KURIER: Herr Nehammer, schaut man sich die Anzahl der Betretungsverbote an, dann gab es gegenüber dem Jänner nur ein kleines Plus – trotz der angespannten Situation innerhalb der Familie. Trauen sich die Frauen nicht, die Polizei zu rufen?
Karl Nehammer: Es gab eine leichte Steigerung bei den Betretungsverboten, aber die Zahl der Anrufe bei der Frauenhelpline hat sich dramatisch um 71 Prozent erhöht. Deswegen ist es notwendig, dass man nun rasch handelt. Die Frauenministerin und ich schalten nun eine Info-Kampagne, die Frauen zeigt, dass sie trotz der Ausgangsbeschränkungen eine Chance auf Hilfe haben, wenn sie sich von Gewalt bedroht fühlen.
In Italien gab es zu Beginn der Ausgangsbeschränkungen ebenfalls keine Steigerung, bis man draufkam, dass die Frauen dachten, dass auch die Frauenhäuser geschlossen sind. Sind die Hemmungen der Frauen in der Krise noch größer?
Die Polizei kann nur helfen, wenn es eine Anzeige gibt. Da gibt es Hemmungen. Frauen haben oft Angst, dass sich nur eine punktuelle Wirkung gegen den Mann, der sie bedroht, entfaltet, wenn sie die Polizei zur Hilfe rufen. Unsere Botschaft ist: Es gibt den Schutz für Frauen, und sie werden gut untergebracht. Denn es wird ja nicht nur ein Betretungsverbot ausgesprochen gegenüber dem Täter, sondern auch das Annäherungsverbot. Das kann zu mehr Sicherheit führen.
Am Montag hat die Regierung die ersten Lockerungen angekündigt. Sind diese nun fix, oder gibt es eine Entwicklung, wo diese Ankündigungen auch noch gestoppt werden könnten?
Es ist ein Fahrplan mit Notbremse. Seit dem Corona-Ausbruch wird jeder Tag evaluiert. Experten schauen sich jede Veränderung an. Da gibt es viele Parameter: die Zahl der Neuinfizierten, die Zahl der Patienten, die gesundet sind, und gleichzeitig die freie Anzahl an Spitals- und Intensivbetten. Sollte sich da eine Negativentwicklung auftun, dann wird die Notbremse gezogen.
Wiederauferstehung: Nach Ostern kommen die ersten Lockerungen
Es gibt mittlerweile über 17.000 Corona-Anzeigen. Schießt die Polizei hier nicht oft übers Ziel hinaus. Ich kenne einen konkreten Fall, wo ein Mann und eine Frau spazieren gingen, die seit drei Jahren in einer Lebenspartnerschaft sind, aber keinen gemeinsamen Wohnsitz haben. Sie bekamen eine Strafe von 500 Euro, weil sie den Ein-Meter-Sicherheitsabstand nicht einhielten. Ist das nicht übertrieben?
Das ist ein spannender Fall, weil er zeigt, wie schwer es ist, den Einsatz zu führen. Was macht die Polizei? Sie achtet darauf, dass die Vorgaben wie der Ein-Meter-Abstand und die Ausgangsbeschränkungen eingehalten werden. Wenn man nicht nachweisen kann, dass man gemeinsam wo lebt, dann ist es für die Polizei nicht gesichert festzustellen, ob die Angaben stimmen. Das heißt, es muss eine Anzeige erfolgen. Diese Anzeige geht zur Bezirksverwaltungsbehörde, und diese spricht dann die Strafe aus. Aber es ist ein Verfahren, und man kann Einspruch erheben.
Warum eigentlich, Karl Nehammer
Das heißt, Ihr Rat in so einem Fall lautet: Nicht die Strafe sofort zahlen, sondern Einspruch erheben?
Ja, die Möglichkeit sieht das Verwaltungsstrafrecht vor.
Bis 2. Mai sind die Friseure geschlossen. Wer macht eigentlich Ihren Haarschnitt?
Ich habe Eigenerfahrung durch den Militärdienst. Damals habe ich mir die Haare selbst geschnitten, aber meine Frau hat mir den letzten Schliff gegeben, sonst wäre ich sicherlich nicht kameratauglich (lacht).
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