Männerbastionen fallen in Frauenhände

Männerbastionen fallen in Frauenhände
Die Männerbündelei in Oberösterreich wirkt doch etwas peinlich. Erstmals wurden nun im Hauptverband und in der Universitätenkonferenz Frauen zur Chefin gekürt. Als Nächstes könnte der Verfassungsgerichtshof folgen.

Zur Peinlichkeit des Jahres 2015 geriet die Bildung der oberösterreichischen Landesregierung. Sie lieferte Anschauungsunterricht pur, wie es in der Realpolitik zugeht: Werden die Posten knapp, fliegen als Erste die Frauen raus.

Doris Hummer, Landesrätin für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Frauen und Jugend, musste nach der Wahlniederlage der ÖVP aus der Landesregierung weichen, während die männlichen Wahlverlierer samt und sonders ihre Jobs behielten. Das Ergebnis ist eine reine Männer-Regierung.

Dass die dahinsiechende Landes-SPÖ talentierte Politikerinnen wie Sonja Ablinger und Fiona Kaiser aus der Partei vergrault, rundet das Retro-Bild ab.

Tröstlicherweise könnte Tante Jolesch wieder einmal recht behalten, es gibt kein Unglück, das nicht auch ein Glück ist. Die Vorgänge in Oberösterreich riefen eine positive Schockwirkung hervor. In der Folge wurden einige Spitzenpositionen, die bisher Männern vorbehalten waren, ansatzlos mit Frauen besetzt.

Eine zentrale Rolle spielt dabei Christoph Leitl. Der Wirtschaftskammerpräsident förderte immer schon Frauen – so hat er mit Anna-Maria Hochhauser die erste Generalsekretärin der WKÖ bestellt.

Leitl reagierte auch in Oberösterreich prompt. Für Hummer legt er seinen Posten als Obmann des Wirtschaftsbunds zurück und designiert die Unternehmerin somit als künftige Präsidentin der Wirtschaftskammer des Landes.

Die männliche Konkurrenz könnte sich allerdings noch rächen. Laut Insidern habe Hummer ein schlechtes Wahlergebnis zu befürchten, denn auch einige Männer spitzen auf die Präsidentenwürden in der Landeskammer – und sind jetzt entsprechend sauer.

Es ist noch einmal Leitl, der eine bisherige Männerbastion einer Frau überantwortet.

Nach dem Wechsel von Hans Jörg Schelling in die Bundesregierung leitet neuerdings die Unternehmerin Ulrike Rabmer-Koller die Geschicke des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger.

Auch mit dieser Bestellung hält ihr Leitl die Leiter für eine noch bedeutendere Karriere-Stufe: Rabmer-Koller könnte die erste Präsidentin der Bundes-Wirtschaftskammer werden.

Die Salzburger Landeskammer wurde bereits von einer Frau – Helga Rabl-Stadler – geleitet.

Indem er eine Frau zu seiner Nachfolgerin aufbaut, würde sich Leitl einen starken Abgang bescheren. Rabmer-Koller kommt aus einem Bau- und Umwelttechnik-Unternehmen. "Sie ist extrem fleißig, kann delegieren und hat eine rasche Auffassungsgabe", streut ihr ein Kämmerer Rosen.

Allerdings rittern um die Leitl-Nachfolge auch zwei Männer: die Landeskammer-Präsidenten der Steiermark, Josef Herk, und Wiens Walter Ruck.

Ein bisschen werden sich die potenziellen Nachfolger noch gedulden müssen. Leitl will sich erst ab 2018 schrittweise zurück ziehen, zuerst aus dem Wirtschaftsbund, dann aus der Kammer.

Mit dem Verfassungsgerichtshof könnte demnächst eine weitere, prestigeträchtige Männerbastion in Frauenhand fallen. Der amtierende Präsident des Höchstgerichts, Gerhart Holzinger, nähert sich dem Ende seiner Funktionsperiode. Holzinger wird im neuen Jahr 69 Jahre alt, mit Vollendung des 70. Lebensjahres müssen Verfassungsgerichtshofpräsidenten demissionieren.

Als aussichtsreiche Kandidatin für die Holzinger-Nachfolge wird Maria Berger gehandelt. Sie war von Jänner 2007 bis Dezember 2008 Justizministerin, zuvor EU-Abgeordnete der SPÖ. Im Frühjahr 2009 wurde sie von Regierung und Nationalrat in den Europäischen Gerichtshof entsandt. Der EuGh hat sie 2012 für weitere sechs Jahre bis 2018 verlängert.

Berger ist 1956 geboren, wird 2018 62 und könnte acht Jahre Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs sein.

Den Präsidenten des Verfassungsgerichtshof ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung. Parteiangestellte, Parteifunktionäre und Mandatare bzw. Regierungsmitglieder können dem Höchstgericht nicht angehören. Die vorgeschriebene fünfjährige Cool-off-Phase beim Wechsel von einem politischen Amt an die Spitze des Höchstgerichts würde Berger jedenfalls vorweisen können.

Berger wird auch in ÖVP-Kreisen geschätzt. Die gebürtige Oberösterreicherin gilt als sachorientierte Juristin mit kritischer Distanz zu den SPÖ-Machthabern.

Erstmals in ihrer 105-jährigen Geschichte wurde heuer die Hauptrolle in der Universitätenkonferenz mit einer Frau besetzt. Sonja Hammerschmid, Rektorin der veterinärmedizinischen Universität Wien, wurde zur Vorsitzenden der Uniko gewählt. Die Wiener Wissenschaft ist insgesamt feminin, Sabine Seidler leitet die Technische Universität, Edeltraud Hanappi-Egger ist Chefin der Wirtschaftsuniversität.

Möglicherweise bekommt 2016 sogar die Landeshauptleutekonferenz wieder ein weibliches Mitglied: Johanna Mikl-Leitner könnte die erste Frau an der Spitze Niederösterreichs werden, falls Erwin Pröll in Richtung Hofburg entschwindet. Seit dem Abgang von Waltraud Klasnic und Gabi Burgstaller sieht die Landeshauptleutekonferenz nämlich aus wie die oberösterreichische Landesregierung: ziemlich retro.

Männerbastionen fallen in Frauenhände
Interview mit der ehemaligen SPÖ-Politikerin und derzeitigen Richterin am Europäischen Gerichtshof, Maria Berger, am 21.08.2015 in Wien.

Maria Berger: Die 1956 geborene Oberösterreicherin ist derzeit Richterin am Europäischen Gerichtshof. Sie gilt als heißer Tipp für die Nachfolge von Gerhart Holzinger an der Spitze des Verfassungsgerichtshofs.

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Sonja Hammerschmid: Erstmals in ihrer 105-jährigen Geschichte hat die Universitätenkonferenz mit Sonja Hammerschmid eine Frau zur Präsidentin gewählt. Drei Wiener Universitäten haben Frauen als Chefinnen (Vetmed, TU, WU).

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Ulrike Rabmer-Koller wechselt als Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich nach Wien, WKÖ

Ulrike Rabmer-Koller: Die Unternehmerin ist die erste Frau an der Spitze des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger und hat gute Chancen, die erste Präsidentin der Bundes-Wirtschaftskammer zu werden.

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