Als Heinz-Christian Strache 2020 mit einer eigenen Liste bei der Wien-Wahl antrat, hatte er einen gigantischen Rucksack um: Mehrere Strafverfahren wurden seit Platzen der Ibiza-Affäre eingeleitet, am schwersten wog die sogenannte „Spesen-Affäre“.
Dass der frühere FPÖ-Chef und Vizekanzler zwischen 2006 und 2019 seinen Lifestyle über die Parteikassa – mit Steuergeld – finanziert haben soll, das nahmen ihm sogar eingefleischte Fans übel. Mit 3,3 Prozent verfehlte das „Team HC“ die Fünfprozenthürde für den Landtag.
Im April will Strache wieder bei der Wien-Wahl antreten – unter (wie es derzeit aussieht) deutlich günstigeren Voraussetzungen. In zwei Strafverfahren wurde er rechtskräftig freigesprochen, viele weitere Anzeigen und Verfahren gingen ins Leere (siehe Kasten unten).
In der Spesen-Causa wird er zwar noch als Beschuldigter geführt, der Fokus hat sich aber auf sein früheres Umfeld verschoben. Drei Männer mussten bisher vor Gericht eingestehen, dass sie den Ex-FPÖ-Chef zu Unrecht belastet bzw. mitgewirkt zu haben.
Im Kern geht es um die Behauptung, Strache habe seine Mitarbeiter angewiesen, Rechnungen „umzuwandeln“, wenn die Buchhaltung nicht bereit war, seine Privatausgaben zu übernehmen. Und zwar, indem sie Rechnungen aus Restaurants in derselben Höhe besorgten. Solche Besuche gingen als „Arbeitstermine“ durch.
Zwei Sicherheitsmänner bekamen wegen Falschaussage eine Diversion; ein Wirt wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er einen weiteren Sicherheitsmann, gegen den noch ermittelt wird, mit Scheinbelegen versorgt hat.
Am Freitag steht Straches Ex-Bürochefin Karin S. in Wien vor Gericht: Sie soll versucht haben, den früheren FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein zur Falschaussage anzustiften – wieder in Bezug auf Restaurantbelege. Jenewein hat das Gespräch heimlich aufgezeichnet.
Tickets untergejubelt
Karin S. ist eine Schlüsselfigur: Die Scheinbelege sollen über ihren Tisch gegangen sein – und dabei soll sie auch persönlich profitiert haben. Das hebt Straches Verteidigerin in einer „ergänzenden Stellungnahme“ an die Staatsanwaltschaft hervor.
Belegt worden sei demnach, dass die Bürochefin 2013 Einrichtung und Kleidung für ihr Baby gekauft und über das Spesendarlehen Straches abgerechnet habe. Auf den Rechnungen habe sie dann handschriftlich auf Strache und dessen Kinder hingewiesen.
Auch Tickets für Veranstaltungen soll Karin S. dem FPÖ-Chef untergejubelt haben – u. a. zwei Tickets für „Afrika! Afrika!“ um 210 Euro und sieben für „Apassionata“ um 1.435 Euro.
Strache habe diese Veranstaltungen nicht besucht, heißt es in der Stellungnahme – das zeige sein Kalender, den Bürochefin Karin S. nach eigenen Angaben akribisch geführt habe. Dass Karin S. die Tickets für sich genutzt haben könnte, darauf deutet in Bezug auf ein Popkonzert folgender Chat hin: S. fragt Straches Tochter, ob sie zwei der vier Karten haben wolle. Sie selbst würde mit der Tochter ihres Lebensgefährten hingehen.
Als Straches Tochter nachfragt, was die Tickets kosten, antwortet S.: „Nix“ – inklusive zwei Konfettibomben-Emojis. Abgerechnet wurden die Karten für rund 250 Euro über die FPÖ-Bundesgeschäftsstelle.
Karin S. war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
„System Strache“
Auch die Bundes- und die Wiener FPÖ halten sich seit Jahren bedeckt. Wohl, weil das „System Strache“ lange Zeit die gewünschten Wahlerfolge brachte.
Geschildert wird dieses von einem Insider so: Strache sei ein „Polit-Popstar“ gewesen – „alles, was er tat, war politisch veranlasst“. Wenn er sich in einer Disco die Nächte um die Ohren schlug und flaschenweise Wodka sponserte, gewann er ein paar Jungwähler dazu. Wenn er und seine Frau bei Events schick gekleidet Hof hielten, gehörte das zur Markenpflege. „Das ist für den Heinz“, habe lange Zeit als Rechtfertigung für alle möglichen Kosten ausgereicht.
Als der heutige FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp Finanzreferent wurde, sei genauer hingeschaut und nicht mehr „jedes Tschickpackl“ bezahlt worden, heißt es weiter. Strache habe nie Geld bei sich gehabt, deshalb seien seine Privatausgaben über ein Spesendarlehen gelaufen, das er stets beglichen haben will – während Mitarbeiter ihm, so die Verdachtslage, eigene Kosten untergejubelt hätten.
Ein recht offensichtliches Beispiel dafür seien die horrenden Rechnungen für Champagner. Strache trank bekanntlich Wodka-Bull.
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