Israelischer Historiker: Prüfung von FPÖ-Bericht "Alibi"-Aktion
Der israelische Historiker Moshe Zimmermann geht mit dem FPÖ-Historikerbericht hart ins Gericht. Dieser liegt wie berichtet bisher nur in einer 32 Seiten schmalen Zusammenfassung vor.
Zwei wesentliche Kritikpunkte nennt Zimmermann, der emeritierter Professor für Neuere Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem ist. Erstens moniert er, dass an dem mehr als tausendseitigen und bisher noch unveröffentlichten Historikerbericht keine prominenten Geschichtsforscher aus Österreich und Deutschland gearbeitet hätten. Zweitens sieht er im Vorhaben der FPÖ, den Bericht von israelischen Wissenschaftlern prüfen und absegnen zu lassen, ein großes Problem, wie er im Standard sagt.
Laut der Tageszeitung soll der israelische Wissenschaftler Mordechai "Motti" Kedar von den Freiheitlichen mit der Prüfung beauftragt worden sein. Dies will die FPÖ auf KURIER-Anfrage weder bestätigen noch dementieren.
Historiker fürchtet "gemeinsame Sache" mit FPÖ
Motti Kedar sei auf jeden Fall "kein Experte, was die Geschichte des Dritten Reiches und die mitteleuropäische Geschichte vor und nach 1945 angeht", sagt Historiker Zimmermann. Vielmehr beschäftige sich Kedar schwerpunktmäßig mit dem Islam im Nahen Osten.
Kedar gilt als einer der führenden Experten Israels für die arabische Welt. Weil er Arabisch spricht, ist er auch häufiger Gast in arabischen TV-Sendern. Im Nahostkonflikt gilt er gegenüber den Palästinensern allerdings auch als Hardliner. In der Jerusalemfrage sagte er im Jahr 2008, die Stadt "gehört den Juden, Punkt". 2007 plädierte er in Stuttgarter Nachrichten für eine Trennung von Gazastreifen und Westjordanland. "Warum sollte der Gazastreifen nicht für sich bleiben? Es gibt kleine Staaten auf der Welt: Luxemburg, Andorra, Monaco, die Menschen dort leiden nicht unter Platzangst", sagte er damals.
Zimmermann meint über den Islam-Experten: "Motti Kedar ist kein unbeschriebenes Blatt in Israel, er ist sehr stark rechts orientiert, und als Islam-Experte ist er jemand, der alles, was mit dem Islam zu tun hat, nur negativ betrachtet. Er ist so weit rechts, dass er meines Erachtens in der Lage wäre, mit der FPÖ gemeinsame Sache zu machen. Das ist ja eine Tendenz in Israel, mit den Rechtspopulisten in Europa zusammenzuarbeiten, weil diese die israelische Regierung unterstützen." Er warnt daher vorher einer "Alibi-Funktion" Kedars im Dienste der FPÖ.
Wissenschaftler üben scharfe Kritik
Die FPÖ sah sich in der Vorwoche wegen der Kurzfassung ihrer Aufarbeitung von braunen Flecken in der Parteigeschichte mit breiter Kritik konfrontiert. Polit-Berater Thomas Hofer sprach von einer "Pflichtübung", die "getrieben vom Marketinggedanken" sei, die Historiker Oliver Rathkolb und Heidemarie Uhl orteten wissenschaftliche Mängel.
Klar ablehnend äußerte sich auch der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, zum bisher bekannten Bericht: "Eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der Partei, ihrer Spitzenfunktionäre und den Verbindungen zum Nazi- und Neonazimilieu wären Grundlage für eine glaubwürdige Distanzierung vom braunen Sumpf", dies sei nicht geschehen.
Der gesamte Bericht soll noch redigiert und erst dann veröffentlicht werden. Ein Zeitpunkt dafür wurde bisher nicht genannt, der designierte FPÖ-Chef Norbert Hofer sagte in der ZiB2 vor wenigen Wochen, er hoffe auf eine Veröffentlichung noch vor der Nationalratswahl.
Kommentare