Der ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer. über japanischen Fleiß und österreichische Teilzeit-Mentalität – und die Zahlungsbereitschaft des ORF beim Song Contest.
Mit rund 150 Vertretern aus Wirtschaft, Industrie und Forschung waren Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) diese Woche in Japan auf Wirtschaftsmission.
Erster Stopp war die Hauptstadt Tokio und ein Vernetzungstreffen Wirtschaftstreibender, zweiter dann Osaka mit der dort stattfindenden Expo, wo sich Österreich mit 157 Ländern und sieben internationalen Organisation präsentiert. Hattmannsdorfer betonte hier und dort die Gemeinsamkeiten zwischen Österreich und Japan – und die Beziehungen noch weiter auszubauen.
EXPO: Hattmannsdorfer, Doris Schmidauer, Alexander Van der Bellen, Mischa Rendi
Mit dem KURIER sprach Hattmannsdorfer in Osaka über die Chancen in der Ferne (Export), die Probleme daheim (Budgetloch) und die Aussichten für den Standort Österreich (Songcontest).
KURIER: Donald Trump hat Strafzölle in Höhe von 50 Prozent gegen die EU angekündigt – wie soll man darauf reagieren?
Wolfgang Hattmannsdorfer: Trump bleibt unberechenbar, das hat sich nun einmal mehr bestätigt. Umso entscheidender ist es deshalb, dass die EU mit einer Stimme spricht und eine Lösung am Verhandlungstisch findet. Sollte Trump Ernst machen, muss die EU handelspolitische Gegenmaßnahmen treffen und diese insbesondere auf Tech- und digitale Dienstleistungskonzerne ausweiten. Die EU darf nicht in Schönheit sterben.
Wir stehen in Österreich vor einem Budgetloch, die Wirtschaft schrumpft. Können uns Partnerschaften wie jene mit Japan da rausreißen?
Österreich verdient zwei von drei Euro im Export, und die Geschichte zeigt: Wir haben bisher jede wirtschaftliche Krise über den Außenhandel überwunden. Deshalb setzen wir hier einen Schwerpunkt. Denn klar ist: Ohne Außenhandel kein Wohlstand, kein Sozialstaat.
Anlass unseres Besuches ist natürlich die Weltausstellung, die sich gut eignet, um neue Partnerschaften zu bilden und alte zu stärken. Aber es gibt auch viele Parallelen zu Österreich. Japan hat ebenfalls eine Industrie, die sehr innovationsorientiert ist, sehr auf Automatisierung setzt. Japan ist unser viertwichtigster Handelspartner außerhalb von Europa. Ich sehe ein zusätzliches Potenzial von 1,5 Milliarden Euro, insbesondere im pharmazeutischen Bereich, im Maschinen- und Fahrzeugbau und in der Umwelttechnologie. Japan rühmt sich mit dem Ziel, die sauberste Industrie der Welt werden zu wollen. Das ist eine irrsinnige Chance für unsere Unternehmen.
Sie haben vor Ort mehrmals den Fleiß der Japaner gelobt – der in der Realität bedeutet, dass eine hohe Anzahl an Überstunden und kaum Urlaub Usus sind, dass Menschen im Stehen in der U-Bahn einschlafen, die Suizidrate hoch ist .
Es geht mir um das Mindset, dass Fleiß, Erfindergeist und Internationalität die Grundlage sind für wirtschaftlichen Erfolg. Wenn wir uns in Österreich im Teilzeit-Modus befinden, werden wir unseren Wohlstand nicht halten können. Deshalb brauchen wir wieder Anreize und ein klares Commitment, dass Leistung gesellschaftlich erwünscht ist und honoriert wird. Das tun wir in der Regierung, indem wir die Bildungskarenz abgeschafft haben, die in Wahrheit ein staatlich gefördertes Auszeitmodell war, durch eine steuerfreie Mitarbeiterprämie, und eine Leistungs-Flattax für das Arbeiten im Alter, die nächstes Jahr kommt.
In Richtung welcher Länder soll sich Österreich noch orientieren?
Wir brauchen in der Europäischen Union eine Grundsatzdiskussion, wie wir den Binnenmarkt der Zukunft gestalten wollen. Der endet nicht zwingend mit den Kontinentalgrenzen. Wir müssen uns Partner suchen, die ähnlich strukturiert sind, ähnliche Produktstandards haben. Ich denke da an Kanada im Bereich Maschinenbau, an Israel in der Pharmaindustrie.
In Bezug auf das Sparpaket wird gewarnt, Österreich nicht „krankzureden“. Wie empfinden Sie die Stimmung unter Wirtschaftstreibenden?
Ich nehme die Sorgen über die wirtschaftliche Entwicklung sehr ernst – sie betrifft ja jede Familie, jeden Haushalt. Aufgabe der Politik muss es sein, mit Zuversicht an die Dinge heranzugehen. Ich glaube, Österreich würde ein Turbo im Selbstbewusstsein gut tun. Wir können stolz sein auf unsere Wirtschaft, unsere Industrie, wir sind in so vielen Branchen weltmarktführend.
Für das Sparpaket hat sich Ihre Partei, die ÖVP, sogar mit den Familien (Stichwort Nicht-Valorisierung der Beihilfe) und den Pensionisten (Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge) angelegt. Welche Kritik hat Sie am härtesten getroffen?
Persönlich getroffen hat mich gar keine, das ist Teil des politischen Diskurs. Ich glaube, es ist ein sehr ausgewogenes Paket. Und bei einem Volumen von heuer 6,4 und 8,7 Milliarden Euro im nächsten Jahr wird es nur so gehen, dass es alle spüren.
Dass Familien einen realen Wertverlust bei der Familienbeihilfe haben, muss die Familienpartei ÖVP doch schmerzen ...
Ich bin stolz darauf, dass wir in Österreich trotz Sparpakets die Familienleistungen in vollem Umfang erhalten bleiben. Dass sie nicht valorisiert werden, war bis vor zwei Jahren immer wieder der Fall.
Kaum spüren werden das Sparpaket die Millionäre – eine Vermögens- beziehungsweise Erbschaftssteuer lehnt die ÖVP weiterhin ab.
Ich halte nichts von diesen klassenkämpferischen Parolen. Wir haben den erhöhten Spitzensteuersatz von 55 Prozent verlängert, das ist ein wesentlicher Beitrag.
Nein. Man sagt zwar, man meint nur die Millionäre, meint aber den Mittelstand. Denn die Millionäre allein werden das Budget nicht konsolidieren können. Ich stelle mich schützend vor jene, die jeden Tag aufstehen und hackeln. Das sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft und haben unsere Unterstützung verdient und nicht, dass sie zu den Melkkühen der Nation werden.
Die SPÖ sagt ganz klar, dass es eben nicht die Hackler treffen soll, sondern erst ein Vermögen oder Erbe ab einer Million.
Ich habe Ihnen meine Antwort gegeben. Ich halte nichts von dieser unreflektierten, populistischen Diskussion. Wir sollten lieber darüber reden, wie wir Leistungsträger entlasten und mit der Steuer- und Abgabenquote herunterkommen.
Reden wir über den Song Contest. Österreich hat heuer gewonnen und muss die Veranstaltung 2026 ausrichten. Können wir uns diesen Sieg leisten?
Ich halte es für gescheit, dass wir uns da engagieren. Es ist eine tolle Bühne in Europa und darüber hinaus – ähnlich wie die Weltausstellung. Ich glaube, dafür wird das Geld im ORF da sein.
Im ORF?
Die Details wird man bei der Projektplanung noch ausdiskutieren. Klar ist, wenn wir die Chance bekommen, diese große Bühne zu bespielen, dann gibt es eine hohe Umwegrentabilität, dadurch profitiert der Standort Österreich, insbesondere der Tourismus.
Ich glaube, dass es ein Standortmarketing ist. Österreich steht für die Kombination aus Tradition und stark verwurzelten Werten und Innovation, mit einem klaren Fokus in Richtung Zukunft. Das Lied von JJ, das heuer gewonnen hat, spielt da sehr gut hinein – Klassik, aber sehr modern interpretiert. Das hat offenbar einen Nerv getroffen.
Die Freude über den Sieg währte nur kurz, JJ sorgte mit einem Israel-Sager für Aufregung. Hat er sich als Werbe-Testimonial für den Song Contest in Österreich disqualifiziert?
Die Aussagen von JJ sind zutiefst befremdlich, zumal der Songcontest ein Fest des Miteinanders und der Freude ist. Unabhängig von völkerrechtlichen Fragen ist Israel strategischer Partner für den Wirtschaftsstandort. Gerade in Zeiten von zunehmendem Antisemitismus alle gefordert, sensibel mit dem Thema umzugehen.
Diese Reise fand auf Einladung des Wirtschaftsministeriums statt. Der KURIER beteiligte sich an den Reisekosten.
Kommentare