Mitglieder wählen SPÖ-Spitze neu: Wahlkampfregeln sollen offenen Streit verhindern
Nach drei Stunden öffnet sich die Tür zu den SPÖ-Klubräumen. Die Präsidiumssitzung ist zu Ende. An der Spitze der Präsidiumsmitglieder schreitet ein Paar den Gang im Parlament entlang in Richtung des nächsten Sitzungsraums: Pamela Rendi-Wagner voraus, einen Halbschritt hinter ihr Hans Peter Doskozil.
Beide gehen schweigend durch den Spalier aus Journalisten, Fotografen und Kameraleuten. Sie lächelt gezwungen, seine Miene ist verschlossen.
Für Rendi-Wagner ist der Tag nicht wirklich erfreulich. Sie ging als SPÖ-Chefin in die Sitzung hinein - und kommt als Kandidatin für ihren eigenen Job heraus.
Er hat nun offiziell den Kandidatenstatus für den Parteivorsitz.
Auch die Form, auf welche Weise der Führungsstreit entschieden werden soll, ist in Doskozils Sinn. Das Rendi-Lager wollte auf einem raschen Parteitag Fakten schaffen und die Chefin bestätigen. Doskozil schlug einen Mitgliederentscheid vor. Das Präsidium verständigte sich auf das Votum der Basis: Die Mitglieder sollen wählen, wer künftig die SPÖ anführen soll. Anschließend muss das Ergebnis formal auf einem Parteitag bestätigt werden.
Den Beschluss über die gewählte Vorgangsweise hat der Parteivorstand zu fällen. Dieser nimmt am Mittwoch kurz nach 16 Uhr die Beratungen auf. In der Regel folgt der Vorstand den Empfehlungen des Präsidiums. Und tatsächlich fallen drei Beschlüsse einstimmig: die Mitgliederbefragung, der Sonderparteitag und die Einberufung einer weiteren Präsidiumssitzung zur Klärung aller Detailfragen.
Wahlkampfregeln sollen öffentliche Schlammschlacht verhindern
Der Mitgliederbefragung wird nämlich eine Art von Wahlkampf der Kandidaten vorausgehen. Wie dieser aussehen könnte bzw. unter welchen Regeln er ablaufen könnte, das soll das Präsidium kommende Woche festgelegen. Doskozil wurde auch zu dieser neuen Präsidiumssitzung eingeladen und wird daran teilnehmen. Schließlich geht es darum, dass sich die beiden Kandidaten nicht öffentlich befetzen und damit der SPÖ noch mehr Schaden zufügen. Im Raum steht eine Bundesländer-Tour. Im Gespräch waren Kandidaten-Hearings vor den Mitgliedern. Es geht auch um die Fristenläufe, die Wahlkommission, den Abstimmungstext auf den Stimmzetteln und vieles mehr.
Heftige Szenen in der Sitzung
Einige Präsidiumsmitglieder lassen durchblicken, dass es in der Sitzung auch heftige Szenen gab. Das nennt man verklausuliert "offene Aussprache". Doskozil sei aber nicht beschimpft worden, sagt ein Sitzungsteilnehmer. "Die Kritik blieb konstruktiv."
Rendi-Wagner selbst sagt am Ende des Sitzungsmarathons: Es habe eine "ehrliche Aussprache" gegeben, jeder konnte seine Meinung sagen, aber nun werde "der Blick nach vorne gerichtet".
Für eine Kampfabstimmung auf einem Parteitag steht er nicht zur Verfügung, machte er klar. Rendi-Wanger hingegen will einen raschen Parteitag, um für Klarheit zu sorgen. Sie werde sich sich jedweder Konfrontation stellen, was immer heute herauskommt, hieß es im Vorfeld der Präsidiumssitzung.
Während die Parteichefin bedeutende Faktoren der Partei wie die Wiener Landespartei und die Gewerkschaft hinter sich wähnt, zeigten sich die Landesparteien geteilt. Kärntens LH, Peter Kaiser, deklarierte sich bei seinem Eintreffen zwar nicht explizit, sprach sich aber für eine „möglichst breit getragene Lösung“ aus. Heißt übersetzt wohl Mitgliederbefragung oder Mitgliederentscheid . Kärnten hat knapp 1200 Miglieder.
Auf Twitter bezog unterdessen der ehemalige Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern Position. "Logisch halte ich Mitgliederentscheid für guten, legitimen Weg", schrieb er.
Auch die Sektion erklärte dort: "Was die SPÖ jetzt braucht ist eine ECHTE demokratische Vorsitzwahl durch die Mitglieder. Mit einem breiten Feld and Kandidat:innen und inhaltlichen Vorstellungen".
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