Josef Moser: Der Reformer auf dem Abstellgleis

Josef Moser: Der Reformer auf dem Abstellgleis
Der Justizminister – einst Hoffnungsträger im Wahlkampf – hat intern mit seinem Rücktritt gedroht

Den Bilderbuch-Staatsbesuch in China samt 1,5 Milliarden-Euro-Deal und süßen Pandafotos will sich Sebastian Kurz nicht vermiesen lassen. In seiner bekannt höflich-lächelnden, aber bestimmten Art kommentiert der Bundeskanzler vor Ort die Rücktrittsgerüchte um Josef Moser eher einsilbig: Der Justizminister habe bereits alles klargestellt. Er, Kurz, sehe daher keinen Bedarf, einen offiziellen Kommentar abzugeben.

Würde Moser kurz nach den ersten 100 Tagen der türkis-blauen Regierung hinschmeißen, wäre das freilich eine ungemeine Blamage.Ob ihm das Lachen angesichts der Rücktrittsgerüchte seines Reformministers denn nicht vergangen sei?

Derlei negiert Kurz auf Nachfrage beharrlich – und sagt ausnehmend gelassen zum KURIER-Reporter: „Wenn das schon eine Krise sein soll, dann weiß ich nicht, was eine Krise ist.“

Ganz so gelassen nimmt der Kanzler die Entwicklungen in Wien dann offenbar doch nicht: Unmittelbar nach der Landung in Chengdu hängt er am Mobil-Telefon, um mit Wien zu telefonieren. Aus dem Justizministerium kommt wenig später das offizielle Dementi. Bis Kurz auf den Ballhausplatz zurückkehrt, liegt Moser im Spital – er hat sich bei einer Impfung offenbar einer Blutvergiftung zugezogen.

Doch was hat die Beinahe-Eskalation ausgelöst?

Am Dienstag tagte der Justizausschuss im Parlament. Bei der Vorbesprechung im ÖVP-Klub scheint Moser jene Drohung wiederholt zu haben, die er am 19. März im KURIER zum ersten Mal artikuliert hat: „Wenn es keine Reformen gibt, trete ich zurück.“

Der Ex-Rechnungshofpräsident ist kein Sesselkleber. Er bleibt nur im Amt, so lange Reformen passieren. Das scheint sein Glaubenssatz zu sein.

Einer der anwesenden Abgeordneten muss Mosers Drohung an den Boulevard kommuniziert haben, der daraus die Schlagzeile machte: „Der erste Minister steht vor dem Rücktritt“.

Offiziell bleibt Moser. Inoffiziell ist er freilich längst angezählt. „Mit Rücktritt drohen, wenn man ohnehin in einer schwachen Position steckt, ist der schlechteste politische Schachzug“, sagt ein ÖVP-Stratege.

Politik-Insider staunen außerdem, dass Moser, der von Kurz persönlich installiert wurde, von den hinteren Reihen torpediert wird. Normalerweise sind Entscheidungen des Kanzlers bei den Türkisen sakrosankt.

Video-Kommentar von Helmut Brandstätter

Kommentar: Helmut Brandstätter zur Rücktrittsdrohung von Josef Moser.

Erste Indiskretion

Neu ist der Widerstand gegen Moser nicht. Der bei der Nationalratswahl Drittgereihte der ÖVP-Bundesliste war ursprünglich als Finanzminister vorgesehen. Moser hatte aber in seiner Zeit als Rechnungshofpräsident sehr häufig den Föderalismus im Visier – sehr zum Missfallen der Landesfürsten. 

Nicht zuletzt deshalb erkannte Kurz relativ früh, dass sich Moser wohl eher nicht für den Posten als Finanzminister eignet.

Abgesehen vom Widerstand der Landeshauptleute komme bei Moser hinzu, dass er trotz seiner fachlichen Expertise kommunikative Schwächen aufweise, heißt es in der Regierung.

Doch Kurz wollte auf den promovierten Juristen nicht ganz verzichten – also holte er ihn ins Justizministerium und formte daraus ein neues Reformressort. Die Idee: Moser solle dort eine Staatsreform durchziehen – ohne Macht und Verwurzelung in der ÖVP. Eine denkbar schwere Mission.

Auch das gilt als Mosers Manko, dass er in der ÖVP eine Art Fremdkörper darstellt – nicht zuletzt deshalb, weil er unter Jörg Haider seinerzeit Klubdirektor der FPÖ war.

Angesichts der schweren Position versteht ÖVP-intern kaum jemand, warum sich Moser bei den Budgetverhandlungen taktisch so unklug verhielt: Zuerst drei Monate verhandeln, im Ministerrat dem Budget zustimmen – und dann nachverhandeln wollen: „Mosers Verhalten hat zu vielen Diskussionen im Klub geführt“, sagt ein ÖVP-Abgeordneter.

Hart bleibt auch Finanzminister Hartwig Löger. „Es gibt keine Nachverhandlungen“, richtet er seinem Ministerkollegen aus. Im Justizministerium wiederum spricht man davon, dass es eine neue Lösung gibt: Der Grundbedarf sei durch das Budget abgedeckt, Sonderausgaben für Digitalisierung und anderes sollen extra finanziert werden. Das Finanzministerium will das neue Modell nicht kommentieren. Also wohl auch nicht genehmigen.

Kommentare