Großer Streit um kleines Plus

Großer Streit um kleines Plus
Lokalaugenschein im Parlament. Herr Abgeordneter, womit haben Sie sich eine Gehaltserhöhung verdient?

Nicht alle, die dieser Tage ins Wirtshaus gehen, freuen sich über einen Besuch am Stammtisch. „Servas Bürgermeister, hock’ dir her da und zahl a Runde! Ihr verdient’s‘ eh so viel“, schalt es Hannes Fazekas entgegen. Seit zehn Jahren ist der SPÖ-Mann Bürgermeister im niederösterreichischen Schwechat, seit 2006 auch als Abgeordneter im Parlament. Und als solcher aktuell im Fokus der Öffentlichkeit. Geht es doch um die Frage, ob Politikergehälter trotz klammer Staatskassen erhöht werden sollen. Rot und Schwarz haben gestern den Antrag eingebracht, die Gagen 2013 um 1,8 Prozent aufzubessern.

Montag bis Sonntag

„Der Kritik muss man sich selbstbewusst stellen“, findet Fazekas. „Diese Arbeit muss uns etwas wert sein.“ Bürgermeister seien längst Manager für alles, der Arbeitsaufwand sei extrem hoch – „von Montag bis Sonntag, von morgens bis abends“.

„Die Bürger wissen,was das für eine harte Arbeit ist.“ Rudolf Plessl, SPÖ Untersiebenbrunn

Sein Parteikollege Rudolf Plessl, Bürgermeister in Untersiebenbrunn (NÖ), pflichtet ihm bei. Allerdings würden die Bürger nur seine Arbeit als Bürgermeister schätzen, nicht aber seine Tätigkeit im Nationalrat. „Die Leistung hier ist nur schwer zu vermitteln.“ Ihm sei bewusst, dass das Image der Politiker durch die „vielen Korruptionsskandale und durch jene Politiker, die in die eigene Tasche wirtschaften“, im Keller sei. Dennoch sei die Forderung, die Gehälter nicht anzuheben, obwohl sie seit vier Jahren nicht erhöht worden sind, „ein rein populistischer Vorschlag“.

„Wir sind nicht Ortskaiser, sondern Manager für alles.“ Johann Rädler, ÖVP Bad Erlach

„Gute Manager sollen auch gut entlohnt werden“, meint auch Johann Rädler, ÖVP-Bürgermeister aus Bad Erlach im Süden von Wien – und ebenfalls im Nationalrat tätig. „Vielleicht waren die Bürgermeister früher Ortskaiser, heute sind wir längst Gemeinde-Manager. So einen Job kann man ohnehin nur 15 Jahre machen, dann ist man völlig ausgebrannt.“ Das Nein der freiheitlichen Opposition schade der Politik generell, glaubt Rädler. „Wenn wir diese Jobs nicht mehr anständig bezahlen, befürchte ich eine negative Auslese in den kommenden Jahren. Wer soll dann noch bereit sein, für so wenig Geld so einen schwierigen Job zu machen?“

Nulllohnrunde wäre Zeichen, dass unsere Arbeit nichts wert ist.“ Johann Singer, ÖVP Schiedlberg

Rädlers oberösterreichischer Kollege Johann Singer stimmt auch für das Gagenplus. „Dass unsere Gehälter seit 2009 nicht erhöht wurden, hat ja auch keiner in der Bevölkerung gemerkt.“ Wobei die Lohnsteigerung im Rahmen bleiben müsse. „Die Gehälter dürfen nie abgehoben sein.“

„Wir werden gut bezahlt. Mehr Geld ist eben nicht vorhanden.“ Maximilian Linder, FPK Afritz am See

FPÖ-Mann Max Linder kann diesen Argumenten nichts abgewinnen. „Ich werde gegen eine Erhöhung stimmen“, sagt der blaue Abgeordnete und Bürgermeister aus dem kärntnerischen Afritz am See. Natürlich sei die politische Arbeit etwas wert, „absolut. Aber wir werden doch eh’ gut bezahlt. Und mehr Geld ist derzeit eben nicht vorhanden.“ Vorstellbar ist für ihn lediglich, die ohnehin geringen Gehälter von Bürgermeistern kleiner Gemeinden zu erhöhen. „Ein Gehaltsplus für alle Politiker hätte eine fatale Optik.“

„Nur vom Gehalt als Bürgermeister könnte ich nicht leben.“ Otto Pendl, SPÖ Trumau

Otto Pendl kann ob solcher Aussagen nur den Kopf schütteln. „So finden wir bald niemanden mehr, der unseren Job machen will“, sagt der SPÖ-Abgeordnete, der auch Bürgermeister der kleinen Gemeinde Trumau in Niederösterreich ist. Die Bürger wüssten ja nicht, dass es keine Politikerpensionen mehr gebe, und keine soziale Absicherung. „Würd‘ ich nur mein Bürgermeistergehalt nach Hause bringen, tät’ mich meine Frau sofort raushauen“, scherzt Pendl. Die geplante Erhöhung sei ohnehin geringer als die Inflation, also ein Realverlust. „Und wollen wir wirklich nur mehr reiche Leut‘, die es sich leisten können, den Job zu machen?“

Dass sich die Politiker ihre Gagen erhöhen, Gemeindebedienstete aber 2013 in vielen Bundesländern leer ausgehen sollen, führt zu Empörung. Die Nulllohnrunde wurde für den Bund vereinbart. Die Vereinbarung wird in manchen Ländern und Gemeinden nachvollzogen. Vor allem in den Gemeinden wächst der Unmut. Wien etwa hat die Nulllohnrunde ebenso beschlossen wie das Burgenland. In Wien werden dagegen nun Unterschriften gesammelt.

Gemeindebediensteten-Gewerkschaftschef Christian Meidlinger von der Fraktion der Sozialdemokraten will offenbar verhandeln. „Wir arbeiten an einer Lösung.“

Kurt Obermülner von den Wiener Christgewerkschaftern hält das Einfrieren der Gehälter für „inakzeptabel“. Die Notwendigkeit zu sparen, sei anfangs akzeptiert worden. Aber: „Vor dem Hintergrund der Gehaltserhöhung für Politiker und den Aussagen, dass die Steuereinnahmen sprudeln, ist das nicht mehr zu verstehen.“
 

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