Neue Gesichter des Grünen Erfolgs

APA12469642-2 - 25042013 - INNSBRUCK - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Der Grüne Kärntner Landesrat Rolf Holub und die Grüne Spitzenkandidatin Ingrid Filipe während der Wahlkampf-Abschlussveranstaltung der Tiroler Grünen anlässl. der Landtagswahl 2013, am Donnerstag, 25. April 2013, am Marktplatz in Innsbruck. APA-FOTO: THOMAS BÖHM/TIROLER TAGESZEITUNG
Wer sind die Politiker, die der Öko-Partei in den Ländern ungeahnte Höhenflüge bescheren?

Was die Grünen 2013 bislang erleben, das nennt man landläufig einen „Lauf“: Bei der Kärntner Landtagswahl verdoppelten sie sich auf mehr als zwölf Prozent – Landesrat inklusive; in Tirol kletterten sie auf 12,6 Prozent – und holten ein weiteres Mandat; und in Salzburg schafften sie beinahe eine Verdreifachung – und sprangen zum ersten Mal bei einer Bundes- oder Landtagswahl über die 20-Prozent-Marke.

Rolf Holub (Kärnten), Ingrid Felipe, Gebi Mair (Tirol) und Astrid Rössler (Salzburg) zeichnen für die regionalen Höhenflüge verantwortlich – und sind dank ihrer Erfolge nun auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Wie ticken sie, was treibt sie an? Der KURIER porträtiert die vier „neuen Grünen“.

Eine „Anti-Politikerin“ mit Rekord-Ergebnis

Neue Gesichter des Grünen Erfolgs
APA12181098 - 05042013 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Ausschussvorsitzende Astrid Rössler (G) am Freitag, 5. April 2013, beim Untersuchungsausschuss des Salzburger Landtags zur Klärung des Salzburger Finanzskandals. APA-FOTO: GINDL
Wer verstehen will, wie Astrid Rössler am vergangenen Sonntag das historisch beste Ergebnis der Grünen bei Bundes- bzw. Landeswahlen erreichen konnte(jeder Fünfte wählte bei der Salzburg-Wahl Grün), der muss wissen, was die Juristin alles nicht tut, nicht sagt, nicht will. „Sie ist nicht laut, nicht eitel, und sie hat keine Lust auf taktische Spielchen, die andere in der Politik zum Tagesgeschäft erklären. Auf ihre Art ist sie eine Anti-Politikerin“, sagt Cyriak Schwaighofer. Der Ex-Chef der Salzburger Grünen hat die Mediatorin in die Politik geholt. Zehn Jahre war die zweifache Mutter zuvor in der Landesumweltanwaltschaft. Als Umweltrechtsexpertin kämpfte sie gegen die Mülldeponie in Großarl und den Singvogel-Fang im Salzkammergut.„Sie kann mit Top-Juristen auf Augenhöhe verhandeln, weil sie genau und inhaltlich sattelfest ist“, sagt Ex-Kollegin Brigitte Peer. „Sie ist sich aber auch nicht zu gut dafür, ins Salzkammergut zu fahren, um mit zornigen Vogelfängern im Wirtshaus zu diskutieren, warum man tierquälerische Traditionen nach 400 Jahren aufgeben muss.“ Rössler ist seit jeher öko-orientiert, aber frei von Dogmen. In ihrem Garten wachsen Haselnüsse, Ribisel und Holler, dazwischen stehen Brutkästen für Insekten. „Sie ist grün mit Hausverstand“, sagt Schwaighofer. Das heißt? „Die Astrid sagt nicht: Autofahren ist böse und falsch. Sie sagt: Radfahren ist CO2-neutral – und gesünder ist es noch dazu.“

Eine Alleinerzieherin, die hart im Nehmen ist

Neue Gesichter des Grünen Erfolgs
Grüne, Tirol, Ingrid Felipe im Gespräch
Sie kann wunderbar einstecken, sie kann prächtig austeilen, und beides, so heißt es über Ingrid Felipe, ist dem Sport geschuldet. „Ich hab’ von 14 bis 30 Handball gespielt“, sagt die Landessprecherin der Tiroler Grünen. „Das war eine Lebensschule. Im Handball muss jeder beides beherrschen: Angriff und Verteidigung.“ Die Betriebswirtin war im Sportmanagement, ehe sie 2005 bei den Grünen anheuerte, dann führte sie ein Architekturbüro. In der Partei gilt Felipe als Nachwuchstalent. Sie hat feste Überzeugungen, aber keine Berührungsängste.

Im Dirndl zum Ball des ÖVP-Bauernbundes? Für die 34-Jährige ist das kein Problem – selbst wenn Hardliner in der Partei die Nase rümpfen. Und wenn es um die Sache geht, arbeitet Felipe auch mit der FPÖ zusammen. Was nicht bedeutet, sie habe ein entspanntes Verhältnis zur Fremdenfeindlichkeit. Im Gegenteil: Der Vater ihres Buben Tristan stammt aus der Dominikanischen Republik – klassischer „Migrationshintergrund“.

Als größte Stärke attestieren ihr Wiener Parteifreunde, dass sie zu jenen Grünen-Politikerinnen gehört, denen niemand den Alltag abnimmt. Felipe hat Tristan allein großgezogen, weder will sie, noch kann sie nur für die Politik leben: „Es erdet einfach, wenn man selber Rasen mäht, staubsaugt und sein Klo putzt. Und wenn man seinem 10-jährigen Sohn erklärt, was man als Politikerin so macht.“

Lustvoller Aufsteiger und Weltretter

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Grüne Tirol, Gebi Mair
Er ist ein Menschenmagnet, sagen sie in der Partei. Einer, der die Jugend bei seinen Lokaltouren anzieht „wie Motten das Licht“. Er, das ist der aus Fulpmes stammende Gebi Mair. Die Landtagswahl machte den 29-jährigen Sportfreak(Rugby, Bergsteigen, Mountainbiken etc.)zum grünen Lokalhelden – immerhin verdrängte er die ÖVP ausgerechnet in der Landeshauptstadt auf Platz 2. Trotz Schmähs und kernigen Aussehens war der Erfolg des Politologen nicht unbedingt absehbar, denn Mair polarisiert – insbesondere in den eigenen Reihen. Für seine offene Kritik an Parteichefin Eva Glawischnig wurde er intern angefeindet; der zweite Platz auf der Landesliste blieb ihm zuletzt verwehrt.
Neue Gesichter des Grünen Erfolgs
Gebi Mair; grüne Tirol
Die Polit-Karriere begann Mair als Tiroler Aufdecker. In der Manier eines jungen Peter Pilz rieb er sich vorzugsweise an konservativen Granden wie Herwig Van Staa. Wirklich erfolgreich wurde er erst, als er das Hobby zum Inhalt machte. „Geh’ mit Gebi“, hieß die Aktion, bei der er Bürger zum Mountainbiken oder in den Klettersteig einlud. Anreise, natürlich, im Öffi.Gegen ein umstrittenes Seilbahnprojekt auf den Piz Val Gronda protestierte er mit einer Bergtour – Übernachtung vor Ort inklusive. „Er ist lustbetont und zeigt eine neue Seite der Grünen“, sagt Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner. Welche? „Mairs Botschaft ist: Wir wollen die Welt besser machen. Aber das Retten der Welt darf Spaß machen.“

Ein Aufdecker, der gern den Hofnarren gibt

Neue Gesichter des Grünen Erfolgs
APA1903323-2 - 17022010 - KLAGENFURT - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Der kärntner Grünen-Chef Rolf Holub am Mittwoch, 17. Feruar 2010, im Rahmen der Aschermittwochveranstaltung der Grünen in Klagenfurt. APA-FOTO: GERT EGGENBERGER
Plötzlich war da ein Auto. Mitten im Kärntner Wahlkampf hielt neben Rolf Holub ein Pkw, ein Mann sprang heraus, herzte den Grünen, sagte„Danke, dass Sie das tun“ – und fuhr weiter. Die Geschichte mit der Umarmung wurde oft erzählt. Doch kaum eine Anekdote zeigt klarer die Sehnsucht nach neuen politischen Verhältnissen. Und so konnten die Grünen ausgerechnet im einstigen FPÖ-Kernland Kärnten mehr als doppelt so viele Stimmen und einen Landesrat holen. Die Wähler schienen auf Holub gewartet zu haben. Rolfs Karriere begann als Projekt der Selbstausbeutung“, sagt der Grüne Aufdecker Peter Pilz. Weil die FPÖ die Opposition finanziell ausgehungert habe, sei Holub auf eigene Kosten durchs Land getingelt, „um die Malversationen der Hypo zu recherchieren und mit Menschen zu reden“.
Neue Gesichter des Grünen Erfolgs
APA11694298-2 - 01032013 - KLAGENFURT - ÖSTERREICH: ZU APA 0385 II - Rolf Holub, Spitzenkandidat der Grünen, am Freitag, 1. März 2013, im Rahmen einer Wahlkampf-Abschlussveranstaltung der Kärntner Grünen, in Klagenfurt. APA-FOTO: GERT EGGENBERGER
Schon vor dem Eintritt in die Politik 2002 hat Holub viel erlebt: Er hat ein Medizin-Studium geschmissen, eine Comic-Serie erfunden („Mad Punko“),er war Tanzmusiker undMusik-Kabarettist. „Der Rolf schiebt tolle Wuchteln“, sagen Freunde. Das tat er auch in der Politik: In bösen Witz verpackt, sprach er unangenehme Wahrheiten an – der Trick der Hofnarren. Bis nach Istrien fuhr der 57-Jährige, um Spuren in der Causa Hypo nachzugehen. Ohne Holubs Anzeigen hätte es den Birnbacher-Prozess nie gegeben; die Justiz hatte den Fall eingestellt. Das war es, was er gemeint hat, der Mann, der aus dem Auto sprang.

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