Häupl: "Geht nicht um Beruhigungspillen"
KURIER: Heute, Sonntag, wird das Match um die Wehrpflicht entschieden. Mit welchem Ausgang rechnen Sie?
Michael Häupl: Mein Gefühl sagt, dass die Befragung in Wien für das Berufsheer und für das freiwillige Sozialjahr ausgeht. Schau’ ma mal. Klar ist: Ich wünsche mir ein Votum für ein Berufsheer.
Im März findet in Wien schon die nächste Befragung rund um Parkpickerl, Olympia und Co. statt (zur Abstimmung auf KURIER.at). Ist das die Beruhigungspille für die Wiener nach dem Gebührenplus im Vorjahr? Es geht bei dieser Befragung um vieles, aber sicher nicht um Beruhigungspillen. Die Gebührenerhöhung hat der Stadt ein Einnahmenplus von 70 Millionen Euro gebracht. Der Gratiskindergarten und das billigere Öffiticket kosten ein Vielfaches. Und Wassergebühren nach 19 Jahren erstmalig zu erhöhen, ist nicht vermessen.
Die Spiele in London kosteten zwölf Milliarden Euro – ein Wiener Jahresbudget. Wer zahlt, sollte Wien den Zuschlag für die Spiele 2028 erhalten? Wie in London würden auch wir die Spiele mit einer Mischfinanzierung auf die Beine stellen. Wien würde wie alle anderen nach Partnern suchen. Aber nur zur Erinnerung: Wir haben 2008 auch die Fußballeuropameisterschaft veranstaltet – das ist das drittgrößte Sportereignis der Welt. So verwegen wäre die Kandidatur also nicht.
Die Wiener entscheiden im März auch darüber, ob das Rathaus Pickerlerweiterungen künftig ohne die Bezirke umsetzen kann. Wären Sie dafür? Ich werde weiter dafür plädieren, die Bezirke miteinzubeziehen – auch wenn die Prozesse dadurch langwieriger werden. Niemand kennt Bedürfnisse vor Ort besser als die Bezirksvorsteher.
Seit einem Monat halten 40 Asylwerber die Votivkirche besetzt. Die Situation ist verfahren. Haben Sie eine Idee, wie eine Lösung aussehen könnte? Ganz grundsätzlich galt in Wien immer: Jenen, denen geholfen werden muss, wird geholfen. Deshalb verstehe ich nicht, warum die Flüchtlinge in der Votivkirche demonstrieren und nicht in der Herrengasse (Sitz des Innenministeriums, Anm.). Wien kommt seinen Pflichten seit jeher nach. Wir übererfüllen die Quoten und sorgen für ordentliche Quartiere. Die Kritik muss sich an den Bund und die Innenministerin richten.
Wie denken Sie über die Forderungen der Asylwerber? Einzelne Forderungen teile ich. Asylverfahren müssten rascher durchgeführt werden. Und Menschen, die legal in Österreich sind, sollten auch arbeiten dürfen. Ich sehe hierzu keine Alternative. Aber das sage ich nicht erst seit der Besetzung. Ich betone auch, dass ich nicht alle Forderungen teile: Bleiberecht ist ein individuelles und kein kollektives Recht. Und wenn seitens der Flüchtlinge ein echtes Interesse an einer Lösung besteht, sollten sie den Hungerstreik beenden und angebotene Wiener Quartiere aufsuchen. Wenn alle gewillt sind, eine Lösung zu finden, wird man auch eine Lösung finden.
Was muss passieren, dass Politik und Flüchtlinge ihr Gesicht wahren können? Die Politik wird einzelne Forderungen auf- und ernst nehmen müssen. Das Wiener Modell, bei dem etwa die Grundversorgung auch nach einem negativen Asylbescheid und bei Umständen, die eine Abschiebung unmöglich machen, aufrecht bleibt, könnte als Vorbild dienen. Auf der anderen Seite ist aber auch klar: Ein kollektives Bleiberecht wird es sicher nicht geben.
Anderes Thema: Die Wiener Polizei überlegt die nächtliche Schließung von 20 Posten. Gleichzeitig steigt die Kriminalität in der Stadt leicht. Wie passt das zusammen? Gar nicht. Die Stadt wächst: In Floridsdorf und der Donaustadt wohnen heute mehr Menschen als in Graz. Darauf muss die Politik, aber auch die Exekutive reagieren. Gemeinsam mit der Polizei und der Innenministerin sind wir deshalb dabei, ein neues polizeiliches Sicherheitskonzept für Wien zu erarbeiten.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat schon 2011 zugesagt, dass Wien bis 2015 ca. 1000 zusätzliche Polizisten bekommt. Erfüllt sie die Abmachung? Ich habe berechtigte Sorge, dass der Pakt nicht eingehalten werden könnte. Wir sind gerade dabei, dies zu evaluieren. Klar ist: Wien beharrt auf der Einhaltung des unterzeichneten Sicherheitspakts.
Der Ton in der rot-grünen Koalition wurde zuletzt etwas rauer. Hängt der Haussegen schief? Die Zusammenarbeit funktioniert nach wie vor sehr gut, der Honeymoon ist aber nach zweieinhalb Jahren vorbei. Das ist aber in Ordnung. Konflikte sind normal. Wenig hilfreich ist aber, dass einzelne grüne Mandatare wie Herr Lobo (Kultursprecher, Anm.) offenbar noch nicht in der Regierung angekommen sind. Aber auch das wird hoffentlich noch werden.
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