Integrations- und Sicherheitsplan im Praxis-Test

Die Frage nach Kopftuchverbot hat sich bei Polizei und Justiz bisher nicht gestellt.
Tourismus fürchtet Schaden durch das Burka-Verbot. Taxler-Sprecher kann mit Kontrollpflicht leben.

Integration und Sicherheit: bei keinem Thema wurde in jüngster Zeit so heftig um einen Konsens zwischen SPÖ und ÖVP gerungen. Jetzt liegt das Programm vor, wenn auch in einigen Punkten noch recht schwammig formuliert.

Der KURIER hat die Vorhaben mit Praktikern auf ihre Alltags-Tauglichkeit abgeklopft.

Religion und Staat:

"Der Staat ist verpflichtet, weltanschaulich und religiös neutral aufzutreten", heißt es bei Punkt 4, "Integration". Ein Kopftuchverbot alleine kann damit nicht gemeint sein. Auf Anfrage heißt es vom Innen-, als auch vom Justizministerium, die Frage habe sich nie gestellt. Es gebe aktuell keine Polizistin, Richterin oder Staatsanwältin mit Kopftuch.

Legt man die Passage im Programm streng aus, hätten auch christliche Symbole – wie das Kreuz im Gerichtssaal und im Klassenzimmer – künftig keinen Platz mehr.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) erklärt, man habe den Punkt absichtlich noch nicht konkretisiert. Eine Lösung, die niemanden diskriminiert, müsse in Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften erarbeitet werden.

Burka-Verbot:

Die Regierung bekennt sich zu einer offenen Gesellschaft , die "offene Kommunikation" voraussetzt. Vollverschleierung stehe dem entgegen, "und wird daher untersagt", heißt es im Programm. Frauen, die in Österreich leben – schön und gut. Aber was ist mit jenen, die nur zu Besuch sind?

Leo Bauernberger vom Salzburg Tourismus betont: "Tourismus lebt von Toleranz." Und einige Regionen Salzburgs, wie auch Tirols, leben von Gästen aus arabischen Ländern. Eine Einschätzung, wie es sich auf sein Geschäft auswirken würde, wenn das österreichische Burkaverbot sich bis in den Nahen Osten herumspricht, traut sich der Touristiker nicht zu: "Das ist ein heikles Thema, das wir uns ganz genau anschauen, bevor wir darauf reagieren. Ich bin mir sicher, dass uns die Politik zeitgerecht ins Bild setzt."

Integrationsjahr:

Zwölf Monate, in denen Asylwerbern künftig Sprache und Werte vermittelt und sie durch gemeinnützige Tätigkeiten an den Arbeitsprozess herangeführt werden sollen. Wer am Pflichtprogramm nicht teilnimmt, dem drohen "harte Sanktionen", etwa eine Kürzung von Sozialleistungen.

Erich Fenninger, Geschäftsführer der Volkshilfe, stoßen die Formulierungen sauer auf: "Es wird das Bild des unwilligen Flüchtlings gezeichnet, den man zwingen muss." Das Gegenteil sei der Fall: Derzeit sei die Nachfrage nach Deutschkursen größer als das Angebot. "Ich befürworte, dass sich der Staat jetzt verpflichtet, Kurse zur Verfügung zu stellen."

Ausweiskontrolle im Taxi:

Sollen Taxifahrer künftig Pässe ihrer Fahrgäste kontrollieren? Vor einem Jahr hat diese Forderung der deutschen Behörden für Aufregung gesorgt, ging sie doch mit der Drohung einher, dass sie andernfalls bei Fahrten über die Grenze der Schlepperei verdächtigt werden. Eine Änderung im Fremdenpolizeigesetz soll Taxilenkern und Zugschaffnern – eigentlich Zivilisten – jetzt die Befugnis geben, einen Ausweis zu verlangen und Fahrgäste gegebenenfalls aussteigen zu lassen. Aktuell dürfen ja bereits Airlines ihre Passagiere beim Check-in kontrollieren.

Gökhan Keskin, Obmann der Wiener Taxiinnung hält Kontrollen bei Langstrecken für machbar. Innerhalb des Stadtgebiets sei es schon schwieriger: "Es besteht Beförderungspflicht, wie bei U-Bahn oder Bim. Wenn Rechtssicherheit hergestellt wird, ist es für uns aber in Ordnung."

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