Irreführende Rabatte? Schumann leitet Klage gegen Lebensmittelhändler ein

Sie kaufen im Supermarkt den Schweinsschopfbraten um 9,99 Euro. Laut Angebot ist dieser nämlich um 33 Prozent vergünstigt. Das klingt prinzipiell nach einem guten Deal, aber: Zwei Wochen zuvor war das idente Produkt bereits um 25 Prozent vergünstigt, hat dabei aber noch weniger gekostet, nämlich 9,74 Euro. Ist der Rabatt von -33 Prozent dann nicht etwas irreführend?
So sieht das jedenfalls Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ). Die SPÖ hat sich bekanntlich dem Kampf gegen hohe Lebensmittelpreise verschrieben. Diese sind in den vergangenen Jahren stärker gestiegen als die Inflation. Schumann will nun in einem ersten Schritt für mehr Transparenz sorgen – und zwar bei den Rabatten.
Sie hat am Mittwoch den Verein für Konsumenteninformation (VKI) beauftragt, Klage gegen die vier größten Lebensmittelhändler Österreichs einzureichen: Billa, Spar, Hofer und Lidl. Demnach kommt es bei allen Händlern regelmäßig zu Rabattaktionen, die nicht den EU-Vorgaben zu Preisermäßigungen entsprechen.
Die Vorgaben sollen prinzipiell regeln, dass der Konsument nachvollziehen kann, ob er sich bei einer Rabattaktion tatsächlich etwas erspart. Oder, ob sich der Rabatt auf einen kurzfristig erhöhten Preis bezieht.
„Vielzahl an Fällen“
Konkret zielt die Klage auf eine gerichtliche Unterlassung ab. Die Händler sollen keine Rabatte mehr bewerben dürfen, wenn der Preis nicht unter dem Tiefstpreis der vergangenen 30 Tage liegt. Das ist seit September 2022 auch im österreichische Preisauszeichnungsgesetz so vorgeschrieben – das sich wiederum auf eine EU-Richtlinie bezieht. Laut Sozialministerium haben sich die Händler an diese Regelung in „einer Vielzahl von Fällen“ nicht gehalten. Stattdessen hätten sie mit Preisnachlässen geworben, die sich auf erhöhte Vergleichspreise bezogen haben.
Wie genau wirkt sich das in der Praxis aus? Reicht es, wenn die Händler den Tiefstpreis einfach ausweisen und den Rabatt dennoch anhand eines höheren Vergleichspreises berechnen? Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, von September 2024, reicht das nicht. Die Preisermäßigung müsse sich auf den niedrigsten Preis der vergangenen 30 beziehen – mindestens.
Preisaktionen müssten „fair und nachvollziehbar“ sein, meint Schumann. Eine falsche Preisbasis heranzuziehen und dann mit überhöhten Rabatten zu werben, untergrabe das Vertrauen in Preisangaben – und benachteilige gerade jene Konsumenten, die auf Rabatte angewiesen seien. „Konsumentinnen und Konsumenten sollen sich darauf verlassen können, dass angegebene Rabatte auch tatsächlich einen Vorteil bringen“, sagt Schumann. Immerhin würden hierzulande laut Handelsverband 40 Prozent aller Lebensmitteleinkäufe – und damit mehr als in jedem anderen EU-Staat – im Rahmen von Aktionspreisen erfolgen. Zum Vergleich: In Deutschland sind es nur zwölf Prozent aller Einkäufe.
Handelsverband nennt Vorgehen "bedenklich"
Wie reagieren die Lebensmittelhändler? Grundsätzlich verweisen auf KURIER-Nachfrage Mittwochnachmittag alle vier Betroffenen darauf, die Klage noch nicht erhalten zu haben und deshalb keine detaillierte Stellungnahme abgeben zu können. Lidl Österreich versichert zusätzlich, das Thema der korrekten Preisauszeichnung sehr ernst zu nehmen: „Wir gehen daher davon aus, dass wir Preise und Rabatte gesetzeskonform ausloben.“ Auch Spar betont, „immer ordentlich und konsumentenfreundlich“ zu agieren.
„Die regulativen Vorschriften zur Preisauszeichnung sind in kaum einem Land so streng wie in Österreich. Wir gehen davon aus, dass alle Preise im heimischen Lebensmittelhandel korrekt ausgelobt werden“, sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands. Es sei „jedenfalls bedenklich und bezeichnend, dass der VKI die Medien vor den direkt betroffenen Unternehmen informiert hat“.
Der Zeitpunkt der Klage – ÖVP und Neos sollen über diese kurzfristig „in Kenntnis“ gesetzt worden sein – kommt SPÖ-Parteichef Andreas Babler durchaus gelegen. Kommenden Montag ist der Vizekanzler, der für Preissenkungen eintritt, im ORF-Sommergespräch zu Gast. Am Mittwoch wiederholt Babler gegenüber der APA, gegen den „Österreich-Aufschlag“ vorgehen zu wollen. Dieser ermöglicht höhere Preise von Waren in kleineren EU-Staaten – wie Österreich. Sollte die EU keine Schritte einleiten, will der SPÖ-Chef Kommissionschefin Ursula von der Leyen einen Brief schreiben.
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