Wahl-Hotline im Hochbetrieb

766.000 Österreicher wählten im Mai nicht im Wahllokal, sondern per Brief.
Vorm vierten Anlauf zur Präsidentenwahl ist die Unsicherheit bei Briefwählern größer denn je.

"Meine Frau ist ja eine ganz geschickte", sagt KURIER-Leser Manfred M. seufzend. Als der Postbote diese Woche ihre Wahlkarte brachte, habe sie das Stanley-Messer gezückt – und aus Versehen nicht nur den äußeren Umschlag, sondern auch das Wahlkarten-Kuvert aufgeschlitzt. Die Karte ist hin, und sie zu reparieren, war dem Ehepaar M. zu heikel. "Wer weiß, vielleicht ist sie dann ja ungültig. Wir gehen lieber kein Risiko ein."

Wahl-Hotline im Hochbetrieb
Wahlkarten Hoppala
Ein anderer Wähler hätte sein Kuvert aus der Not heraus fast zerstört: Er hat es zugeklebt, ohne vorher den ausgefüllten Stimmzettel hineinzustecken.

Spitzentag: 377 Anrufe

Hilferufe wie diese landen bei einer Hotline der Wahlbehörde ( 0800 20 22 20), die biseinen Tag vor der Hofburg-Stichwahl am 4. Dezember wochentags von 7.30 bis 17 Uhr mit zwei bis sechs Beamten besetzt ist.

Seit der Einrichtung der Hotline sind 3211 Anrufe eingegangen. An einem Spitzentag waren es 377, derzeit sind es rund 60 am Tag – "Tendenz steigend", sagt Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck. Am häufigsten haben die Anrufer Fragen zur Bestellung und zum Ausfüllen der Wahlkarte, es gebe aber auch schwierigere Fälle: "Das Callcenter ist die erste Anlaufstelle, auf zweiter Ebene stehen noch unsere Juristen aus der Wahlabteilung zur Verfügung."

"Spezialfragen" haben jüngst Medienberichte ausgelöst, wonach es offenbar möglich ist, mit einer falschen Passnummer Wahlkarten zu beantragen. Oder dass man auf der Internetseite wahlkartenantrag.at Adressdaten von beliebigen Bürgern herausfinden kann. Das Datenleck ist bereits behoben, verantwortlich war ein privater Onlinedienstleister.

Grund zur Anfechtung?

Auch, dass am neuen Wahlkuvert Name, Anschrift und Geburtsdatum offen draufstehen, stößt einigen Lesern, die sich dieser Tage in der KURIER-Redaktion meldeten, sauer auf. Beim alten Kuvert gab es eine Lasche, mit der man die händisch eingetragenen Daten verdecken konnte. Ratschlag der Wahl-Hotline: Man kann das beschriftete Wahlkarte-Kuvert in ein Blankokuvert stecken. Die Stimme bleibt gültig, die volle Diskretion kostet lediglich 68 Cent Porto.

Die Briefwahl gibt es seit 2007. Wie nervös viele Wähler nach der Wahlaufhebung geworden sind, zeigt auch die Anfrage einer anderen KURIER-Leserin. Sie sorgt sich, dass die Zeile am Stimmzettel, in der steht "Vorname und Familienname des Wahlwerbers", missverstanden werden könnte. "Ich habe kurz gedacht, ich muss da den Namen meines Favoriten extra hinschreiben, oder den eines Kandidaten, der mir besser gefällt. So geht es vielleicht auch anderen. Dann haben wir wieder einen Grund für eine Wahlanfechtung!" Zur Erklärung: Die Zeile ist nur eine Überschrift, ein Kreuzerl im entsprechenden Kreis reicht.

Die gute Nachricht: Dem Wiener Ehepaar M. mit der irrtümlich zerstörten Wahlkuvert wurde am Bezirksamt geholfen – auch eine Anlaufstelle für ratlose Briefwähler.

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