Türkis-Blau: Jedes zehnte Gesetz vor dem Aus

Josef Moser, Justizminister auf einem ÖVP-Ticket
Josef Moser macht Ernst: Ressorts bleiben nur zwei Monate, um Paragrafen zu melden, die bleiben müssen.

Es war die erste größere Ankündigung von Justizminister Josef Moser, und sie stieß gleich auf maximale Ablehnung in der Riege der Rechtsexperten: die groß angelegte "Deregulierungsoffensive", vulgo Rechtsbereinigung, um das heimische Rechtssystem einfacher zu gestalten. Moser will sämtliche einfache Gesetze und Verordnungen, die vor dem Jahr 2000 kundgemacht (also veröffentlicht) wurden, aufheben – Gesetze, die man weiterhin braucht, sollen im Anhang der Reform festgeschrieben werden. Damit soll alles Überholte wegfallen. Unberührt bleibt laut Moser nur Verfassungsrecht, selbst das Strafrecht wird ausgemistet.

Davon betroffen sind 1704 Gesetze, heißt es aus dem Justizressort. "Will Moser unser Rechtssystem in die Luft sprengen?", fragte etwa Verfassungsrechts-Koryphäe Bernd-Christian Funk.

Will er nicht, versicherte Moser nun in einer medialen Gegenoffensive. Gemeinsam mit dem Leiter des nun im Justizressort beheimateten Verfassungsdienstes, Gerhard Hesse, und dem Grazer Uniprofessor Klaus Poier versuchte Moser vor Journalisten zu kalmieren: "Da geht nichts schief", versprach er. Denn bereits im Jahr 2000 habe die damalige Regierung ein derartiges Verfahren zur Rechtsbereinigung gewählt (damals hob man alles, was vor 1946 erlassen wurde, auf). Zudem gebe es ein "Sicherheitsnetz": Ministerien, Verfassungsdienst und Parlament sind in den Prozess eingebunden, zudem soll es eine sechswöchige Begutachtung vor dem Beschluss der großen Gesetzesaufhebung im Parlament geben. "Wenn man da immer noch nicht draufgekommen ist, dass ein Gesetz wichtig ist", sagt Moser, "dann kann es nicht so wichtig sein".

Der Zeitplan für das Vorhaben steht nun: Bis 15. März haben die Ministerien Zeit, Moser alle Gesetze, die bestehen bleiben sollen, zu melden. Wenn Moser abschaffen will, was andere für wichtig halten, hat der Ex-Rechnungshofpräsident das letzte Wort. "Im Herbst", kündigt Moser an, "wird dann im Parlament aufgehoben". Wie groß der ausgemusterte Teil des Rechtsbestandes sein wird, ist indes noch unklar – Hesse verweist allerdings darauf, dass 2000 insgesamt 121 Gesetze und Verordnungen gestrichen wurden. Weil der Ansatz "diesmal aber radikaler" sei, dürfe man eher mit mehr rechnen – ein Zehntel der Gesetze könnte also einfach verschwinden.

Diese für den Normalbürger kaum spürbare Maßnahme soll Moser nun als Grundstein für die eigentliche Rechtsreform dienen: der Neuaufteilung von Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Den Vorschlag für diese grundlegende Verfassungsreform – in der vor allem die Bereiche Pflege, Mindestsicherung und Bildung angegangen werden sollen – will Moser noch heuer machen.

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