da graut mir davor."

Die Lüge ist überall

Von der Verleumdung bis zur Verhetzung, vom Cybermobbing bis zum Verbotsgesetz gebe es schon heute das entsprechende strafrechtliche Instrumentarium. "Das reicht", ist der Justizminister überzeugt. Und sagt: "Die Lüge allein, ohne sich dadurch einen illegalen Vorteil zu verschaffen, kann nicht strafbar sein. Denn die Lüge ist immer und überall."

Gegen "Fake News" sei vielmehr die Bewusstseinsbildung entscheidend, dass es gerade im Internet auf die kritische Distanz des Medienkonsumenten zum Berichteten ankomme. "Und welche Medien ich konsumiere", wirbt der Minister für Qualitätsjournalismus.

Brandstetter möchte trotzdem in einem noch nicht abgedeckten Bereich gesetzlich nachschärfen. Nämlich bei der absichtlichen und gezielten Behördentäuschung. Bei der Verwendung eines inhaltlich falschen Dokuments ist das ja heute schon strafbar ("Beweismittelfälschung").

Nicht weiter kommentieren wollte Brandstetter den neuesten Vorwurf von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der die Regierung als "Produzent von Fake News" beschimpft und ihr bzw. den österreichischen Medien relativ pauschal unterstellt, nun kritische Stimmen im Internet mundtot machen zu wollen. Dabei seien kritische Internet-Medien ein Segen, sagt Strache.

Ja, aber: Die deutsche Initiative "Hoaxmap", die nachweisliche Falschmeldungen zur Flüchtlingssituation sammelt, zählt bereits 436 Fakes, davon 41 aus Österreich. Etwa, dass Asylwerber Supermärkte von Hofer und Billa gestürmt hätten – ein Posting, das sich als falsch herausstellte, aber auch von Strache auf Facebook geteilt und von ihm erst gelöscht wurde, als die Handelsketten dementierten.

Laut Hoaxmap zählt die FPÖ zu jenen Parteien, die die meisten Falschnachrichten im Internet verbreiten. Mehr Gerüchte als die FPÖ verbreitete lediglich die deutsche AfD, dahinter landen CDU und NPD. Abseits von Parteien zählen einfache Facebook-Nutzer, Leserbriefschreiber, Boulevardmedien und rechte Webseiten zu den größten Verbreitern von Falschmeldungen.

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