Holocaust-Gedenkfeier: Regierung will Zeichen setzen

Die Direktorin des Jüdischen Museums Danielle Spera und Wolfgang Sobotka
Kanzler und Vizekanzler bei Holocaust-Gedenkfeier.

Hochrangige Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), die im Vorfeld absagen, weil sie keinen Veranstaltungen mit Freiheitlichen beiwohnen wollen. Ein blauer Spitzenpolitiker, in dessen Burschenschaft ein Liederbuch auftaucht, in dem Holocaust und Nationalsozialismus unumwunden verherrlicht werden. Und das alles binnen weniger Tage. Die Folge: Noch nie stand die traditionelle Holocaust-Gedenkfeier des Parlaments anlässlich der sich am 27. Jänner jährenden Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau derart im Fokus der Öffentlichkeit. Während die Veranstaltung in den vergangenen Jahren kaum Regierungsmitglieder angezogen hat, zeigte sich die türkis-blaue Koalition inmitten der Wirren des Liederbuch-Skandals um den niederösterreichischen FPÖ-Politiker Udo Landbauer omnipräsent: Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache kamen höchstpersönlich zur Gedenkfeier – mit Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, Generalsekretärin Marlene Svazek, Klubobmann Walter Rosenkranz, der Dritten Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller und mehreren Abgeordneten tummelten sich besonders viele Blaue im Palais Epstein. "Ich freue mich", sagte Nationalratspräsident und Gastgeber Wolfgang Sobotka nicht ganz ohne Verwunderung, "dass das offizielle Österreich heute so stark vertreten ist".

Späte Entscheidung

Und das wohl nicht ganz ohne Grund. Aus dem Umfeld der Veranstalter war zu hören, dass man am Mittwochabend lediglich mit Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) gerechnet hatte. Der Kanzler hat sich laut Angaben eines Mitarbeiters "Mitte der Woche" (also just nach Aufkommen des Landbauer-Skandals) entschlossen, die Feier zu besuchen. Straches Entscheidung soll überhaupt erst am Donnerstagnachmittag gefallen sein. Kurzum: Die Regierung wollte ein Zeichen setzen.

Sobotka, selbst Historiker, spielte in seiner Rede auf die aktuelle Causa an: "Wenn das Gedenken einen Sinn haben soll", so der Nationalratspräsident, "müssen wir gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus politisch wie strafrechtlich vorgehen". Nachsatz: Vor allem in der Politik habe so etwas schon gar nichts verloren.

In seiner Rede erinnerte Sobotka an die Mitschuld Österreichs an den Nazi-Verbrechen: Die Vernichtung habe "nicht irgendwo stattgefunden, sondern in unserer unmittelbaren Nachbarschaft". Als Höhepunkt der Gedenkfeier schilderten vier Holocaust-Überlebende – Victor Klein, Herbert Löwy, Fritz Rubin-Bittmann und Alfred Schreier – ihre Erinnerungen an die Zeit der Gräuel. "Ich gehöre zu einer der letzten Generationen", sagte der Kanzler danach, "die in ihrer Schulzeit noch mit Überlebenden sprechen konnten".

Der große Abwesende an diesem Abend war indes fraglos IKG-Chef Oskar Deutsch. Strache, mit ein Grund für dessen Fernbleiben, erklärte deshalb sein "tiefstes Bedauern". Das Fehlen Deutschs, schloss sich Sobotka an, "schmerzt" – und es zeige, "dass die Wunden noch immer tief sind". Dem IKG-Chef richtete Sobotka allerdings aus, "dass wir immer einen Platz für ihn freihalten werden".

Die Veranstaltung wurde am Schluss von einer kurzen Protestaktion begleitet. Die Protestaktion gegen den FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer am Rande der Gedenkveranstaltung wurde von den Grünen Bundesräten organisiert. Konkret hielten David Stögmüller und Ewa Dziedzic die Plakate in die Höhe.

Sie hielten - in Anspielung auf die Causa des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer und das NS-Liederbuch aus dessen Burschenschaft "Germania" - Plakate hoch. "Wenn sie jetzt ganz unverhohlen wieder Nazi-Lieder johlen - Sage Nein!", war dort zu lesen.

Holocaust-Gedenkfeier: Regierung will Zeichen setzen

Die Aktivisten hissten die Plakate mit der Song-Zeile des Liedermachers Konstantin Wecker nach Ende der Veranstaltung. Kritisiert wurde damit die Mitgliedschaft Landbauers in der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt, bei der jüngst ein 1997 neu aufgelegtes Liederbuch für Empörung und auch behördliche Ermittlungen sorgte.

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