„Scheinpolitik“
Schüler wie Kritiker halten Wiederkehrs Ansage für überflüssig. Geschätzte 80 Prozent der Schulen haben bereits ein Handyverbot. „Auch bisher lag es in der Verantwortung der Schulen, sich für die Handynutzung Vorgaben zu überlegen“, kritisiert Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer. Nun seien die Schulleitungen nicht für Verbote, sondern für die Ausnahmen zuständig – „das riecht ein bisschen nach Scheinpolitik“.
Ist das so? Ist ein Handyverbot an Schulen sinnlos?
Roland Mader ist ärztlicher Leiter von Österreichs größter Suchtklinik, dem Kalksburger Anton-Proksch-Institut. Über Smartphones und was sie bei Kindern bewirken hat er einen Ratgeber verfasst – entsprechend klar ist seine Haltung zum Thema.
„Ich sehe das ziemlich strikt und befürworte ein Handyverbot ausdrücklich“, sagt Mader zum KURIER.
Gerade auf Pflichtschulkinder, deren Gehirn noch im Wachstum sei, würden Handys eine verführerische Wirkung ausüben.
„Selbstkontrolle und das Stopp-Sagen funktionieren bei Volksschülern noch nicht so gut.“ Es sei mittlerweile durch Studien bewiesen, dass Handyverbote an Schulen ausnehmend positive Effekte zeitigen. „Die Leistungsfähigkeit steigt deutlich. Vor allem bei schlechteren Schülern sind die positiven Effekte messbar.“
Das hängt an Faktoren wie der Konzentrationsfähigkeit, die durch intensiven Smartphone-Gebrauch deutlich sinkt. Aber nicht nur die schulischen Leistungen sind für Mader wesentlich. „Ebenso bedeutend ist, dass sich das soziale Lernen in Schulen mit Handyverboten deutlich verbessert.“
Cybermobbing
Anstatt allein ständig am Handy zu „hängen“, würden sich Jugendliche in den Unterrichtspausen wieder miteinander beschäftigen und austauschen. „Cybermobbing und andere Phänomene nehmen ab, weil die Schüler wieder lernen, ihre Konflikte direkt miteinander zu lösen“, sagt Mader. „Das hilft dabei, später besser durchs Leben zu kommen.“
Mit dem Handyverbot an Schulen ist Österreich grundsätzlich eher spät dran: In Europa haben Länder wie Italien, Frankreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden Smartphones aus den Schulgebäuden verbannt.
Selbst in Kalifornien, der Heimat des Silicon Valley, ist der Gebrauch von Smartphones vielfach untersagt. So hat die US-Metropole Los Angeles ein Handyverbot für alle Schulen der Stadt beschlossen. Argumentiert wird dies von Schulratsmitgliedern genauso wie in Europa: Noten und Wohlbefinden der Kinder würden sich deutlich verbessern, weil die Schüler weniger gestresst sind.
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