FPÖ-Wahlkampffinale: „Her-bert!“ ist das neue „Ha-Ce!“

Nach dem Abgang von Heinz-Christian Strache ist Herbert Kickl der Star der blauen Kernwähler.
Blaue Misere: Das Wahlkampffinale der Freiheitlichen war schlecht besucht. Der neue Star der FPÖ heißt Herbert Kickl.

Wenn die Besucherdichte bei der Abschlusskundgebung ein Indikator für die Wahl ist, dann droht der FPÖ am Sonntag ein blaues Wunder. Standen in früheren Jahren beim Wahlkampffinale am Viktor-Adler-Markt die freiheitlichen Anhänger dicht gedrängt, war an diesem Freitag der Platz in Wien-Favoriten gerade einmal zu einem Drittel gefüllt.

Die Blauen, die trotz der Ibiza-Affäre gekommen sind, folgten der Losung, die Herbert Kickl ausgegeben hat: „Jetzt erst recht!“ Der abgesetzte Innenminister ist der neue Star im freiheitlichen Lager. Wo bis vor Kurzem „Ha-Ce! Ha-Ce!“ skandiert wurde, heißt es jetzt „Her-bert! Her-bert!“

„War halt betrunken“

Was den langjährigen Parteichef Heinz-Christian Strache und dessen unrühmliche Rolle in der Ibiza-Affäre angeht, schwanken die blauen Anhänger zwischen „war halt betrunken, da macht man Blödsinn“ (sagt FPÖ-Wählerin Michaela) und wilden Verschwörungstheorien: „Das war alles geplant und gesteuert. Wir wurden den anderen Parteien zu mächtig“, sagt Friedrich (37). Selbst EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky ortet „linke Netzwerke“ hinter dem „politischen Meuchelangriff“.

Einig sind sich die Besucher am Viktor-Adler-Markt darin, dass ohnehin alle Parteien Dreck am Stecken hätten.

Kurz spaltet

Uneinig – und da unterscheiden sich freiheitliche Basis und Führung nicht – sind sie bezüglich dem Misstrauensantrag gegen Kanzler Kurz am Montag im Nationalrat. Hier schwankt auch das blaue Fußvolk. Manche finden Kurz „richtig gut“. Die meisten stehen zwischen „fürs Land wär’s besser, wenn Kurz bleibt“, wie die 21-jährige Melanie, und „Kurz muss weg, aber 100 Prozent“, wie der Enddreißiger Philip meint. Bemerkbar machten sich freilich nur letztere mit gelegentlichen „Kurz-muss-weg!“-Rufen.

Einig ist man sich hier aber, dass Kurz’ Forderung nach dem Rücktritt Kickls ein absolutes No-Go war. Der ist bei den FPÖ-Anhängern unumstritten – und weit mehr umjubelt an diesem Nachmittag als etwa EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky und der designierte Parteichef Norbert Hofer.

Dieser wirkte mit seiner unaufgeregten Art geradezu brav verglichen mit Kickl. Der war als Einpeitscher im Wahlkampffinale ganz in seinem Element und prangerte das „schwarze Machtkartell“ in der FPÖ-losen Bundesregierung an.

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