Häupl plant SPÖ-Umbau schon im Jänner
Mit starken Ansagen zu der geplanten Reform in der Wiener SPÖ meldet sich Bürgermeister Michael Häupl aus seinem kurzen Weihnachtsurlaub zurück.
KURIER: Wie viele Neujahrswünsche erhält man als Stadtchef?
Michael Häupl: Tausende. Ich lese sie und freue mich über 99 Prozent der Briefe. Bei einem Prozent weiß man, dass es lupenreine Heuchelei ist.
Im neuen Jahr stehen dringende Entscheidungen an, wie die Neuordnung der Mindestsicherung.
Ja. Die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner sind sehr weit gediehen.
Der drohende weitere Zuzug von Mindestsicherungsbeziehern nach Wien hat dazu geführt, über eine Wartezeit für Zuzügler nachzudenken. Wird dieser Plan B noch verfolgt?
Man muss darauf hinweisen, dass Plan A die Beibehaltung einer österreichweiten Lösung war. Es ist ein bedauerlicher sozialpolitischer Rückschritt, dass es keine einheitliche Lösung gibt. Wir machen keinen Unterschied zwischen Asylberechtigten und österreichischen Staatsbürgern, weil wir das für verfassungswidrig halten. Die Wartezeit ist vom Tisch, weil der Koalitionspartner das nicht will und es auch in der Wiener SPÖ Bedenken dagegen gibt.
Was kommt dann?
Jetzt diskutieren wir, wie wir teilweise Geld- in Sachleistungen umwandeln. Das ist eine alte Forderung der SPÖ.
Wie soll das konkret aussehen?
Dass etwa die Wohn- und Energiekosten von der Stadt übernommen werden, diese aber von der Geldleistung abgezogen werden.
Die Grünen blockierten nicht nur bei der Mindestsicherung. Hat die Koalition einen Riss?
Nein. Es spießt sich nur bei kleinen Details.
Wer ist bei den Grünen Ansprechpartner: Vassilakou, Ellensohn, Margulies oder Chorherr?
Selbstverständlich ist für mich die Vizebürgermeisterin meine Ansprechpartnerin.
Zuletzt hat die Wiener SPÖ ihre internen Debatten öffentlich ausgetragen. Im Dezember standen Stadträtin Wehsely, aber auch Sie im Fokus. Jetzt gibt es Kritik an den Kritikern. Hält die Partei das aus?
Wir haben das vor dem Jahreswechsel geklärt, dann war mit den Personaldiskussionen in der Öffentlichkeit Schluss. Gegen inhaltliche Diskussionen in der Öffentlichkeit habe ich nichts. Wohl aber gegen öffentliche Personaldiskussionen.
Die läuft gerade in Simmering, wo mehrere Funktionäre einer Sektion zurückgetreten sind.
Persönlich finde ich, dass man Meinungsverschiedenheiten im Wohnzimmer der Partei und nicht am Balkon austrägt. Ein Rücktritt löst nichts. Ich bedauere das zutiefst. Mir ist um jeden leid, der aus der aktiven Arbeit in der SPÖ ausscheidet.
Sie haben gesagt, dass Sie beim Parteitag noch einmal antreten. Dahinter sei personell alles offen. Kommt die Regierungsumbildung oder ist sie vom Tisch?
Ja, die kommt. Das will ich aber im Wohnzimmer der Partei diskutieren.
Wollen Sie eine Entscheidungen jetzt beim Parteivorstand im Jänner oder erst bis zum Parteitag im April?
Natürlich werden wir in der Vorstandstagung darüber reden. Am Parteitag wäre das eindeutig zu spät. Wenn es neue Stadträte gibt, sollen sich diese inhaltlich bereits bei der Klubtagung im März präsentieren können.
Wie fest sitzt Sonja Wehsely wirklich im Sattel?
Das kommentiere ich nicht.
Es wurden aber mehrere Kandidaten für ein neues SPÖ-Team ins Spiel gebracht. Peter Hacker und Jürgen Czernohorszky, sehen Sie beide als politische Zukunftshoffnung?
Auch das kommentiere ich nicht.
Sie planen nicht nur in der Stadtregierung einen Umbau?
Ja; das alles muss spätestens bis zum Landesparteitag im April erledigt sein.
Zu den Wien-Themen: 2017 zeichnet sich ein ungebremster Zuzug ab. Ist Ihnen diese Entwicklung so recht, oder muss man als Stadtpolitik auf die Bremse steigen?
Rund 40.000 Wiener kommen dazu, zwei Drittel davon aus Österreich oder der EU, ein Drittel aus Drittstaaten. Das ist natürlich eine enorme Herausforderung. Diese Entwicklung können wir gar nicht einbremsen. Und wir werden mit Sicherheit keine Zäune nach Niederösterreich errichten.
Tausende Asylberechtigte drängen jetzt auf den angespannten Wohnungsmarkt.
Ja, das zählt zu den großen Herausforderungen. Aber bei 1,2 Millionen Haushalten in Wien werden wir das auch schaffen.
Wie schafft man in diesem Umfeld genug Arbeitsplätze?
Das ist die sehr viel schwierigere Frage. Ich weiß nicht, ob das auf Dauer so funktioniert, dass wir 260.000 Jobs in Wien haben, die von Pendlern besetzt sind. Dazu kommen 100.000 Nicht-Österreicher, die in Wien arbeiten.
Denken Sie hier an einen Eingriff, Wiener bei der Jobvergabe zu bevorzugen?
Nein, wir setzen keine fragwürdigen Handlungen. Man muss nur sagen, dass Wien einiges an Arbeitsmarktproblemen anderer Bundesländer löst. Dafür möchte ich nicht noch geschimpft werden. Woran ich denke, ist bei Vergaben, Firmen und Jobs in Wien zu halten.
Wie denken Sie über den von der Opposition geforderten Sicherheitsstadtrat?
Wofür der gut sein soll, weiß ich nicht. Kriminalitätsbekämpfung ist Bundesangelegenheit. Bei uns könnte ein Sicherheitsstadtrat die Waste Watcher befehligen.
Trotzdem ist die Sicherheit ein großes Thema für die Wiener. Die Polizeispitze sprach im KURIER-Interview davon, dass die Integration von Tschetschenen misslungen ist, bei den Afghanen bahnt sich das nächste Problem an. Ist das nicht auch ein Thema für das Rathaus?
Natürlich ist es das. Wir sind in guter Zusammenarbeit mit der Polizei.
Sie sind dafür, kriminelle Asylwerber rasch abzuschieben – wie gut läuft das aus Ihrer Sicht?
Es funktioniert jetzt besser als in der Vergangenheit, aber noch nicht gut genug. Leute die keinen positiven Asylbescheid bekommen, aber vor allem Kriminelle, die verurteilt wurden, müssen ausnahmslos und möglichst rasch abgeschoben werden.
Bei einer Befragung von Funktionären wurden Wohnen, Arbeit, Gesundheit und Integration als zentrale Themen genannt. Wird es dazu bis zum Parteivorstand Strategien geben?
Ich weiß noch nicht, ob wir alle vier Themen hier durchbringen. Aber es wird mehr als nur eine Bilanz geben. Wir müssen auch diskutieren, wie wir der politischen Offensive der FPÖ im Gemeindebau begegnen.
Abseits des Wohn-Themas?
Wir müssen uns mit der Entwicklung des Arbeitsmarktes beschäftigen. Da geht es nicht nur um die Quantität, sondern auch um die Qualität. Natürlich gibt es so viele Arbeitsplätze wie noch nie in Wien. Aber viele sind finanziell nicht ausreichend. Das merken wir bei der Mindestsicherung.
Der Nachfolger von Häupl ist Häupl, sagten Sie immer. Was ist Ihr Spin am Parteitag für die Genossen?
Wir müssen den Menschen deutlicher machen, dass nur wir für leistbares Wohnen stehen und gegen die Zwei-Klassen-Medizin kämpfen. Wir können aber auch nicht alles versprechen. Für Menschen, die nur einen Pflichtschulabschluss haben, können wir keine Jobs herbeizaubern.
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