Mikl-Leitner möchte noch länger bleiben: "Ich bin immer motiviert"

Die Gemeinderatswahlen in Niederösterreich bringen ihrer Partei ein Minus von 5,9 Prozent, der FPÖ ihr historisch bestes Ergebnis. Dennoch oder gerade deshalb ist ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zuversichtlich. Auch was ein Zustandekommen der FPÖ-ÖVP-Regierung im Bund betrifft. Seit 2017 ist sie die einzige Frau an der Spitze eines Bundeslandes, seit 2023 regiert sie gemeinsam mit FPÖ-Chef Udo Landbauer in Niederösterreich.
KURIER: Haben Sie vor einer Woche am Wahlabend durchgeatmet?
Johanna Mikl-Leitner: Ich habe mich für unsere Funktionärinnen und Funktionäre gefreut, weil das Ergebnis besser war als so mancher herbeigeschrieben hat. Es war ja immer wieder die Rede von einer blauen Welle oder sogar von einer roten Welle, aber unsere Gemeinderätinnen und Gemeinderäte haben dafür gesorgt, dass die Volkspartei Niederösterreich weiterhin der schwarze Fels in der Brandung ist. Sie können stolz auf sich sein.

Wenn man den Gerüchten glauben schenkt, dann hätte diese Wahl auch zu Ihrem Albtraum werden können. Es war auch von Rücktrittsaufforderungen die Rede. Sind diese Gerüchte nun verklungen und Sie für die ÖVP Niederösterreich wieder der „Fels in der Brandung“?
Schauen Sie: Gerüchte sind etwas für die Kanalisation. Ich arbeite aber über Tag und erfahre bei den Menschen die mir dabei begegnen nur Zuspruch. Ich konzentriere mich zu 100 Prozent auf die Zukunftsarbeit in Niederösterreich. Wir haben im vergangenen Jahr mit Experten einen Zukunftsplan „Mission Niederösterreich“ ausgearbeitet, der aus vielen, langfristigen Großprojekten besteht und diese will ich auch gern über 2028 hinaus umsetzen. Unter der Voraussetzung, dass die Gremien mir auch dann noch ihr Vertrauen aussprechen.
Das heißt, Sie sind nach den Gemeinderatswahlen motivierter denn je?
Ich bin immer motiviert!
Das Minus von 5,9 Prozent ist geringer ausgefallen als viele gedacht haben. Fühlen Sie sich seit Sonntag bestärkt in Ihrem Amt und Kurs?
Die Gemeindeparteien haben wirklich großartig gekämpft und großartige Erfolge eingefahren, auch wenn es natürlich auch einzelne durchwachsene Ergebnisse gibt. In Summe aber sind wir sehr zufrieden und ja: Das motiviert die Funktionäre und das motiviert auch mich!

Johanna Mikl-Leitner und Christian Stocker beim niederösterreichischen Bauernbundball im Jänner 2025
Sie haben mit Ihrem Stellvertreter, FPÖ-Chef Udo Landbauer, den „Aktionsplan gegen den radikalen Islam“ vorgestellt. Während ÖVP-Chef Christian Stocker in den FPÖ-Verhandlungen Wert darauf legt, dass es um zwei Parteien geht, die verhandeln, trägt die ÖVP-FPÖ-Landesarbeit für viele derzeit eine sehr blaue Handschrift.
Das ist schon ziemlich einfältig. Wenn man den Linken ständig nachredet, dass jede Maßnahme gegen Integrationsunwillige automatisch eine blaue Handschrift trägt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn die FPÖ ständig zulegt. Manche scheinen noch immer nicht zu begreifen, was die Bürgerinnen und Bürger beschäftigt undwas sie sorgt. Wir müssen nur nach Deutschland - die Messerattentate innach Solingen und Aschaffenburg. Oder bei uns der vereitelte Terroranschlag beim Taylor Swift-Konzert in Wien und der mutmaßliche Attentäter, der in Niederösterreich gelebt hat. Das macht mir als Politikerin und als Mutter Sorgen. Es gilt alles zu tun, um diesen Islamisten die Stirn zu bieten. Wir müssen klare Kante zeigen und darum ist unser Aktionsplan gegen den politischen Islam auch zu hundert Prozent richtig.
Ein Burka-Verbot mutet nach Populismus pur an. Wie viele Frauen soll das in Niederösterreich betreffen?
Das ist ja nur ein Punkt des Aktionsplans.
Und ich habe schon bei der Präsentation gesagt, dass es derzeit keinen Fall gibt, ich will aber auch, dass das so bleibt – und deshalb gibt es das Verbot. In unserer liberalen, offenen Gesellschaft hat so ein Symbol der Unterdrückung nichts verloren. Wir müssen aber viel früher ansetzen – und zwar schon im Kindergarten. Mir ist es wichtig, dass Pädagoginnen eine Handhabe gegen Eltern haben, die sich und ihre Kinder nicht integrieren wollen. Deshalb haben wir die Mitwirkungspflicht der Eltern ausgeweitet.
Die Pflicht heißt konkret?
Wenn es ein Integrationsproblem gibt und die Eltern ihre Mitwirkung an der Lösung des Problems nachhaltig bewusst verweigern, dann wird es Konsequenzen geben, nämlich bis zu 2.500 Euro Strafe. Wenn sich jemand nicht an unsere gemeinschaftlichen Prinzipien hält, dann zeigen wir auch hier klare Kante.

ÖVP-Chef Christian Stocker und FPÖ-Chef Herbert Kickl
Im Bund wird gerade über eine "Herdprämie“ diskutiert für Eltern, die ihre Kinder nicht im Kindergarten betreut wissen wollen, sondern zu Hause. Konterkariert das nicht Ihr Ansinnen gerade was Asylwerber-Familien betrifft?
Erstens: Dieses Modell ist in keiner Arbeitsgruppe diskutiert worden, soweit ich weiß. Zweitens: Ich halte es für wichtig, dass wir in Kindergärten und Schulen unsere Sprache, unsere Kultur und unsere Traditionen vermitteln. Der Kindergarten ist neben der Familie jener Ort, wo unser Kinder lernen, wie wir in unserer Gemeinschaft aufeinander schauen und miteinander umgehen.
Das heißt, Sie können der Intention und dem Mechanismus der "Herdprämie“, ob sie nun so oder anders heißt, nichts abgewinnen?
Nein.

Angela Merkel und Werner Faymann
CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat mit der AfD für eine generelle Zurückweisung aller Asylsuchenden an den deutschen Grenzen sowie eine dauerhafte Inhaftierung von Ausreisepflichtigen gestimmt. Damit sei die „Brandmauer“ der CDU zur AfD gefallen. Das missfällt Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Ex-Kanzler Sebastian Kurz hält das, „was Merz tut für richtig“. Hat Merz für Sie eine Grenze überschritten?
Ich will mich nicht in die deutsche Innenpolitik einmischen. Aber zur Kritik von Angela Merkel muss man schon so ehrlich sein und sagen, dass die Vereinbarung von Merkel und Werner Faymann am 4. September 2015 jene Probleme ausgelöst hat, die uns bis heute beschäftigen. Über Nacht wurden mit dieser Entscheidung die Schleusen für tausende Migranten aus Ungarn geöffnet. Dagegen wurde mein Vorstoß im Jahr 2014 alle Asylverfahren vor die Tore Europas zu verlagern auch von den Deutschen damals noch heftig kritisiert. Heute ist jedem klar, dass es ein „weiter so“ nicht geben kann, weil es zu einer Überforderung der Gesellschaft kommt. Das sieht man auch an den Vorkommnissen der vergangenen Monate. Die Radikalisierung einzelner ist eine Gefahr für die gesamte Gesellschaft und die Demokratie und das dürfen wir nicht zulassen.
Viele sehen eine Gefahr darin, dass die ÖVP nun mit der FPÖ eine gemeinsame Regierung verhandelt. Sie arbeiten bereits seit 2023 mit der FPÖ in der Landesregierung. Was kann als niederösterreichisches Vorbild für den Bund taugen? Der Corona-Entschädigungsfonds?
Für mich ist immer wichtig, was bei einer Zusammenarbeit für die Menschen herauskommt. Ich habe von Anfang an gesagt, dass es mir um zwei zentrale Themen geht: Die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und strikte Maßnahmen gegenüber integrationsunwilligen Familien. Gerade, was die Wirtschaft betrifft, erwarte ich mir von der kommenden Regierung einen industriepolitischen Masterplan. Seit Monaten machen Kleinbetriebe genauso wie die Industrie darauf aufmerksam, dass wir uns in einer äußerst kritischen Phase befinden.

„Äußerst kritisch“, weil?
Den Betrieben fehlt derzeit der Spielraum für Investitionen und vor allem für Neueinstellungen. Es fehlt eine Perspektive, wie es weitergeht. Deshalb brauchen wir deutliche Signale und konkrete belebende Maßnahmen – sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene. Ich habe bereits vor Monaten gesagt, dass wir in Europa Gefahr laufen, zu einem Museum zu werden und nur mehr stolz auf unsere Vergangenheit sein können.
Die Nationalratswahl liegt weit zurück. Sind die Teams von FPÖ und ÖVP bei den Verhandlungen gut in der Zeit oder müssten sie schneller sein?
Man hat bei den ersten Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos gesehen, dass eine Zusammenarbeit aufgrund des Retro-Sozialismus Andreas Bablers nicht möglich war. Jetzt verhandelt man eben in einer anderen Konstellation, weil in der Bevölkerung keiner Neuwahlen will. Ich erwarte mir, dass zeitnah ein Zukunftsplan vorgelegt wird.
Sie haben gerade gesagt, die Bevölkerung will keine Neuwahlen. Will Johanna Mikl-Leitner Neuwahlen?
Ich verstehe mich als Sprachrohr der Bevölkerung. Und wenn ich im Dialog mit den Menschen bin, dann höre ich, dass sie eine Regierung wollen, die arbeitet, und keine Wahlen. Wir haben die EU-Wahl gehabt, die Nationalratswahl, die Gemeinderatswahl. Die Menschen wollen eine Regierung, die an die Zukunft denkt und ein gutes Konzept vorlegt. Und diese Chance müssen wir den Verhandlern jetzt geben.
Also eine Einigung noch im Februar, vor der deutschen Bundestagswahl am 23.2.?
Wenn ein guter Plan noch ein paar Tage braucht, dann soll es mir recht sein.
Christian Stocker wird sich am 29.3. zum ÖVP-Chef wählen lassen. Mit welchem Votum rechnen Sie?
Ich kann nicht vorgreifen. Im Parteivorstand hat er 100 Prozent erhalten und er ist der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort, der die Weichen für die Zukunft stellen wird.
Kommentare