Grüne: Natürlich machen wir Druck auf den Kanzler
Vizekanzler Werner Kogler wagte sich angesichts der Situation an der griechisch-türkischen Grenze und den griechischen Flüchtlingslagern als erster aus der Deckung: Wenn es schon nicht gelinge, den Flüchtlingen menschenwürdige Bedingungen zu bieten, so "sind wird dafür, Frauen und Kinder herauszuholen."
Flugs kam die Absage des in Migrationsfragen sensiblen Koalitionspartners. "Wir haben nicht vereinbart, dass wir Frauen oder Kinder zusätzlich nach Österreich holen", betonte Karl Nehammer. War ja so auch nicht im Regierungsprogramm ausgemacht, erklärte der Innenminister.
Zwischenzeitlich forderten eine ganze Reihe politischer Vertreter wie Personen diverser NGOs, Menschlichkeit zu beweisen und doch zumindest Kinder und unbegleitete Jugendliche aus ihrer Lage zu befreien. Einige SPÖ-Bürgermeister erklärten sich bereit, sie in ihren Gemeinden aufzunehmen.
Die türkise Reaktion: Österreich werde keine Frauen und Kinder aufnehmen. In der ORF-Pressestunde vom Sonntag argumentierte Kanzler Sebastian Kurz: "Wer Frauen und Kinder aufnimmt, nimmt genauso die Väter und die Männer auf." Viel wichtiger sei der ÖVP "Hilfe vor Ort". Und: "Falls es zu einem Grenzsturm kommt", sei Österreich vorbereitet, seine Grenze zu schützen.
"Die Koalition wird halten"
Sorgen um die türkis-grüne Koalition macht sich der Kanzler nach eigenen Angaben trotz Meinungsverschiedenheiten in der Flüchtlingsfrage nicht. Das sehen auch die türkise Integrationsministerin Susanne Raab und die Grüne Klubobfrau Sigi Maurer so. Bei der ORF-Sendung Im Zentrum am Sonntagabend betonten beide, die Koalition werde nicht an den Meinungsverschiedenheiten in der Flüchtlingsfrage zerbrechen: "Die Koalition wird halten."
Inhaltich sind die Im Zentrum geäußerten Positionen schnell zusammenzufassen: "Wenn sich die Zustände dort nicht bald bessern, haben wir eine Verantwortung, die Kinder dort aus dem Schlamm zu holen", appellierte Maurer.
Raab lehnte die Aufnahme solcher "besonders vulnerablen Gruppen" allerdings ab, "weil Österreich das Land war, das in Europa (in der Flüchtlingskrise 2015, Anm.) noch vor Deutschland am zweitmeisten gefordert war".
"Gutes Gespräch mit ÖVP"
Auch die stellvertretende Klubchefin der Grünen Ewa Ernst-Dziedzic sieht die Koaliton im Ö1-Morgenjournal von Montag "noch lange nicht in Gefahr.“ "Wir sind im guten Gespräch mit der ÖVP.“
Dennoch unterstrich Ernst-Dziedzic, dass die Grünen angetreten seien, "nicht nur um saubere Umwelt und Politik zu machen", sondern "auch als Menschenrechtspartei mit Ansprüchen in der Migrationsfrage." Mit der ÖVP habe man sich auf Humanität und Ordnung geeinigt – "und genau das fordern wir jetzt ein."
Entsprechend würden die Grünen "natürlich auch Druck auf den Kanzler" machen. "Wir müssen beim Koalititonspartner Überzeugungsarbeit leisten."
Ernst-Dziedzic war vor Tagen auf Lokalaugenschein im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos. "Es fehlt an Wasser, es fehlt an Nahrung. Die Leute wissen nicht, was mit ihnen passiert. Es herrscht totale Frustration und Perspektivenlosigkeit. Und all das auf europäischem Boden."
Griechenland brauche dringend Unterstützung – da verwies die Grüne auf die von der Regierung beschlossenen Hilfsgelder. Jedoch: "Wir müssen schauen, dass diese Gelder nicht nur in den Außengrenzschutz investiert werden, der zweifelsohne wichtig ist, sondern dass es hier auch humanitäre Unterstützung gibt."
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