Hofburg-Wahl: Pläne eines Wiedergewählten

Hofburg-Wahl: Pläne eines Wiedergewählten
Bereits bevor das endgültige Ergebnis der Wahl zum Bundespräsidenten feststand, zimmerte der Amtsinhaber an seiner Agenda für die nächsten Jahre. Ein zentrales Thema: der Klimaschutz.

Am Tag nach der Wahl wurden bis in die Abendstunden Kuverts geöffnet. 3.340.609 Stimmen konnten noch am Sonntag ausgewertet und für die Wahl hochgerechnet werden; doch die rund 850.000 Briefwahl-Stimmen wurden von den  Behörden erst am Montag ausgezählt –   das dauerte bis kurz nach 20.00 Uhr.

Am Gesamtergebnis können die Stimmen nichts Wesentliches ändern. Alexander Van der Bellens Anteil stieg ein wenig, der Abstand zwischen dem Dritt- und Viertplatzierten schmolz – aber viel mehr war da nicht mehr.

Und das bedeutet: Sollte die Wahl nicht angefochten werden, steht der zweiten Amtsperiode von Alexander Van der Bellen nichts im Weg (siehe rechts).

Antreten darf der alte neue Präsident zum zweiten Turnus erst im Jänner. Den Gratulationen tat dies aber keinen Abbruch. Kollegen aus aller Herren Länder – vom Nachbarn Schweiz bis nach Georgien – beglückwünschten den Wiedergewählten.

Auffallend freundlich fiel das Schreiben von Italiens Präsident Sergio Mattarella aus. Er entbot seinem „lieben Freund“ in der „glücklichen Erinnerung an unsere jüngste Begegnung“ die allerherzlichsten Glückwünsche – inklusive einem Gruß für Van der Bellens „liebenswürdige Frau und das österreichische Volk“.

Überraschend herzlich gab sich auch Tschechiens Präsident Miloš Zeman. Der Mann, der vor sechs Jahren Norbert Hofer unterstützt hatte, schwärmte ob der „unermesslichen Ehre“, die ihm zuteil wird, weil er, Zeman, den Großteil seiner Amtszeit mit einem Mann wie Van der Bellen dienen durfte.

So viel zum Blick zurück, zum Wahlsonntag.

Was die Zukunft angeht, musste der Amtsinhaber die nächstliegende Frage mehrmals am Wahlabend beantworten, nämlich: Wie legt er sie an, die kommenden Jahre? Es ist kein Geheimnis, dass Van der Bellen die Thematik tendenziell nervt – vor allem dann, wenn sie mit dem Unterton formuliert wird, ob er die nächsten sechs Jahre etwas „mutiger“ oder „aktiver“ angehen wird.

Dass den früheren Grünen-Chef diese Frage enerviert, hat mehrere Gründe.

Einer davon: Wer von ihm mehr Mut fordert, sagt damit im Umkehrschluss, dass Van der Bellen sechs Jahre lang feig war. Und das will sich der Amtsinhaber angesichts der mannigfaltigen Krisen in Regierung (Ibiza, Kanzler-Abwahl und -wechsel etc.) und Gesellschaft (Covid, Teuerung, Klimawandel) nicht vorhalten lassen.

Hinzu kommt, dass der Bundespräsident bisweilen den Eindruck hat, die Außenwelt würde die Komplexität seiner Aufgabe etwas unterschätzen.

Die Innensicht in der Hofburg ist – vereinfacht gesagt – folgende: Auf Twitter finden sich jeden Tag mehr als ein Dutzend politischer Themen, von denen Kommentatoren und Experten überzeugt sind, dass sich der Bundespräsident dazu äußern muss. Demgegenüber hat die Hofburg das Problem, dass ihr Fehler selten bis gar nie verziehen werden. Soll heißen: Selbst bei nie da gewesenen Ereignissen wie Hausdurchsuchungen im Kanzleramt muss das Staatsoberhaupt so Stellung nehmen, dass die Reden gut altern. Die Aussagen müssen auch 14 Tage oder 14 Wochen später stimmen – insbesondere dann, wenn man moralisch ernst genommen werden will. Bei klar einzuordnenden Ereignissen wie dem Ukraine-Überfall habe man schnell reagiert, sagt ein Berater. Korruptionsvorwürfe gegen Einzelne seien demgegenüber schwieriger – was, wenn sich die Unschuld beweisen lässt?

Akzente

KURIER Talk Analyse Bundespräsidentwahl 2022

Welche Akzente Van der Bellen ab Jänner setzt, darüber macht er sich gerade mit seinem Team Gedanken. Was wirtschaftspolitische Fragen angeht, berät ihn unter anderem der frühere Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber ehrenamtlich. Weitere politische Berater-Stäbe sind eine Überlegung.

Vor allem aber will Alexander Van der Bellen in den nächsten Monaten sein Herzensthema forcieren: den Klimaschutz. Der habe, so bemängelt das Staatsoberhaupt in kleiner Runde, wegen all der anderen Krisen stark an Aufmerksamkeit eingebüßt. Und das, sagt Van der Bellen, könne so nicht bleiben.

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