168 Tage hat der Prozess unter Vorsitz von Richterin Marion Hohenecker gedauert, und er endete im Dezember 2020 mit einem – nicht rechtskräftigen – Schuldspruch für einen einstigen Sonnyboy der Innenpolitik: den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Die Causa wird die Justiz auch heuer beschäftigen, weil Grasser gegen das Urteil beruft.
Wie sieht die Bevölkerung die Causa? Grasser stellt sich ja gern als Justizopfer dar und konnte in früheren Jahren auf viel Sympathie aus dem Publikum bauen.
Das hat sich offenkundig gründlich geändert, wie eine Umfrage von OGM im Auftrag des KURIER erbringt.
Nur 13 Prozent der Befragten finden, das Urteil von acht Jahren Haft sei „zu streng“.
Eine absolute Mehrheit von 52 Prozent findet das Strafausmaß „gerade richtig“.
Und immerhin jedem fünften Befragten – 22 Prozent – ist es sogar „zu milde“ ausgefallen.
Nur zwei Prozent der Befragten plädieren für Freispruch.
Interessant ist auch, was die Parteianhänger sagen. Grasser begann bei der FPÖ, war dann aber vier Jahre Finanzminister auf dem ÖVP-Ticket unter Kanzler Wolfgang Schüssel.
Anhänger der ÖVP finden zu 61 Prozent, das Urteil sei „gerade richtig“. Das ist ein höherer Wert als im Gesamtschnitt der Bevölkerung. Allerdings finden nur neun Prozent der ÖVP-Wähler, es sei zu milde (Gesamtbevölkerung: 22 Prozent).
Bei der ÖVP hat Grasser auch noch einige Sympathisanten, 23 Prozent der ÖVP-Wähler finden die acht Jahre zu streng.
Bei der FPÖ finden das 31 Prozent. Zehn Prozent der Blau-Wähler meinen, er hätte überhaupt freigesprochen werden müssen.
Weitere 31 Prozent der FPÖ-Anhänger finden das Urteil genau richtig, aber immerhin 13 Prozent sagen, es sei "zu milde".
SPÖ-Anhänger hätten Grasser zu 35 Prozent gern noch strenger bestraft, 57 Prozent finden das Urteil gerecht. Nur ein Prozent der Sozialdemokraten sagen "zu streng" oder "Freispruch".
Erstaunlich milde hingegen äußern sich Grün-Wähler. 44 Prozent finden das Urteil richtig, zehn Prozent zu streng und 23 Prozent zu mild. Der Rest ist unentschlossen. Für Freispruch ist nur ein Prozent.
Bei den Neos halten 80 Prozent das Urteil für richtig, 14 Prozent für zu streng. Andere Meinungen gibt's bei den Pink-Wählern so gut wie nicht.
Das ist das Urteil
Das erstinstanzliche nicht rechtskräftige Urteil im Grasser-Prozess umfasst acht Schuld- und sechs Freisprüche. Zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde der Hauptangeklagte Karl-Heinz Grasser wegen der Verbrechen der Untreue und der Geschenkannahme durch Beamte sowie des Vergehens der Beweismittelfälschung.
Der Schuldspruch zur Untreue des Ex-Finanzministers wurde aufgrund „verdeckter Provisionsabsprachen“ von 9,6 Millionen Euro beim Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog und andere) sowie von 200.000 Euro bei der Einmietung der Linzer Finanzdienststellen in den Terminal Tower in Linz ausgesprochen. Diese Absprachen stellten laut Senat Untreue zum Nachteil der Republik Österreich dar. Da durch diese Provisionsvereinbarungen bei der Republik jeweils ein Schaden in dieser Höhe herbeigeführt wurde, sprach der Senat der Republik den Ersatz von rund 9,8 Millionen Euro zu.
Wegen des Verbrechens der Geschenkannahme als Beamter wurde Grasser schuldig gesprochen, weil er sowohl bei der Vergabe der Bundeswohnbaugesellschaften als auch der Einmietung in den Terminal Tower Linz für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäftes einen Vorteil forderte.
Grasser hätte als Beamter eine mögliche Höchststrafe vom 1,5-fachen des üblichen Strafrahmens, also bis zu 15 Jahre bekommen können. Von der Anwendung dieser Verschärfungsmöglichkeit sah der Schöffensenat ab.
Der Zweitangeklagte Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger erhielt sieben Jahre Haft, nicht rechtskräftig. Er wurde als Beitragstäter zu Grassers Delikten verurteilt und zusätzlich selber wegen Beweismittelfälschung. daniela kittner
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