"Jede Mission hat einen Plan B"

APA12663250-2 - 09052013 - GOLAN - ISRAEL: Verteidigungsminister Gerald Klug (r) besucht am Donnerstag, 9. Mai 2013, die österreichischen UNDOF Truppe auf der Golanhöhe. Klug ist auf einer zweitägigen Rundreise zu den österreichischen UN-Kontingente in Israel und Zypern. APA-FOTO: BUNDESHEER/GUNTER PUSCH
Die österreichischen Soldaten bleiben. Israel sichert seine Unterstützung zu.

Drei Dutzend österreichische Blauhelme warten stramm im staubigen Hof des UNO-Sützpunktes Nummer 22 am Golan. Ihr Chef steigt im hellen Sommeranzug aus dem gepanzerten Wagen, mit dem er von Tel Aviv hierhergefahren ist, gefolgt vom Militärpolizei und dem österreichischen Botschafter in Israel. Verteidigungsminister Gerald Klug ist zu Besuch, sein erster im Ausland. Er begrüßt die Soldaten, gibt jedem persönlich die Hand, bedankt sich für ihren Friedenseinsatz, erkundigt sich nach dem Befinden und spricht auch von den Gefahren. Er hört zu: „Ich brauche die Einschätzung und das Feedback der Soldaten.“

"Jede Mission hat einen Plan B"
Die Soldaten sind begeistert. „Das ist schon cool, dass der Minister zu uns kommt, mit uns redet und sich erkundigt“, sagt ein junger Offizier. Die Soldaten lassen sich nicht anmerken, dass sie in ständiger Alarmbereitschaft sind. Schusssichere Westen, zusätzliche Pandur-Radpanzer und eine Einschränkung der Patrouillenfahrten sollen den Schutz erhöhen.

Schutz verstärkt

Der Minister lässt sich die Lage erklären. Täglich gibt es in der Ferne auf der syrischen Seite der Artilleriefeuer, etliche Dörfer sind von Rebellen eingenommen, andere werden von der syrischen Armee verteidigt. Und auch über die zähen Verhandlungen zur Freilassung der vier gefangenen philippinischen UNO-Soldaten berichteten die Österreicher.

Brigadier Stefan Thaller, er ist der stellvertretende Kommandant der UNO-Truppe am Golan, versichert, dass der Schutz der österreichischen Soldaten verstärkt wurde. Patrouillen werden reduziert, die Kontrolle der Waffenstillstandszone erfolgt in gepanzerten Fahrzeugen. Wenn sich Rebellen in den Weg stellen, haben die Soldaten den Auftrag, im Höllentempo davonzufahren. Nur keine Waffen einsetzen, im äußersten Fall für die eigene Verteidigung, das ist der Auftrag der Blauhelme am Golan. Minister Klug betont, dass die Soldaten nicht in den Bürgerkrieg eingreifen dürfen. Überparteilichkeit ist das oberste Gebot. „Überwachen und kontrollieren, dass niemand in die Waffenstillstandszone kommt, darauf schauen die Soldaten.“ Auch zu helfen, wenn ein Kind in einem Dorf dringend einen Arzt braucht. Was gerade Donnerstag passiert ist.

Truppen bleiben

Noch denkt der Minister nicht daran, die Soldaten abzuziehen. „Bei jeder Mission gibt es einen Plan B, täglich wird die Lage neu beurteilt“, erklärt der Minister. „Und die Soldaten wissen, dass jeder Auslandseinsatz mit einem höheren Risiko verbunden ist.“ Nur eine Handvoll ist in den vergangenen Wochen frühzeitig nach Hause zurückgekehrt – aus familiären Gründen oder aus Angst, der syrische Bürgerkrieg könnte zu einem Flächenbrand in der ganzen Region werden.

Noch sind für den Verteidigungsminister die drei Bedingungen erfüllt, die Blauhelme am Golan zu belassen: die Überparteilichkeit, die Rotation über Israel und eine sichere Versorgung.

Die garantierte dem österreichischen Verteidigungsminister sein Amtskollege am Vortag in Tel Aviv. Später stimmte auch Syrien zu. Vor dem Treffen mit den Soldaten hatte Klug ein Gespräch mit Verteidigungsminister Moshe Yaalon. Seine Analyse über die Sicherheitslage zu hören, die Unterstützung für den Nachschub zu bekommen und den Austausch geheimer Informationen war dem österreichischen Heereschef wichtig. Anfang Juni werden in zwei Tranchen rund 220 Soldaten ausgetauscht. Von derzeit rund 1000 Blauhelmen stellt Österreich 380.

Israel ist wie Österreich gegen eine Aufhebung des EU-Waffenembargos Ende Mai. Österreich soll sich zudem bei der Europäischen Union dafür einsetzen, dass die radikale schiitische Hisbollah-Miliz auf die Terrorliste gesetzt werde. Vor der Miliz, die das syrische Regime im Kampf unterstützt, hat man in Israel große Angst. Zusätzlich bezeichnete Bashar al-Assad erst am Donnerstag die „Widerstandsbewegung“ Hisbollah als „Vorbild“ für Syrien.

Nach dem Besuch am Golan reiste Klug nach Zypern und in den Südlibanon weiter, wo auch Soldaten in einer UNO-Mission tätig sind.

Während die Welt noch vorsichtig über die gemeinsamen Bemühungen von Moskau und Washington jubelte, neue Verhandlungen für Syrien auf den Weg zu bringen, kam über die Medien schon der Dämpfer. Laut Informationen, die der israelische Geheimdienst erhalten hat, soll Russland planen, in den nächsten Monaten ein Raketenabwehrsystem an Syriens Machthaber Bashar al-Assad zu liefern.

Berichten im Wall Street Journal und in der Haaretz zufolge plant Moskau den Verkauf eines modernen Flugabwehrsystems an Syrien um 900 Millionen Dollar. Angeblich sollen bereits seit 2010 – auch heuer wieder – entsprechende Zahlungen für insgesamt sechs Abwehrsysteme und 144 Raketen geflossen sein. Israel warnte Russland entschieden vor diesem Deal. Ein Raketenabwehrsystem – die Rede ist von einer S-300-Anlage – könnte auch ausländische Kampfflugzeuge abwehren, die im Fall einer internationalen Intervention eingesetzt würden.

Erst am Mittwoch hatte sich Russlands Außenminister Sergej Lawrow gemeinsam mit US-Außenminister John Kerry für eine internationale Konferenz noch in diesem Monat ausgesprochen, bei der Vertreter der syrischen Regierung und Vertreter der Opposition an einen Tisch kommen sollen. Syriens Regime hat am Donnerstag seine Kooperation dazu bekräftigt. Das Treffen solle aber in Damaskus stattfinden. Kerry hat sich zuletzt erneut vehement dagegen ausgesprochen, eine Zukunft des Landes mit Präsident Assad zu unterstützen.

Entführte Blauhelme

Die radikale Splittergruppe, die im Grenzgebiet zwischen Syrien und Israel vier philippinische UNO-Soldaten entführt hatte, behauptete nun, die Männer freigelassen zu haben. Die UNO konnte das aber nicht bestätigen. Zuvor verlangten die Islamisten die Freilassung einiger ihrer Mitglieder aus jordanischen Gefängnissen.

Internet gekappt

Seit wenigen Tagen hört man aus Syrien nur noch wenig. Am Dienstag wurde offenbar das Internet gekappt. Wahrscheinlich von der Regierung – vermuten IT-Spezialisten etwa in der New York Times.

Es ist nicht das erste Mal, dass das Netz während des Bürgerkrieges ausfällt. Das letzte Mal passierte es im November. Regierung und Rebellen beschuldigten einander damals gegenseitig. Am meisten trifft eine Unterbrechung von mobiler Kommunikation und Internet aber die Zivilbevölkerung. Die Rebellen haben in von ihnen kontrollierten Gebieten erfolgreich ein alternatives Kommunikationssystem mit Satelliten aufgebaut, heißt es im New York Times-Blog.

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