Was Finanz-Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) am Finanzminister schätzt und warum sie mit Blick auf die Wirtschaftsprognosen eher pessimistisch ist.
Wie die Grazerin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) ihre neue Rolle im Bund anlegen will.
KURIER: Finanzminister Markus Marterbauer ist ideologisch in vielen Punkten der Gegenentwurf von dem, wofür die ÖVP steht. Sind Sie seine Aufpasserin?
Barbara Eibinger-Miedl: Ich sehe mich im Finanzministerium definitiv als Mitgestalterin, die Zusammenarbeit läuft seit dem ersten Tag unserer Amtszeit konsensual. Auch die Budgetgespräche wird der Finanzminister mit mir und Staatsekretär Schellhorn gemeinsam führen.
Es gab bereits Konstellationen in denen parteifremde Staatssekretärinnen eher stiefmütterlich behandelt wurden. Ist sich schon ein gemeinsamer Kaffee ausgegangen?
Es war ein Glas Wein (lacht). Wir sind auch nach der Angelobung gleich gemeinsam zu Fuß hier herüber in die Johannesgasse gegangen.
Wie genau definieren Sie Ihre Rolle in dieser Bundesregierung?
Offiziell zuständig bin ich unter anderem für Zollrecht, Kapitalmarktrecht oder auch die Finanzbildung. Darüber hinaus haben wir vereinbart, dass wir diese Herkulesaufgabe der Budgetsanierung gemeinsam stemmen werden.
Der Finanzminister hatte in einen Gesetzesentwurf zur Energiewirtschaft eine Sondersteuer für Stromerzeuger gepackt, die nun doch nicht kommt. Wann und wie haben Sie davon erfahren?
Die ersten Tage nach der Angelobung waren unglaublich intensiv. Am Montag war die Angelobung, am Freitag der Beschluss der Budget-Sanierungsmaßnahmen im Nationalrat. Der Entwurf war mir vorher im Detail nicht bekannt, aber ich habe das auch nicht als großes Problem empfunden. Als man gesehen hat, dass nicht alle drei Parteien diesen Vorschlag mittragen, ist man davon wieder abgegangen.
Sie haben das nicht als Affront wahrgenommen?
Nein. So hätte ich den Minister bis jetzt auch nicht erlebt. Ich habe ihn als Experten mit einem pragmatischen Zugang kennengelernt, der wie ich das Ziel verfolgt, sachlich und unaufgeregt den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen.
Sachlich und unaufgeregt: Würden Sie so Ihren politischen Stil beschreiben?
So bin ich bekannt geworden in der steirischen Landesregierung.
Werdegang Geboren 1980 in Graz, studierte Barbara Eibinger-Miedl Jus und Betriebswirtschaftslehre in Graz
Politik 2006 bis 2010 war sie ÖVP-Gemeinderätin in Seiersberg, daneben war sie Bundesrätin. 2010 wechselte sie in den steirischen Landtag, wo sie 2014 Klubchefin wurde. 2017 stieg sie zur Landesrätin für Wirtschaft auf
Beim 6,4-Milliarden-Paket will die Regierung diverse Maßnahmen auch abfedern – etwa die höheren Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten. Reichen die Maßnahmen trotzdem?
Wir können uns nur auf die aktuellen Zahlen berufen und dafür ist der aufgezeichnete Pfad genau richtig. Jetzt erwarten wir mit Hochspannung nächste Woche die neuesten Prognosen. Da wird man sehen, wo wir liegen. Unsere Aufgabe wird es sein, immer wieder die Fakten zu beurteilen und notfalls nachzujustieren.
Wie optimistisch sind Sie, dass die 6,4 Milliarden reichen?
Das Zahlenwerk ist von Jänner. Man hat damals gehofft, dass die Wirtschaft gut anspringen wird. Ohne die Zahlen von nächster Woche zu kennen, wird es gefühlsmäßig leider so sein, dass sie uns nicht entgegenkommen werden.
Sollten die Prognosen noch schlechter ausfallen: Wo könnte man noch nachschärfen?
Man muss schauen, wie groß das Delta zu den bereits eingetüteten Maßnahmen ist. Ich glaube, das ausverhandelte 6,4-Milliarden-Paket ist ohnehin schon ambitioniert.
Zum Ersten arbeiten wir einmal daran, dass wir es nicht bekommen. Aber ich teile die Einschätzung: Wenn es da ist, werden wir auch mit dieser Situation umgehen können.
Wegen der Budgetkonsolidierung hat die Regierung derzeit kaum Spielraum für Investitionen. Kernpunkte des ÖVP-Programms stehen unter Budgetvorbehalt. Sind Sie damit zufrieden?
Dieser Bundesregierung geht es darum, die Hausaufgaben in der Republik Österreich zu machen. Es war ein guter Ansatz, alles zu tun, um ein Defizitverfahren zu vermeiden. Weil es auch einen gewissen Druck ergeben hat, dass man tatsächlich Einsparungen umsetzt.
Wir befinden uns mitten in einem Prozess, wo das gesetzliche Pensionsantrittsalter der Frauen stufenweise steigt. Faktum ist auch, dass das tatsächliche Antrittsalter leider generell um einige Jahre unter den gesetzlich vorgesehenen 65 Jahren liegt. Jedes Monat, das wir faktisch länger arbeiten, bringt rund 200 Millionen Euro im Budget. Hier müssen wir Anreize setzen.
Das Gegenargument: Eine Erhöhung des faktischen Antrittsalters führt auch zu höheren Pensionen und entlastet das System langfristig nicht.
Zuerst müssen wir die großen, ausverhandelten Aufgaben umsetzen. Das wird schon sehr anspruchsvoll. Im nächsten Schritt müssen wir den Staatshaushalt, das ist für mich völlig klar, auch nachhaltig in Ordnung bringen. Und ja, da darf es dann in ein paar Jahren auch keine Denkverbote und Tabus geben.
Wo sehen Sie Potenzial für nachhaltige Reformen?
Ein großer Bereich ist für mich die hohe Förderquote in Österreich. Es ist an der Zeit, dass man sich die einzelnen Förderungen vorknöpft und anschaut, wie effektiv sie sind.
Im Klimabereich, wo in den letzten Jahren ganz viel gemacht wurde, muss man vielleicht nachjustieren. Als frühere Wirtschaftslandesrätin bin ich auch dafür, dass man Wirtschaftsförderungen nur sehr gezielt einsetzt. Wenn man mit Unternehmen spricht, kommt immer die Antwort, sie bräuchten keine Förderung, sondern möglichst wenig Bürokratie.
Österreich hat eine der EU-weit höchsten Steuer- und Abgabenquoten. Die ÖVP wollte das ändern. Wie zuversichtlich sind Sie, dass hier bald etwas passiert?
Wir wollen hier im Laufe der Legislaturperiode etwas zustande bringen. Ein ganz konkretes Beispiel ist die Lohnnebenkostensenkung, die wir uns ab 2027 fix vornehmen.
Ich weiß nicht, ob es ausgefallen ist. Aber ich bin gerne im eigenen Garten und dort finden sich auch fünf Hühner, die jeden Tag für frische Eier sorgen.
Gibt es auch gemeinsame Interessen mit Markus Marterbauer?
Er hat bei der Amtsübergabe einen Reiseführer fürs Bergsteigen bekommen. Da haben wir gemeint, es wäre doch ganz nett, wenn wir einmal gemeinsam eine Tour machen würden. Das passt sinnbildlich gut zu unserer parteiübergreifenden Arbeit im Finanzministerium: Wir müssen auch hier eine Seilschaft bilden.
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