Ibiza: Es war nicht nur dieser eine Abend

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Freiheitlicher Gudenus traf vermeintlichen Russen auch noch danach – und machte ganz konkrete Zugeständnisse.

Er habe die vermeintliche Oligarchin nur einmal in Ibiza getroffen, es sei eine „b’soffene G’schicht“ gewesen, danach sei nichts weiter passiert.

So hat, kurz gefasst, der gefallene Vizekanzler Heinz-Christian Strache jenes folgenreiche Treffen im Juli 2017 in Ibiza beschrieben, das ihn das Vizekanzleramt gekostet und Neuwahlen ausgelöst hat.

Wie der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung nun berichten, stimmt diese Darstellung so nicht ganz.

Laut Tonaufnahmen, die beiden Medien vorliegen, hat sich Gudenus auch nach dem Ibiza-Aufenthalt mit einem Mann getroffen, der als Vertrauter der vermeintlichen Russin auftrat.

Und diese Tonaufnahmen werden Österreichs Justiz besonders interessieren. Der Grund: Der Mann – ebenfalls ein Lockvogel – erklärte Gudenus, dass die angebliche Investorin mit dem Treffen in Ibiza nicht zufrieden war. Es fällt das Wort „angepisst“.

Was dann passiert, könnte für Gudenus zu einem größerem Problem werden. Denn der männliche Lockvogel fordert von Gudenus eine „Geste des guten Willens“, damit die vermeintliche Russin ihm und der FPÖ weiterhin gewogen bleibt. Man will sichergehen, dass „hinsichtlich dieser Strabag-Geschichte“ alles so bleibt wie auf Ibiza abgesprochen.

Dazu muss man wissen: Bei dem Treffen auf Ibiza haben Strache und Gudenus der vermeintlichen Russin in Aussicht gestellt, dass sie – einmal in Regierungsfunktionen – dem Baukonzern von Hans-Peter Haselsteiner, der Strabag, alle Aufträge entziehen und diese der Russin zuschanzen würden.

Der Lockvogel fordert von Gudenus aus diesem Grund, dass der Freiheitliche seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit untermauert – und zwar mit einer vergleichsweise kleinen Geste, nämlich mit dem Aussenden einer Pressemeldung, OTS genannt.

"wer/zah/lts/chaf/ft/an"

An dieser Stelle wird es interessant: Am 4. September schickt Gudenus von seiner offiziellen eMail-Adresse tatsächlich eine OTS an den Vertrauten der vermeintlichen Russin – und dann weiter zur allgemeinen Veröffentlichung. Die OTS-Meldung ist bis heute öffentlich abrufbar und trägt den Titel „Auch Haselsteiner soll seine Polit-Netzwerke offenlegen“. Der Inhalt tut nichts weiter zur Sache.

Spannend daran ist: Der zurückgetretene FPÖ-Klubobmann hat dem Wunsch der vermeintlichen Investorin entsprochen.

Das ist nicht nur insofern problematisch, als die Behauptung, es habe nach dem Treffen in Ibiza keinerlei Kontakte mehr gegeben, als falsch gelten muss.

Es könnte für Gudenus auch deshalb zum Problem werden, weil er in diesem Fall dem Lockvogel nicht nur versprochen hat, etwas zu tun, sondern tatsächlich etwas getan hat, was noch dazu die Partei und den Steuerzahler Geld kostet (Verschicken von OTS-Meldungen ist kostenpflichtig).

Tief blicken lässt zudem die Signatur der Meldung. Die Mitarbeiter der FPÖ-Presse zeichneten die OTS nämlich mit dem Kürzel "werzahltschafftan"

Ibiza: Es war nicht nur dieser eine Abend

Verfasst wurde die OTS vom Wiener FPÖ-Landesparteisekretär und Stadtrat Toni Mahdalik. Dieser betonte auf APA-Anfrage, dass diese Aussendung keineswegs eine Auftragsarbeit für Gudenus oder jemand anderen gewesen sei, es habe ihn niemand dazu aufgefordert. Wirklich erinnern könne er sich zwar nicht mehr, aber er dürfte sich damals als Landesparteisekretär der FPÖ, und damit als "Mann fürs Grobe", gegen Haselsteiner als NEOS-Financier gewandt haben.

Auch die Autorenkürzelzeile "wer/zah/lts/chaf/ft/an" in der Aussendung beziehe sich nicht auf russische Oligarchen, sondern auf Haselsteiner. Solche humorigen Botschaften habe er in Aussendungen immer wieder platziert.

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