Showdown für Kasernen und Militärmusik

Die Piloten und Techniker in Aigen im Ennstal müssen nicht nur um ihre veralteten Hubschrauber fürchten, sondern auch um den Standort
Beim Heer geht es an die Substanz. Diesmal werden auch Kasernen geschlossen.

Zähneknirschend legte Generalstabschef Othmar Commenda Verteidigungsminister Gerald Klug ein Reformpapier auf den Schreibtisch. Nachdem das Verteidigungsbudget zehn Jahre lang sukzessiv verringert und Personal abgebaut wurde, musste der oberste Militär nun weitere Einsparvorschläge bringen – der Finanzminister will weitere 80 Millionen aus dem aktuellen Doppelbudget abziehen; zusätzlich.

Kleinkasernen

Die von Minister Klug für kommende Woche erwartete Veröffentlichung verzögert sich. Nicht nur bei den Soldaten, sondern auch bei Landeshauptleuten und Bürgermeistern liegen die Nerven blank, obwohl bis jetzt nur wenige Details durchgesickert sind. Als sicher gilt, dass Kleinkasernen geschlossen werden. Darunter jene, die Kommunalpolitiker bei der letzten Reform noch verteidigen konnten. Ein Beispiel: die Radetzky-Kaserne in Horn. Um die gab es bereits im Jahr 2011 eine Auseinandersetzung. Jetzt gilt sie auf der Schließungsliste als Fixstarter.

Im Visier ist auch wieder einmal der Fliegerhorst in Aigen im Ennstal. Dort sind 16 Hubschrauber vom Typ "Alouette" III stationiert, die aber aus Altersgründen ausgeschieden werden.

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves konnte Aigen schon einmal verteidigen. Jetzt bekommt er auch heeresinterne Unterstützung. Im Raum steht, dass die Wirtschaft in absehbarer Zeit auf den Fliegerhorst Langenlebarn zur Entlastung des Flughafens Wien zugreife. Dann, so meinen Militärs, sei man froh, wenn das Heer Aigen noch habe.

Die letzten Kampfpanzer sollen in Wels und die Artilleriegeschütze M-109 in Allentsteig konzentriert werden. Dadurch verlieren die Panzersoldaten in Zwölfaxing ihre Panzer und die Artilleristen in Feldbach und Mistelbach ihre Kanonen.

Sparen bei der Musik

Der Sparzwang trifft erstmals auch die Militärkapellen. Zwei Varianten sind im Gespräch: Verringerung auf vier oder auf sechs. Das bringt zwar keine großen Einsparungen, hat aber große emotionale Auswirkungen.

Nicht im Commenda-Papier sollen Personalmaßnahmen enthalten sein. Nachdem aber dort das meiste Geld zu holen wäre, fürchten Gewerkschafter tiefe Einschnitte nach den Personalvertretungswahlen. Im Gespräch sind der Wegfall der 41sten Wochenstunde und die Truppenverwendungszulage. Aber auch jetzt wird schon gespart, wie ein aktueller Fall im Heeresspital zeigt: Dort hatte ein Unteroffizier drei Untergebene, die für die Aufnahme der Patienten, die Medikamentenausgabe und die Arztdokumentationen zuständig waren. Die Mitarbeiter sind weg, der Unteroffizier muss die Arbeiten alleine erledigen. Dafür bekommt er jetzt monatlich um 500 Euro weniger. Die Begründung: Er habe keine Untergebenen mehr – daher falle die Leitungszulage weg.

Diese und ähnliche Maßnahmen im Heer lassen die Stimmung auf einen Tiefpunkt sinken und führen zu einem ungewohnt rüden Klima zwischen Heeres-Gewerkschaft und dem Minister. So warf Bundesheergewerkschafter Peter Schrottwieser dem Minister in einem offenen Brief vor, er schüre eine "noch nie dagewesene soziale Kälte" .

Gibt es einen "Masterplan" zur Abschaffung des Bundesheeres? Hat SP-Verteidigungsminister Gerald Klug fahrlässig auf Geld verzichtet? Oder wurde das Budget gezielt vom vormaligen VP-Finanzminister Michael Spindelegger ausgeplündert? Um diese Fragen dreht sich derzeit der Personalvertretungswahlkampf im Heer.

Schlechte Karten haben sowohl rote als auch schwarze Gewerkschafter. Bei der ÖVP hat das sogar zu einem offenen Bruch geführt. In einer Aussendung hatte der VP-Gewerkschafter Wilhelm Waldner den Verteidigungsminister in Schutz genommen und das VP-regierte Finanzministerium für die Misere verantwortlich gemacht. Das führte zum Bruch mit der Bundespartei. Jetzt wollen die VP-Gewerkschafter erstmals nicht mehr als ÖAAB-Liste bei der Wahl antreten, sondern als Fraktion christlicher Gewerkschafter.

Strategische Reserve

Auch der SP-Gewerkschafter Hans Georg Wallner aus Salzburg sieht die ÖVP als Hauptverursacher: "Haarsträubende Statements gegen das Heer und seine Mitarbeiter, wie sie von Spindelegger, Mitterlehner oder Veit Sorger kamen, waren wir bisher nur von eingefleischten Bundesheergegnern gewohnt." Aber auch Wallner zieht die eigene Partei, insbesondere Kanzler Werner Faymann, in die Verantwortung: "Wenn die strategische Reserve der Republik auf dem Altar des Populismus geopfert wird, müssten beim Regierungschef (Faymann) die Alarmglocken schrillen." Wallner fordert alle Verantwortlichen auf, das Bundesheer wieder mobil zu machen: "Durch Fahrzeuge und Sprit."

Vernichtung

FP-Spitzenkandidat Manfred Haidinger: "Beide Parteien betreiben die Vernichtung des Bundesheeres in seiner jetzigen Form." Er fürchtet: "In zwei Jahren kommt das Berufsheer." Was natürlich angesichts der Volksbefragung zur Wehrpflicht eine Wählerverhöhnung bedeute.

In der SPÖ regt sich auch der Unmut wegen der Festlegung des Parteitages auf den 28. November. Denn das ist nur einen Tag nach den Personalvertretungswahlen. Und diese, so die Befürchtung, würden sich nicht nur bei der ÖVP, sondern auch im eigenen Lager gewaltig auf die Stimmung schlagen.

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