IV-Neumayer: "Wir brauchen eine neue Willkommenskultur für Fachkräfte"

Christoph Neumayer
Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung sieht angesichts voller Auftragsbücher einen Handlungsbedarf bei der Politik.

Angesichts der Hochkonjunktur und übervoller Auftragsbücher beklagt die heimische Industrie einen massiven Fachkräftemangel. Die ÖVP-FPÖ-Regierung müsse daher an allen nur erdenkbaren Schrauben drehen, um das Personalproblem zu beheben, fordert der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, im Gespräch mit dem KURIER.

Das Problem ist: Im Inland sei der Bedarf der Betriebe kaum zu decken. Daher fordert Neumayer von der Bundesregierung: "Wir brauchen eine neue Willkommenskultur für Fachkräfte."

Acht von zehn heimischen Industrie-Betrieben könnten momentan ihren Bedarf an Fachkräften im Technik und IT-Bereich nicht decken. Mehr als 10.000 freie Jobs können in der Industrie dadurch nicht besetzt werden. Weil auch in Mittel-Osteuropa die Wirtschaft brummt, verschärfe sich das Fachkräfteproblem in Österreich zusätzlich. Eine Gesamtstrategie für die qualifizierte Zuwanderung sei daher dringend nötig.

Reformen notwendig

Die geplante Regionalisierung der Mängelberufsliste könne bestenfalls ein Anfang sein. Weitere Schritte müssten folgen, sagt Neumayer. "Im Regierungsprogramm gibt es dazu etliche Ansätze, jetzt muss es an die Umsetzung gehen."

Die Bandbreite reicht für den Industrie-Vertreter von einer Reform der Rot-Weiß-Rot-Card, bis hin zu einer Öffnung des Lehrstellen- und Arbeitsmarktes für Flüchtlinge mit einer hohen Anerkennungswahrscheinlichkeit. Neumayer ist für eine Verkürzung der Asylverfahren und parallel dazu, Kompetenzchecks unter den Zuwanderern. Neumayer: "Bekommen diese Menschen dann einen positiven Bescheid, hätten wir einen enormen Zeitgewinn und die anerkannten Flüchtlinge könnten bei entsprechender Qualifikation sofort auf dem Arbeitsmarkt unterkommen."

Ein großes Vorbild ist für Neumayer Deutschland beziehungsweise die im Nachbarland schon 2015 ins Leben gerufene Initiative "Make it in Germany". Dabei handle es sich um eine breit gestützte Dachkampagne zur Anwerbung von Fachkräften aus aller Welt. Beispielsweise bekommen ausländische Hochschulabsolventen in Deutschland die begehrte "Blue Card", um sie per Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis im Land zu halten.

Demgegenüber sagt Neumayer zur Situation in Österreich: "Wir fürchten uns zuviel und treten international noch viel zu defensiv auf."

In diesem Sinne kann sich der IV-Generalsekretär für eine Öffnung des Arbeitsmarktes für das EU-Mitgliedsland Kroatien – "nach sorgfältiger Prüfung" – erwärmen. Speziell die FPÖ hat sich bisher dafür ausgesprochen, die Übergangsfrist für die Öffnung des Arbeitsmarktes für Kroaten noch ein letztes Mal um zwei Jahre zu verlängern.

Gelänge es das Fachkräfteproblem zu beseitigen, ist Neumayer überzeugt, könnte die Industrie nicht nur alle Aufträge ihrer Kunden im In- und Ausland befriedigen, sondern auch die momentan tolle Konjunktur verlängern. Davon würde zu guter Letzt wieder die Politik in Form höherer Steuereinnahmen profitieren.

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