Jetzt vertrumpt der Wahlkampf

Van der Bellen warnt nach US-Wahl vor Rechtsruck, die FPÖ vor einer diplomatischen Eiszeit mit Washington.

Der Wahlkampf um den Einzug in die Präsidentschaftskanzlei kommt nicht nur wieder auf Touren, er gewinnt auch merkbar an Schärfe. Das war nach dem unerwarteten Triumph von Donald Trump in den USA erwartbar.

Alexander Van der Bellen, der seit der ersten Stichwahl im Mai so bedächtig auftretende Hofburg-Kandidat, befürchtet ganz offensichtlich, ein Clinton-Schicksal zu erleiden – und versucht daher, unentschlossene Bürger zu mobilisieren, indem er massiv vor einem Rechtsruck warnt.

Eine neue Strategie sei nicht vonnöten, "aber verdeutlichen kann man das eine oder andere schon", gab der einstige Frontmann der Grünen gestern zu. Etwa so: "Wenn mein Konkurrent (Norbert Hofer) am 4. Dezember eine Mehrheit erhalten sollte, dann kommt die blaue Republik." Van der Bellen spielte damit auf den Sager seines FPÖ-Widersachers an ("Sie werden sich noch wundern, was alles geht"). Hofer hat ja mehrfach erklärt, er würde die Regierung entlassen und so eine Wahl auslösen.

Van der Bellen fleht

Van der Bellen fleht seine potenziellen Wähler nahezu an: "Ich will nicht, dass Österreich das erste westeuropäische Land ist, an dessen Spitze ein nationalistischer Burschenschafter steht und Rechtspopulisten die Macht übernehmen. Ich glaube und hoffe, dass die breite Mehrheit das auch nicht möchte." Ein Sieg sei aber keinesfalls gesichert. Das hatte ja Hillary Clinton gedacht – und ist gescheitert. Dass sie sich einem Populisten geschlagen geben musste, freut die FPÖ – vor allem, weil Van der Bellen Trump kritisch betrachtet.

Hofer meint, sein Gegner habe den designierten US-Präsidenten "auf das Übelste beleidigt". Das schade "unserer Wirtschaft", sagte er im ORF-Mittagsjournal. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl meint gar, Österreich steuere auf eine "diplomatische Eiszeit" mit den USA zu.

Hofer dreht Spieß um

Das ist insofern beachtenswert, als auch Van der Bellen das Ansehen des Landes gefährdet sieht und fatale Folgen für die Wirtschaft prophezeit – falls Hofer Präsident wird. Nun versuchen die Blauen eben, den Spieß umzudrehen. Hofer strich hervor, er habe – im Gegensatz zu VdB – "gute Beziehungen sowohl in die USA, zu Trump" als auch "nach Russland" aufbauen können. Österreich sei also in diesen Ländern "gut vertreten".

Apropos: Die FPÖ sagt auch, Van der Bellen vertrete das Establishment. In dieses Eck hat auch Trump Clinton erfolgreich gedrängt. Was tut Van der Bellen dagegen? Der Präsidentschaftsanwärter stellt eine Gegenfrage: "Sind 2,3 Millionen Wähler" – also jene, die am am 22. Mai für ihn gestimmt haben – das Establishment? Das ist ja lächerlich."

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