Sobotka will mögliches Arbeitsprogramm nicht unterschreiben

Wolfgang Sobotka.
SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern will, dass alle Regierungsmitglieder ein allfälliges Arbeitsprogramm unterschreiben. Der ÖVP-Innenminister weigert sich und erntet Kritik - selbst aus den eigenen Reihen.

Christian Kern hätte gerne eine Unterschrift – und zwar ausnahmslos von allen Ministern. Noch während am Samstag die Verhandlungen mit der ÖVP liefen, ventilierte man in der SPÖ einmal mehr den Wunsch, dass alle Regierungsmitglieder ein allfälliges Arbeitsprogramm per Unterschrift besiegeln.

Eigentlich kein Problem, möchte man meinen – immerhin herrscht im Ministerrat Einstimmigkeitsprinzip, das Kollegium verabschiedet gemäß Verfassung ohnehin alle getroffenen Maßnahmen im Einklang.

"Würde ich alle Kapitel unterschreiben, dann wäre das so, als würde ich die Telefonrechnung meines Nachbarn bezahlen. Das mach ich ja auch nicht."

Doch in dem Fall ist die Sache nicht so einfach. Samstagvormittag ließ ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka durchblicken, dass er nicht daran denke, das Gesamtpaket mit seinem Namen zu behübschen: "Ich setze meine Unterschrift unter mein Kapitel, also unter das, was ich ausgearbeitet habe. Sonst nichts", sagte Sobotka zum KURIER und bemühte einen bildhaften Vergleich: "Würde ich alle Kapitel unterschreiben, dann wäre das so, als würde ich die Telefonrechnung meines Nachbarn bezahlen. Das mach ich ja auch nicht."

Skepsis bei der SPÖ

In den Reihen der Roten sorgte die demonstrative Verweigerung für Skepsis und Kopfschütteln – aus zwei Gründen.

Zum einen erachten es Kern & Co als selbstverständlich, dass einzelne Ressortchefs zur Arbeit der gesamten Regierung stehen. "Es ist Teil des Arbeitsalltags, dass die Minister arbeitsteilig agieren. Das zeigen ja jeden Dienstag die einstimmigen Abstimmungen im Ministerrat", sagt ein SPÖ-Stratege.

Neben diesem eher grundsätzlichen Argument wollen die Sozialdemokraten mit der geleisteten Unterschrift auch das einheitliche Erscheinungsbild verbessern. Ihr Kalkül: Wenn Minister einen Pakt persönlich unterfertigen, ist die Hemmung, später einzelne Maßnahmen in Interviews oder hinter vorgehaltener Hand zu kritisieren, größer.

Kritik aus eigenen Reihen

Aber nicht nur aus der SPÖ kommen kritische Stimmen. Andreas Khol, Ex-ÖVP-Klubobmann, hält die Bemerkung von Sobotka für "kokett". In der ORF-Sendung "Hohes Haus" meinte er, dass der Innenminister letzten Endes nur die Wahl habe, "alles zu unterschreiben oder dem Herrn Mitterlehner zu sagen: 'Lieber Reinhold, ich kann das nicht'." Dann müsse er aber auch gehen, sagt Khol.

"Also ich glaube, daran wird es nicht scheitern. Ich glaube, dass die Vernunft siegen wird. Denn im Augenblick sind Neuwahlen - auch für Herrn (Bundeskanzler Christian/SPÖ, Anm.) Kern - ein unvertretbares Risiko."

Unterschrift als Druckmittel

Die Idee der handschriftlichen Absegnung von Vereinbartem hat in der Regierung Methode: ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel etwa hat bei Koalitionsverhandlungen immer wieder versucht, mit Unterschriften sein Gegenüber zu binden – mit wechselndem Erfolg.

So berichtete der frühere SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer 2003, Schüssel habe ihn aufgefordert, ein Positionspapier zu unterschreiben, um damit in eine ÖVP-Vorstandssitzung gehen zu können. Gusenbauer verweigerte ("Ich unterschreib’ nur einen Koalitionspakt"), Schüssel koalierte mit der FPÖ.

Ähnliches war drei Jahre zuvor passiert, als Schüssel erklärte, er wolle auf dem Koalitionspakt nicht nur die Unterschrift des SPÖ-Chefs, sondern auch die des mächtigen SPÖ-Gewerkschafters Rudolf Nürnberger und des roten Klubchefs Peter Kostelka. Die Sozialdemokraten sahen das als Provokation – warum genüge denn das Wort des Parteivorsitzenden nicht? Die Koalition kam nie zustande, es folgte Schwarz-Blau. Kanzler Kern bekam all das übrigens hautnah mit. Er war damals Pressesprecher von SPÖ-Klubchef Kostelka.

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